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Polnische Thesen und deutsche Antworten

 
I. Offensive polnische Ostpreußen-Thesen
(Stimmungsmache für Angliederung Ostpreußens an Polen)

Motto: "Kein Opfer kann groß genug sein, um Ostpreußen auf die eine oder andere Weise zu gewinnen, um es in den Kreislauf des Polentums einzubeziehen."
      (Srokowski, ehemaliger polnischer Generalkonsul in Königsberg in Aus dem Lande des Schwarzen Kreuzes.1)

Bereits behandelte Thesen: Verlorener Posten wegen angeblicher Entvölkerung siehe S. 94. - Deutsche Kolonie siehe S. 115. - Abstimmungen siehe S. 90.

[124]
87. Polenthese:
Urpolnisches Land?

Die Polen sagen: Ostpreußen sei ein "uraltes polnisch-litauisches Land",2 "von Schweiß und Tränen unserer polnischen Urväter getränkt".3

Antwort: Die alten Preußen (Pruzzen) waren weder Slawen noch Litauer, sondern ein besonderes indogermanisches Volk.4 Sie waren die schlimmsten Feinde der Polen. Um den Überfällen dieses tapferen heidnischen Volkes ein Ende zu machen, rief der polnische Herzog Konrad von Masovien den Deutschen Orden 1226 ins Land.

Mit deutschem Blut ist das Land erobert und mit deutscher Arbeit ist es erschlossen und kultiviert worden. Der Orden hat dort den modernsten Staat des Mittelalters errichtet. (Näheres S. 137).


88. Polenthese:
Das Schicksal der alten Preußen (Pruzzen)

Die Polen sagen: Das "kreuzritterliche Reptil"5 habe die alte preußische Bevölkerung ausgerottet.

Antwort: Es wäre Wahnsinn gewesen, wenn der Orden die alten Preußen ausgerottet hätte, denn jeder Kolonisator ist auf die Arbeitskräfte der einheimischen Bevölkerung angewiesen. Die preußische Bevölkerung hat noch Jahrhunderte weiter existiert; für sie hat Herzog Albrecht, der letzte Ordensmeister und der erste Herzog von Preußen, den Lutherkatechismus ins Preußische übersetzt. Die Ortsverzeichnisse und Personenregister in Ostpreußen enthalten noch heute zahlreiche altpreußische Orts- und Familiennamen.

Gewiß hat die alte preußische Bevölkerung durch die Kämpfe mit dem Orden große Verluste erlitten. Aber sie existierte in großem [125] Umfang weiter und lieferte dem Orden Arbeitskräfte z. B. für seine Burgen- und Wegebauten. Die Einwanderung deutscher Siedler begann erst um 1300. Sie war möglich und notwendig, weil das Land infolge der niederen landwirtschaftlichen Technik der Preußen (hölzerner Haken statt des Pfluges) und großer Wald- und Ödländereien nur dünn besiedelt war. Trautmann hat in seinem Werke Die altpreußischen Personennamen (Göttingen 1925) rd. 2000 preußische Personennamen (nicht Personen) nachgewiesen, die im 14. und 15. Jahrhundert urkundlich nachgewiesen werden. Bis Ende des 17. Jahrhunderts hat es Leute mit preußischer Sprache gegeben.


89. Polenthese:
Die polnische Minderheit in Ostpreußen

Die Polen sagen: Ostpreußen sei nur oberflächlich germanisiert. "Unter dem trüben Lack der fremden Politur" stecke "ein gesunder polnischer Kern".6 Ostpreußen habe eine starke polnische Bevölkerung von 400 000 Köpfen:7 die Masuren und die Bewohner des Weichsellandes (Marienwerderer Landes).

Antwort:8 Die Abstimmungen von 1920, vorgenommen in Deutschlands schwerster Notzeit und unter alliierter Kontrolle und Besatzung, ergaben noch nicht 16 000 polnische Stimmen. Die beiden Reichstagswahlen von 1932 brachten noch nicht 3000 polnische Stimmen - bei einer Gesamtbevölkerung von 2¼ Millionen.

Ostpreußens deutscher Charakter besteht seit 5 - 6 Jahrhunderten. Die Masuren sind keine Ureinwohner, sondern ein Mischvolk aus deutschen und späten polnischen Einwanderern aus der Zeit um 1500. Von den Polen sind sie auch durch evangelische Konfession und durch vier Jahrhunderte deutscher Entwicklung getrennt. Auf dem östlichen Weichselufer hat 1920 die gesamte Bevölkerung zu 92 Prozent für Deutschland gestimmt; die kleine polnische Minderheit stimmte dabei mindestens zur Hälfte für Deutschland.

a) Über die - von Polen nicht anerkannten - Abstimmungen vergleiche S. 88, 90. - Die polnischen Wahlstimmen bei den Reichstagswahlen in Ostpreußen sind vor und nach dem Kriege nie über 13 100 hinausgekommen und lagen meist unter 7000.9

[126] b) Sprachenzählungen: Nach der Sprachenzählung von 1910 lebten in beiden Abstimmungsgebieten der heutigen Provinz Ostpreußen 717 000 Personen; davon mit deutscher Muttersprache 428 000, mit masurischer 172 000, mit polnischer 93 000, Doppelsprachige 22 000. