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B. Die polnische Volkstumsfront und der Einsatz der polnischen Presse gegen die deutsche Volksgruppe in Posen und Westpreußen     (Forts.)

II. Der Einsatz der polnischen Presse gegen die deutsche Volksgruppe seit 1918

a) Einführung

Der umfangreiche erste Teil der vorliegenden Untersuchung erwies sich als notwendig, um die Kräfte und Inspiratoren aufzuzeigen, aus deren Kreis der niemals zufriedenzustellende, unaufhörlich Mißtrauen und Feindschaft suchende Geist der polnischen Presse gespeist wird; denn der mit Einheitlichkeit vorgetragene, nur in der Tonart und Intensität verschiedene Presseangriff schwebt nicht in dem luftleeren Raum einer allgemeinen Teilnahmslosigkeit oder in dem unsicheren Wellengang auf- und abflutender Volksstimmungen, sondern liegt vielmehr schon jahrzehntelang sicher eingebettet in dem Meer von Mißtrauen, Abneigung oder Haß, die den Deutschen in Posen und Westpreußen von dem Polentum entgegenströmen.

Perdelwitz zählt den "Deutschenhaß" zu den charakteristischen Merkmalen der großpolnischen Bevölkerung, durch welche diese sich von dem übrigen Polentum unterscheide.1 Es mag dabei dahingestellt sein, inwieweit mit der Anwendung dieser Charakterisierung die Skala und Verbreitung der verschiedenen antideutschen Empfindungen erfaßt werden kann. Sicher ist, daß durch ihn auf eine mit dem Posener Polentum fest verbundene Erscheinung hingewiesen wird, die in gleicher Weise bei den Polen Westpreußens vorhanden ist.

Ausdruck dieser Volksmeinung ist die Presse, denn "wohl kaum eine Einrichtung", schreibt Bömer,2 "spiegelt klarer und anschaulicher Wesen und Eigenart eines Volkes wider als seine Presse". Sie ist zwar "Instrument zur Bildung der öffentlichen Meinung", d. h. Mittel zur Herbeiführung einer allenthalben anerkannten Ansicht über einen Gegenstand und kann in diesem Sinne ein bedeutsamer öffentlicher Erziehungsfaktor sein. In ihrer Wirksamkeit ist sie jedoch abhängig von der Vorstellung oder gefühlsmäßigen Einstimmung, die im Volk hinsichtlich des zu behandelnden Gegenstandes vorhanden ist und die auf die Tätigkeit der Presse nach der Art eines Resonanzbodens reagiert. So mühsam und langwierig die Umstimmung einer festgewurzelten allgemeinen Vorstellung ist, so willig folgt andrerseits das Volk den Parolen der Presse, wenn diese sich mit den gebildeten und schon vorhandenen Ansichten decken. In diesem zweiten Falle tritt die Presse als echter Ausdruck der öffentlichen Meinung in Erscheinung, was sie im ersteren erst dann wird, wenn die erstrebte Umstimmung des Volkes erreicht ist.

Im Falle des deutsch-polnischen Volkstumskampfes war die Einheit zwischen Volk und Presse auf der polnischen Seite stets vorhanden. Die Arbeit der führenden Elemente des Volkes und die Haltung der Volksmasse ergänzte sich, sodaß die Presse auf dieser Grundlage der hervor- [24] ragenden Wirkung ihres Einsatzes stets gewiß sein konnte. Erst aus der Kenntnis der polnischen Volkstumsfront, soweit sie im Rahmen der Untersuchung vermittelt werden konnte, ist der Widerhall antideutscher Losungen der polnischen Presse von Posen und Westpreußen im polnischen Volksteil voll zu verstehen.

Die Entdeutschung Posens und Westpreußens ist durch Polen systematisch seit der Einbeziehung dieser Gebiete in seinen Hoheitsbereich betrieben worden. Über den Kampf gegen das deutsche Volkstum ist von H. Rauschning3 eine eingehende Darstellung erschienen, auf die im Rahmen der Arbeit verwiesen werden kann. Sie umfaßt den Zeitraum von der Loslösung Posens und Westpreußens aus dem alten Reichsgebiet bis zum Jahre 1929, also den Abschnitt, in dem die für das Verhältnis zur deutschen Volksgruppe entscheidenden Maßnahmen von polnischer Seite aus getroffen wurden. Die Arbeit des Emigranten Rauschning ist mit Absicht gewählt worden. Die Tatsache, daß einer der gehässigsten Gegner der Politik des nationalsozialistischen Großdeutschen Reiches die beweiskräftigen Argumente für das Unvermögen des polnischen Volkes und Staates, seinen fremden Volksgruppen das ihnen verfassungsmäßig zustehende Recht zu gewährleisten, vorlegt, muß von vornherein eine Kritik mit dem Mittel der Ableugnung oder den Versuch einer Rechtfertigung lähmen.

Die polnische Presse von Posen und Westpreußen hat den Weg der Entdeutschung in allen Einzelheiten begleitet, ja zum großen Teil vorbereitet und angeführt. Von dieser unaufhörlichen Handlung war kaum ein Blatt der beiden Gebiete ausgeschlossen. Die Führung lag verständlicherweise bei den beiden Posener Hauptorganen: Dziennik Poznański und Kurjer Poznański, beides Zeitungen mit einer traditionell scharf antideutschen Tendenz. Während der Kurjer Poznański4 als Blatt der westpolnischen ND. die radikale Tonart, ohne jemals eine Einschränkung machen zu müssen, beibehalten konnte, wandelte sich der Dziennik Poznański5 von einer zumeist regierungsfreundlichen Haltung unter dem Regime der Nachfolger Pilsudski's zum im Westen führenden Blatt der Regierung und mußte sich auch demgemäß in seiner Schreibweise der amtlichen Politik in gewissem Maße anpassen. Diesen Zeitungen gegenüber spielt die übrige Provinzpresse in Gnesen, Thorn, Bromberg und anderen Städten nur eine Nebenrolle, zumal die Verlage der beiden Hauptblätter noch durch eine Reihe von Zeitungen als Nebenausgaben in Posen und anderen Städten vertreten sind.6

[25] Infolge ihrer beherrschenden Stellung sind die Stimmen des Kurj. Pozn. und Dzien. Pozn. in vieler Hinsicht auch für das Gebiet Westpreußens gültig. Als Stimme der polnischen Presse Westpreußens ist daneben die Thorner Zeitung Słowo Pomorskie häufiger zitiert worden. Dennoch muß in einzelnen Punkten der Untersuchung ergänzend auch auf die kleinere Presse eingegangen werden. Auf die Presse außerhalb von Posen und Westpreußen ist verzichtet worden, nicht, weil sie für den Kampf gegen das Deutschtum bedeutungslos wäre, sondern weil der Einsatz der polnischen Presse gegen die deutsche Volksgruppe in beiden Gebietsteilen seine eifrigsten und fanatischsten Verfechter naturgemäß im Lande selbst hat, die übrige polnische Presse also nur einen Widerhall der im Westen Polens geprägten Vorstellungen und aufgestellten Forderungen geben konnte. Da sie zudem in ihrer Wirksamkeit durch ihre geringere Verbreitung gehindert war, konnte sie nur in sehr begrenzter Hinsicht an dem publizistischen Erfolg beteiligt sein.


b) Ausgangsstellung und Ziel des polnischen Presseangriffs

Die polnische Presse aus der ersten Zeit der neu errichteten Unabhängigkeit, also der Anfangsmonate des Jahres 1919, läßt keineswegs schon ein klares Verhältnis zu den Deutschen des eben durch den geglückten Aufstand gewonnenen Posener Gebietes erkennen. Es fehlt sowohl die Andeutung einer bestimmten Aktionsrichtung als auch die Geläufigkeit von gegen das Deutschtum gerichteten Thesen. Gegenstand feindlicher Auslassungen war das Deutsche Reich und vor allem die dem polnischen Vordringen einen letzten Widerstand entgegenstellende Selbstschutzorganisation des "Heimatschutzes". Sowohl die politisch ungeklärte Lage wie das Schwergewicht des bisherigen deutschen Einflusses hemmten die Zeitungen in ihrer Stellungnahme zum Deutschtum. Zudem sprach bei einem anderen Teil der Presse der Wunsch mit, die Deutschen, die in der Wirrnis des Geschehens ohne rechte Entschlüsse waren, bei der noch sehr unsicheren polnischen Position in abwartender Passivität zu erhalten. Daher finden wir in der Presse jener Zeit ganz übereinstimmend mit den Versicherungen der amtlichen und halbamtlichen polnischen Stellen über die Anerkennung voller Gleichberechtigung für die Bürger deutscher Nationalität7 Erklärungen von polnischer Toleranz und sogar menschlichem Verständnis für die veränderten Verhältnisse der Deutschen. Der Orędownik schreibt in den ersten Januartagen 1919, daß Leben [26] und Eigentum der Deutschen und Juden unangetastet bleiben müssen. Wer gegen die Deutschen und Juden in Posen hetze, den solle man ungesäumt dem nächsten polnischen Wachposten übergeben. Der Dzien. Pozn. ist ein besonders augenfälliges Beispiel für diese "tolerante" Einstellung. An ihm ist aber auch deutlich die schnelle Wandlung zum deutschfeindlichen Kurs zu erkennen. So schreibt er in seiner Ausgabe Nr. 31 vom 7. 2. 1919:

"Wir wollen keine Vergeltung. Dagegen wünschen wir, daß diese Fremdsprachigen, die in unseren Grenzen bleiben, zufriedene und glückliche und darum an den Staat gebundene Mitbürger werden. Auch wenn sie gegen uns Stellung nehmen, werden ihnen Gerechtigkeit und Gleichberechtigung sicher sein. Wir werden geduldig gegen sie sein und Nachsicht haben und werden imstande sein, ihre Gefühle zu achten. Wir werden nicht brutal in ihre Herzen treten und sie nach uns umzuformen suchen... Wir werden keine Intriguen und keine Ausnahmegesetze gegen sie ins Feld führen, und wir werden sogar ihren evtl. Träumereien gegenüber Nachsicht haben... Wir fordern eine anständige, gerechte Politik gegen die fremdsprachigen Minderheiten nicht aus irgendeiner Schwäche zu ihnen - wie z. B. zu den Deutschen, die selbst dafür sorgen, daß wir sie nicht lieben können - sondern im Interesse des polnischen Staates."

Diese programmatisch anmutenden Sätze des Dzien. Pozn. sind also nur eine Ergänzung zu den Versprechungen der verantwortlichen Politiker und ebenso wie diese auf eine bewußte Täuschung der Deutschen über ihr künftiges Schicksal berechnet.8 In der gleichen Richtung liegt die von der polnischen Presse unternommene Aktion, planmäßig alle von den Polen verübten Gewalttätigkeiten zu dementieren und die darüber berichtende deutsche Presse der Verleumdung zu beschuldigen.

In einem dieser fast täglich erscheinenden Dementis schreibt der Dzien. Pozn. unter der Überschrift "Lügenkampagne", daß die deutsche Presse systematisch falsche Berichte über angebliche terroristische Handlungen gegen die Deutschen bringe, nichts aber über die Provokationen und Gewaltakte des "Heimatschutzes" und anderer Organisationen.

Gegenüber diesen Beteuerungen, die im schärfsten Widerspruch zu den täglichen polnischen Rechtsbrüchen standen, klingt die Stimme schon etwas anders, die eine Polonisierung der Stadt Posen in ihrem äußeren Bild fordert. "Man wird die fremden Symbole von unserem Rathaus herunterholen, die unser Empfinden provozierenden Denkmäler beseitigen und sie durch andere ersetzen müssen", schreibt der Dzien. Pozn.9 "Man wird den Straßen und öffentlichen Gebäuden polnische Namen geben müssen [27] usw., überflüssig hinzuzufügen, daß im polnischen Staat alle amtlichen Aufschriften grundsätzlich und ausschließlich polnisch sein müssen".10

Ein anderes Blatt, der Dziennik Bydgoski,11 hält die Herbeiführung eines erträglichen Verhältnisses zwischen Deutschen und Polen für aussichtslos. Er habe eine Zeitlang ein solches Verhältnis angestrebt, sich jedoch davon überzeugt, daß dies eine zwecklose Mühe sei, weil die Deutschen ohne Rücksicht darauf, ob sie Hakatisten12 oder Sozialisten seien, ihre alten Laster nicht ablegen könnten.

Diese hier zum Vorschein kommende Haltung nimmt eine klare Gestalt an in einem Leitartikel des Dzien. Pozn. unter der Überschrift "Gesellschaft zum Schutze der Grenzen". Es heißt darin, daß sich alle bestehenden Vereinigungen, deren Zweck der Schutz der Grenzen sei, in einem großen Verbande zusammenschließen müßten, der ganz Polen umfassen müsse. "Die Aufgabe dieser großen Organisation wird die Abwehr aller drohenden Einflüsse einer fremden Kultur oder fremder Barbarei in den Grenzkreisen sein." In ganz Polen müsse man Stützpunkte zur Verteidigung der Grenzen bilden, um möglichst viel Mitglieder zu erhalten. Die Gruppen in den Grenzorten hätten zudem eine besondere Aktion für die bedrohten Gebiete zu unternehmen.13

Für das Polentum von Posen ist eine solche Forderung unmißverständlich. Unter der "fremden" Kultur und der "fremden" Barbarei sind in erster Linie die Deutschen gemeint, die "bedrohte" Grenze ist vor allem die polnische Westgrenze. Der Vorschlag des Dzien. Pozn. enthüllt sich damit, wie es auch Rauschning festgestellt hat,14 als Grundstein zur Bildung des späteren, bereits in einem besonderen Kapitel behandelten Westmarkenvereins, dem damit gleichzeitig der Aufriß seines deutschfeindlichen Programms vorgezeichnet wird.

So hatte der Dzien. Pozn. und mit ihm die übrige Presse bereits nach wenigen Monaten die Stellung in dem Verhältnis zur deutschen Volksgruppe bezogen, die sie in Zukunft nie mehr verlassen, sondern nur noch versteift und ausgebaut haben. Es können aus den folgenden Jahren Zitate in beliebiger Anzahl dafür angeführt werden. Wohl jeder Tag brachte ein Beweisstück dafür. Sei es, daß der Kurj. Pozn. im Februar 192115 von der Regierung eine politische Linie in der Behandlung der in Polen lebenden Deutschen fordert, von der bisher nicht die Rede sein könne und deren Inhalt es sei, "ein kulturelles und dauerndes wirtschaftliches Übergewicht des polnischen Elements besonders in den Grenzkreisen zu sichern", [28] sei es, daß der Dzien. Pozn.16 sich geschmacklos äußert, daß Polen die nationalen Minderheiten "wie ein Geschwür am Körper" empfinde: die Frontstellung gegen das Deutschtum ist eindeutig festgelegt.

Der Angriff gegen das Deutschtum beschränkte sich nicht auf eine Einengung der deutschen Handlungsfreiheit und der Wirksamkeit ihres Einflusses, sondern kannte von Anfang an nur ein Ziel: die deutsche Volksgruppe zu vernichten. Das entscheidende Wort fiel im Oktober 1919 von seiten der in Westpolen herrschenden nationaldemokratischen Partei. Der spätere Kultusminister Stanislaus Grabski entwickelte vor einer Versammlung von Delegierten in Posen die Forderungen der Partei gegen das Deutschtum, die besagten, daß der Prozentsatz der Fremden (lies: der Deutschen) von 14 oder sogar 20 v. H. auf 1½ v. H. zu bringen sei. Das polnische Land sei ausschließlich für die Polen.

Die Presse nahm diese als "Posener Programm" gekennzeichneten Vorschläge mit Begeisterung auf und wiederholte sie in unzähligen Variationen. Sie sorgte für die Verbreitung und Popularisierung der verkündeten Parole und gab damit dem polnischen Bevölkerungsteil in den gewandelten Verhältnissen die Verhaltungsmaßregeln gegenüber den Deutschen an. Die sich gegen Sicherheit und Ordnung vergehenden Elemente unter dem Polentum mußten in einer solchen Verdolmetschung einen Freibrief gegen die deutschen Bürger erblicken, sodaß die Presse zeitweise eher zur Vermehrung der Unruhe als zur Förderung friedlicher Zustände im Lande beitrug.

Für die Reduzierung des Deutschtums schlug die Presse zwei Wege vor:

  1. die Deutschen durch Verdrängung aus dem Lande zu entfernen;
  2. die weniger national gefestigten Deutschen durch entsprechenden Druck zu polonisieren und damit dem eigenen Volkstum einzuschmelzen.

Eine solche Zielsetzung setzte aber einen totalen Angriff auf alle Lebensgebiete der Deutschen voraus. Die Presse hat auch nicht gezögert, ihn zu beginnen. Alle Lebensgrundlagen der Volksgruppe wie Sprache, Kirche, Arbeit, Boden, wurden vor die polnische Öffentlichkeit gezerrt und den Deutschen das Recht darauf abgesprochen. Die Loyalität und Vertrauenswürdigkeit des einzelnen Deutschen wie der deutschen Gesamtheit wurden in Zweifel gezogen und verleumdet und damit die Ehre der deutschen Mitbürger geschmäht. Die Absicht war, in den Kreisen des Deutschtums den Lebens- und Behauptungswillen zu schwächen und unmittelbar die Neigung zur Abwanderung zu erzeugen.

Für die Durchsetzung eines Programms, das praktisch die Vernichtung der deutschen Volksgruppe herbeiführen wollte, mußten jedoch zwei unerläßliche Faktoren gewonnen werden: die Staatsführung und das polnische Volk. Während die Presse der amtlichen Politik gegenüber offene Türen einrannte, vielmehr von dieser oft genug als Sturmbock gegen den [29] Völkerbund und das Ausland bei einer Mißbilligung der offenen Entnationalisierungspolitik Polens eingesetzt wurde, mußte erst innerhalb der polnischen Bevölkerung eine einheitliche aggressive Haltung gebildet werden. Der anfänglich verkündete Siegerstandpunkt, wonach alle Güter der Deutschen als "Beutestücke" behandelt werden konnten, ließ sich auf die Dauer nicht halten und erfaßte zudem nur einen Teil der polnischen Bevölkerung. Daher ging die Presse bald dazu über, eine Meinung im polnischen Volksteil zu erzeugen, die die Sicherheit des Staates durch die Existenz der deutschen Volksgruppe bedroht ansah und sie als nationale Gefahr empfand. Kein Zweifel, daß diese Aufgabe schwieriger zu lösen war, nachdem die Kraft des Deutschen Reiches nicht mehr spürbar war und die Polen sich unter eigenem Hoheitsrecht einrichten konnten. Die Voraussetzung für das Gelingen einer solchen Aktion war größte Breitenwirkung. Deshalb wurde die Presse unter den verschiedenen Werkzeugen der deutschfeindlichen Propaganda zur ersten Vorkämpferin. Die Presse war dort, wo die Organisation des Westmarkenvereins nicht oder noch nicht tätig war, sie brachte die Aufforderung zu antideutschen Kundgebungen ins Haus, sie wiederholte täglich die gleichen Drohungen und Verleumdungen vor einem tausendfachen Leserkreis,17 für deren Verbreitung die polnische Geistlichkeit auf die mündliche Einzelwerbung und die gelegentliche Predigt beschränkt war.

In welcher Weise der Pressefeldzug geführt worden ist, soll an anderer Stelle berichtet werden. Über den Erfolg soll der Kurj. Pozn. selbst zu Worte kommen, der im Jahre 1926 feststellte: "Es gibt eine Frage, in der sich alle Polen der Westgebiete verbunden fühlen, in der trotz aller verschiedenen Parteiansichten vollkommene Einigkeit herrscht: das ist die deutsche Frage".18

"Es hatte sich eine einheitliche Front sämtlicher Parteien gebildet", schreibt Rauschning,19 sodaß die Tendenz der publizistischen Tätigkeit solcher Zeitungen wie Kurj. Pozn. und Dzien. Pozn. nicht mehr allein die Ansicht bestimmter politischer Gruppen und Organisationen darstellte, sondern die politische Haltung der weitesten Bevölkerungsschichten von Posen und Westpreußen. Eine solche umfassende polnische Einheitlichkeit in der Ausrichtung gegen die deutsche Volksgruppe zu erreichen, war von Anfang an das Ziel der polnischen Presse gewesen. Nachdem sie einmal Tatsache geworden war, konnte von einer so ausgerichteten Öffentlichkeit jeder weitere Schritt zur Verfolgung des Deutschtums verlangt werden; bereitwillig nahm das Polentum die Hinweise und Forderungen der Presse entgegen, jede Anregung zu einem neuen Vorgehen gegen die Deutschen begrüßend, aber auch, wie die Zukunft lehren sollte, verschlossen gegen jeden Ausgleich und jede Anerkennung der völkischen Rechte der deutschen Volksgruppe.

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c) Merkmale des Presseangriffs

Von besonderer Bedeutung für die Bewertung einer erzieherischen oder propagandistischen Pressearbeit ist die Art, wie sie dem Leser zugeleitet wird. Je nach der Zusammensetzung des Leserkreises und dem Inhalt der Zeitung, des Artikels oder der Nachricht wird sich die beste Wirksamkeit einer Arbeitsweise bestimmen. Günzel hat in seiner vorgenannten Untersuchung dieser Frage einen besonderen Abschnitt gewidmet. Für eine vergleichsweise Gegenüberstellung der publizistischen "Arbeitsformen", wie sie Günzel nennt, aus der Zeit der preußischen Herrschaft mit der für den Volkstumskampf verwendeten Schreibweise im neuen Polen seien die Ergebnisse der Günzel'schen Arbeit im Folgenden angeführt:20

Günzel nennt an erster Stelle: die volkstümliche Sprache und die systematische Wiederholung bestimmter Forderungen ohne sonderliche Wandlung der Ausdrucksform. Beides sind typische Mittel einer Publizistik, die sich an einen Leserkreis mit eng gezogenem Gesichtskreis wendet. Wenn die volkstümliche Sprache nicht nur bei größeren Massenaktionen Verwendung fand, so deshalb, weil die damalige Presse ihre Tätigkeit über die propagandistischen Aufgaben hinaus zu einer dauernden Erziehungsarbeit an dem Volksganzen zu erheben bemüht war.

Weitere Arbeitsformen nennt Günzel die Aufstellung "nationaler Gebote", die das Verhalten nationaler Polen bestimmten, weiter Denunziationen, Warnungen und Drohungen gegenüber polnischen Landsleuten, die sich gegen die nationalen Pflichten oder die nationale Würde vergingen, einen ausgezeichneten Nachrichtendienst über alle politisch bedeutsamen Vorkommnisse in den kleinsten Orten und einen ebensolchen Kontrolldienst über den Stellenmarkt, der den Polen ein unschätzbares Hilfsmittel in der Boykottbewegung war.

Bei einem Überblick über diese Aufstellung und einem Vergleich mit den seit 1919 in der polnischen Presse des ehemaligen Teilgebiets sichtbaren Merkmalen ist festzustellen, daß alle diese Requisiten einer auf den Volkstumskampf abgestimmten Pressearbeit wieder Verwendung gefunden haben.

In der Nachkriegszeit sind die Zeitungen ebensowenig wie früher wählerisch in ihrer Tonart. Derbe Kraftausdrücke stehen neben bunt ausgemalten Bildern, die die Verfolgung des Deutschtums zum Gegenstand haben und teilweise jeden Anspruch auf Geschmack verleugnen. Die Deutschen werden als "unser verhaßter Feind" bezeichnet,21 oder es ist gar von den "deutschen Reptilien" die Rede.22 Ein besonders krasses Beispiel dafür bietet ein Artikel im Dziennik Kujawski,23 der von der "germanischen Hydra" als einem "gemeinen Aas" spricht, "das im Inter- [31] esse der öffentlichen Hygiene möglichst bald aus den Augen der Menschen entfernt werden müßte".

Ebenso offensichtlich für die Mentalität und den Bildungsgrad der Leser bestimmt ist der alte Grundsatz der Wiederholung. Günzel führt ihn ausdrücklich auf die "geistige Trägheit der Lesermassen" zurück. Jedoch hat die Presse die Gewohnheit derselben Behauptungen und Schlagworte bereits mit einer gewissen Stumpfheit der Leser eintauschen müssen. "Auch der Pole empfindet die Öde seiner Presse", schreibt die Deutsche Rundschau in Polen.24 Der von dieser Seite her beeinflußte Gehalt der polnischen Presse hat auch die polnische Kritik auf den Plan gerufen, in der festgestellt wird, daß "sich gegenüber der Vorkriegszeit das Niveau unserer Zeitungen (in Pommerellen) gar nicht erhöht habe"; dagegen habe sich die Auflageziffer gewisser Zeitungen bedeutend verringert.25

Das Moment der Wiederholung spiegelt sich auch in serienweise erscheinenden Artikeln wieder, die einen bestimmten Angriffspunkt zum Gegenstand haben und erkennen lassen, daß die Presse mit dem Grundsatz vertraut ist, wonach jede Behauptung Glauben findet, wenn sie nur mit Hartnäckigkeit wiederholt wird.

Auch das bewährte Mittel der "nationalen Gebote" ist wieder aufgetaucht. In einer langen Liste werden den Polen Verhaltungsmaßregeln für ihr persönliches und geschäftliches Verhältnis zu den Deutschen gegeben. Der Zweck der "Gebote" geht über die Ausschaltung der Deutschen aus dem Wirtschaftsleben hinaus. Er bleibt auch nicht bei der nur formellen Scheidung des polnischen vom deutschen Element stehen, denn diese würde ja im Grunde der erstrebten gewaltsamen Assimilierung der Deutschen zuwiderlaufen. Vielmehr ist als letzter Sinn das den Geboten zugrunde liegende Ziel zu erkennen, die Deutschen durch öffentliche Absonderung und Diffamierung vereinsamen zu lassen und sie damit zur Aufgabe ihres Volkstums zu bewegen.

Auf der gleichen Ebene bewegen sich auch die Formen der öffentlichen Brandmarkung von Polen, die es wagen, aus dem Kreis der von der Presse aufgestellten Vorschriften herauszutreten. Hier ist es im besonderen die Frage des Bodenbesitzes, die die Presse mit schärfster Aufmerksamkeit beobachtet. "Als Landesverschacherer sind rücksichtslos alle diejenigen zu brandmarken, die ihren Besitz in deutsche Hände abgeben," schreibt der Kurj. Pozn. unter der Überschrift "An den Pranger".26 Andererseits ist es "Verrat an der polnischen Sache", wenn sich Kritik im eigenen polnischen Presselager an der chauvinistischen Deutschfeindlichkeit erhebt. Schon an diesem kurzen Überblick, dem an dieser Stelle nicht mehr [32] Raum zu geben ist, kann ersehen werden, in welchem Umfange die Presse die Formen der früheren Kampfesweise wieder aufgegriffen hat. Die neuen politischen Tatsachen haben jedoch manche alten Formen verändert und eine Reihe neuer entstehen lassen, bei denen die Erfahrung eines jahrzehntelang geübten Volkstumskampfes sich unverkennbar bemerkbar macht.

Zunächst das Schlagwort, d. h. eine Formulierung, die in Form und Inhalt einprägsam eine für alle Vorstellungen verständliche Feststellung trifft. Die polnische Presse hat im Erfinden immer neuer Wortbildungen eine bemerkenswerte Fertigkeit gezeigt, ohne allerdings dabei auf die wirksamsten aus der Vorkriegszeit zu verzichten. Solche Schlagworte wie "preußisches Kreuzrittertum", der deutsche "Drang nach dem Osten" oder die alte Boykottlosung "Jeder zu dem Seinen" sind in den Spalten der Zeitungen wieder zum Leben erwacht, weil ihre werbende Kraft unverändert stark geblieben ist.

Die neuen Schlagworte sind auf dem Boden der neuen Verhältnisse erwachsen. Jeder offene Hinweis deutscher Menschen auf ihr Bekenntnis zu ihrem Volkstum wie ein Singabend deutscher Jungen in ihrem Heim oder das Tragen eines deutschen Vereinszeichens wird von der Presse als "Provokation des polnischen Nationalgefühls" erklärt. Versuchen die polnischen Staatsbürger deutscher Nationalität die ihnen verfassungsmäßig zustehenden Rechte wie den deutschen Schulunterricht wahrzunehmen, so werden sie von der Presse als "illoyal" verurteilt. Um den Beschwerden der Deutschen vollends jede Grundlage zu nehmen, wird der polnischen Bevölkerung das Lied von der beispiellosen "polnischen Toleranz" vorgesungen. "Die polnische Toleranz ist sprichwörtlich," schreibt der Kurj. Pozn.27 Mehr noch: "Die polnische Großmut gegenüber den nationalen Minderheiten ist wirklich rührend". Worauf aber das Wort von der "polnischen Toleranz" hinauswill, erfährt man einige Zeilen weiter, in denen ein Klagelied über die ungerechte Behandlung der Polen in Deutschland erhoben und die "gleiche Handlungsweise" gegenüber den Deutschen in Polen empfohlen wird.

Von größtem Einfluß ist das Schlagwort von der "deutschen Gefahr" geworden. Schon in den ersten Tagen nach dem Kriege tauchte es in der Presse auf, um sich schließlich an die Spitze aller gegen das Deutschtum ins Feld geführten Behauptungen zu stellen. In unzähligen Wiederholungen hat es die Presse den Polen eingehämmert und mit historischen, wirtschaftlichen, kulturellen, vor allem aber strategisch-militärischen Gründen zu belegen gewußt. Der dadurch wachgerufene polnische Sicherheitskomplex konnte von vornherein als bester Bundesgenosse im Volkstumskampf gelten. Seine Ergänzung hat das Schlagwort von der "deutschen Gefahr" in der seit dem Jahre 1935 aufgestellten politischen Parole von der "Verteidigung des Vaterlandes" gefunden, die zum Kennwort für das [33] Programm des Staates sowie aller Parteien erhoben worden ist. In ihr haben Regierung, Nationaldemokratische Opposition und die Partei der Sozialisten wenigstens eine gemeinsame Linie gefunden. Gegen wen "Verteidigung des Vaterlandes"? Für die Presse aller Schattierungen in Posen und Westpreußen gibt es nur eine und zwar die "deutsche Gefahr".

Neben diesen wirksamsten und am meisten gebrauchten Wort- und Begriffsprägungen, die im Polentum ihren Niederschlag allmählich in festen Anschauungen gefunden haben, gibt es in der Presse noch eine Fülle anderer geformter Begriffe, die sich in ihrem Inhalt auf Teilgebiete des Lebens der deutschen Volksgruppe beziehen, so z. B. wenn die "landesverräterischen Umtriebe der deutschen Organisationen" behandelt oder die deutschen Bankinstitute als "Vortrupp der deutschen Expansion" bezeichnet oder ein deutscher Gutsbesitz "eine Expositur des preußischen Hakatismus" genannt werden. Sie sind deshalb nur eine Ergänzung der Hauptparolen, erfüllen aber im Hinblick auf die Gesamtwirkung hervorragend ihren Zweck.

Zu den Arbeitsformen der Presse gehören auch die verschiedenen taktischen Manöver, mit denen die polnische Öffentlichkeit gegen die Deutschen eingenommen werden soll.

Das billigste Verfahren, das begreiflicherweise sofort nach dem Kriege besonders beliebt war, ist der Hinweis auf die Zeit unter der preußischen Herrschaft. Die Maßnahmen der früheren preußischen Behörden werden als verwerflich und grausam hingestellt und der damals entwickelte Widerstand im Volkstumskampf der polnischen Bevölkerung als beispielhaft für die gegenwärtige Lage vor Augen geführt.

Die Ergebnisse der aus dem Gegensatz zum preußischen Regime entwickelten Kampfmethoden werden von der Presse zur Lehre und Nacheiferung wiedergegeben. Die Presse konnte hinsichtlich dieser Methode auf einen sicheren Erfolg rechnen, da die Erinnerung an diese Geschehnisse trotz des Weltkrieges keineswegs verblaßt war und die Generation jener Zeit noch mitten im Leben stand.

Ausgeklügelter war eine Taktik, in der sich die Presse in eine scheinbare Verteidigungsstellung zurückzog. Die Zeitungen unterschoben der deutschen Volksgruppe einfach die Absicht einer friedlichen Eroberung des Landes. Die Durchdringung Posens und Westpreußens durch die Deutschen geschehe nicht bloß durch die Pressepropaganda und Vertreibung von Broschüren, sondern werde vor allem sichtbar durch die Erwerbung von Land und Immobilien, gaben die polnischen Blätter bekannt. Das deutsche Element sei im Vordringen; die Sicherheit des Staates sei gefährdet.

Dieses Vorgehen brachte der Presse zwei Vorteile. Die Polen fühlten sich durch die Warnungen in Unruhe versetzt und nahmen verstärkten Anteil an der Kampagne gegen das Deutschtum. Wichtiger aber war, daß die Presse aus der Scheinstellung einer Verteidigung heraus offen zum Angriff auf die Rechte der Deutschen übergehen konnte. Man konstruierte also den Schemen eines bedrohlichen Feindes, um für sich den Grund [34] zu einer eigenen Aktion zu haben. Die später angeführten Beispiele werden diese Taktik genügend verdeutlichen.

Wenn es der deutschen Volksgruppe auch gelingen konnte, ihre Stimmenzahl bei den Wahlen zu bewahren, wenn sie zeitweise verhindern konnte, daß deutscher Boden im freien Grundstücksverkehr in polnische Hände geriet, so bestand für die polnische Presse kein Grund, die polnische Öffentlichkeit gegen die Deutschen zu mobilisieren. Denn zu der Zeit, als die Zeitungen in immer größerem Umfange zu dieser Argumentation griffen, hatten schon hunderttausende Deutscher das Land verlassen müssen, waren weite Flächen deutschen Besitzes an Polen übergegangen. Diese Tatsache dürfte aber das Bild von einer "deutschen Aggression" entscheidend verändern.

Eine hervorstechende Eigenschaft der westpolnischen Bevölkerung ist ihre ausgeprägte Judengegnerschaft. Nichts konnte vorteilhafter für die polnische Presse sein als das Problem der Juden in einen Zusammenhang mit den Deutschen zu bringen. Der Ansatz war hier umso günstiger als aus der Vorkriegszeit bekannt war, daß sich die Juden häufig hinter der deutschen Volkstumsfront verborgen hatten und oft zu dieser hinzugerechnet worden waren.

Schon im ersten Jahr der neugewonnenen Staatlichkeit ging die Presse dazu über, der Öffentlichkeit eine deutsch-jüdische Gemeinsamkeit auch unter den neuen Verhältnissen einzuprägen. "Die Juden bilden überall im Osten Europas die deutsche Avantgarde," schreibt der Dzien. Pozn.28 Auch in den folgenden Jahren hat es an Versuchen, Judentum und Deutschtum auf einen Nenner zu bringen, in der Presse nicht gefehlt. Das Auftreten des deutschen Antisemitismus und der nationalsozialistische Umbruch in Deutschland 1933 mit seinen Wellenschlägen in die deutschen Volksgruppen in aller Welt und die von ihm herbeigeführte radikale Lösung der Judenfrage brachte allerdings die Presse in einige Verlegenheit, die sie dadurch zu beheben versuchte, daß sie "eine nahe und interessante geistige Verwandtschaft" zwischen Deutschen und Juden behauptete.29

Von hervorragender Bedeutung ist die Frage des taktischen Vorschubs der polnischen Volkssplitter im Deutschen Reich. Das Problem sei wie folgt angedeutet: die polnische Presse weist alle Vorwürfe über die Behandlung des Deutschtums in Polen zurück, bringt dafür Klagen über die sogen. Unterdrückung ihrer Landsleute in Deutschland vor und verlangt darauf gestützt, in Anwendung der "Gegenseitigkeit" verschärfte Maßnahmen gegen die unter polnischer Hoheit lebenden Deutschen.

Als letzte Arbeitsform soll noch die Offenheit der Presse hinsichtlich der eigentlichen polnischen Absichten gegen die Deutschen genannt werden. Während die amtlichen und halbamtlichen Stellen - schon aus Gründen des polnischen Prestiges, ebenso aber um Konflikten mit dem Völkerbunds- [35] rat aus dem Wege zu gehen und das Ausland zu täuschen - ihre Entdeutschungspolitik nach Möglichkeit durch allgemein gehaltene Gesetzestexte und Begründungen mit dem Hinweis auf staatliche Aufgaben und Notstände oder hinter einem angeblichen Versagen der Bürokratie zu tarnen suchte, sprach die Presse ganz offen und deutlich aus, was jeder mit den Verhältnissen vertraute doch wußte: daß nämlich die Agrarreformgesetze, die Verordnung über das staatliche Vorkaufsrecht, die Bestimmungen über die Zusammenfassung mehrerer Schulen an einem Ort u. a. m. nur als Waffe gegen die sich zum Deutschtum bekennenden Staatsbürger geschaffen worden waren. Der Presse ging es darum, die polnische Bevölkerung über diese bezweckte Auswirkung der Gesetze aufzuklären und ihre Mitarbeit zu gewinnen, die deutschen Mitbürger aber in Besorgnis um ihr Eigentum und ihre Existenz zu versetzen. Auf der anderen Seite ist allerdings die Offenheit der Presse ein deutliches Zeugnis für den Entdeutschungswillen der amtlichen polnischen Politik.

Diesen wesentlichen Zügen im Bild der polnischen Zeitungen können noch eine Reihe Merkmale von geringerer Bedeutung hinzugefügt werden. Die Anwendung der Karikatur,30 die Veröffentlichung anonymer Zuschriften aus dem Leserkreis oder von deutsch-feindlichen Vereinigungen, Artikel aus der Feder bekannter Wissenschaftler (Prof. Kostrzewski) oder an exponierter Stelle der polnischen Volkstumsfront wirkender Staatsbeamter (der Posener Oberprokurator Kierski) u. a. m. Ihre Vielfalt und Reichhaltigkeit bestätigen die betont volkspolitische Ausrichtung der Presse wie ihre Entschlossenheit, keine Angriffsmöglichkeit gegen das Deutschtum außer Acht zu lassen.




1Perdelwitz: l. c., S. 103. ...zurück...

2Karl Bömer im Vorwort zu: Die Presse im Wandel der politischen Systeme Frankreichs bis zum Weltkrieg, von Gruber, Frankfurt 1937. ...zurück...

3H. Rauschning: Die Entdeutschung Westpreußens und Posens, Berlin, 1930. Außerdem wird auf die Untersuchung von Stanislaus Mornik, Polens Kampf gegen seine nichtpolnischen Volksgruppen, Berlin, 1931, verwiesen. ...zurück...

4Im Folgenden unter der Abkürzung Kurj. Pozn. ...zurück...

5Im Folgenden unter der Abkürzung Dzien. Pozn. ...zurück...

6Im Verlag des Dzien. Pozn. erscheinen der Dziennik Poranny mit seinen Kopfblättern Gazeta Kujawska (Hohensalza), Gazeta Wielkopolski (Gnesen), Ilustrowany Kurjer Zachodni (Lissa), der 1932 gegründete und zweimal wöchentlich erscheinende Rolnik Wielkopolski sowie in der Provinz Ma Rubieży. Als Nebenausgaben des Kurj. Pozn. erscheinen die Tageszeitung Orędownik in 6 Ausgaben für Posen, Großpolen, Bromberg, Pommerellen, Schlesien und das westliche Kleinpolen sowie für Lodz und Mittelpolen, die Wochenschrift Ilustracja Polska, das 3 mal wöchentlich erscheinende Volksblatt Wielkopolanin, die Nowiny Poświateczne und das 3 mal wöchentlich erscheinende Volksblatt Pomorzanin. Diese Angaben sind den Ostland-Berichten Jahrgang 1938, Nr. 1, entnommen. Auf die dort gebrachte Aufstellung polnischer Zeitungen, ihre Verbreitung, politische Haltung, redaktionelle Besetzung u. a. m. wird ausdrücklich verwiesen. ...zurück...

7vgl. Rauschning, H., l. c., S. 36 ff. ...zurück...

8Zur gleichen Zeit erklärt der Dzien. Pozn. Nr. 42 vom 20. 2. 1919 dem Deutschtum von West- und Ostpreußen und von Oberschlesien, daß ihnen das unabhängige und tolerante Polen Freiheit der Sprache, der Kultur und der nationalen Rechte zusichere. ...zurück...

9Dzien. Pozn. Nr. 62 vom 15. 3. 1919. ...zurück...

10Von dieser Forderung nahm das Blatt die Städte mit einer überwiegend fremdvölkischen Einwohnerschaft aus, wobei als Beispiel Danzig angeführt wurde - ein Beweis mehr dafür, daß sich hinter der Zusicherung der Gleichberechtigung von Anfang an nur der Wunsch nach einer weiteren Expansion verbarg. ...zurück...

11Dziennik Bydgoski Nr. 27, 1919. ...zurück...

12Das Wort bezieht sich auf die Namen der drei Begründer des alten Ostmarkenvereins: Hansemann, Kennemann und Tiedemann (H.K.T.). ...zurück...

13Dzien. Pozn. Nr. 110 vom 14. 5. 1919. ...zurück...

14Rauschning, H.: l. c., S. 42. ...zurück...

15Kurj. Pozn. Nr. 31 und 32 vom 9. und 10. 2. 1921. ...zurück...

16Dzien. Pozn. Nr. 162 vom 20. 7. 1923. ...zurück...

17Nach Angaben des Statistischen Hauptamtes der Republik Polen vom Jahre 1930 wird der Hundertsatz der Analphabeten in den früheren preußischen Teilgebieten mit unter 10 v. H. angegeben. ...zurück...

18Kurj. Pozn. Nr. 148 vom 31. 3.1926. ...zurück...

19Rauschning, H.: l. c., S. 88. ...zurück...

20vgl. Günzel: l. c., S. 36 ff. ...zurück...

21Kurj. Pozn. Nr. 105 vom 7. 5. 1922. ...zurück...

22Słowo Pomorskie Nr. 233 vom 11. 10. 1927. ...zurück...

23Dziennik Kujawski Nr. 24 vom 31. 1. 1919. ...zurück...

24Deutsche Rundschau in Polen vom 14. 8. 1938. ...zurück...

25E. Ruecker, Herausgeber der in Danzig bis 1. 7. 1931 erschienenen polnischen Zeitung Baltische Presse in: "Die Lage der Presse in Ostpreußen und Pommerellen" in dem Sammelwerk Gegen die Korridorpropaganda, veröffentlicht von J. Borownik, Direktor des "Baltischen Instituts" in Thorn, 1930, S. 126. ...zurück...

26Kurj. Pozn. Nr. 158 vom 10. 4. 1927. ...zurück...

27Kurj. Pozn. Nr. 199 vom 30. 4. 1932. ...zurück...

28Dzien. Pozn. Nr. 87 vom 26. 4. 1919. ...zurück...

29Kurj. Pozn. vom 2. 2. 1936. ...zurück...

30In dem in Bromberg erscheinenden Dziennik Bydgoski vom 29. 8. 1937 ist eine für den Volkstumskampf typische Karikatur zu sehen: links ein dicker Mann mit einer großen Zigarre - der Deutsche in Polen - rechts ein Männchen mit allen Zeichen der Abzehrung und einem Maulkorb vor dem Mund - der Pole in Deutschland. ...zurück...





Die polnische Presse im Kampf gegen die deutsche Volksgruppe
in Posen und Westpreußen

Fritz Prause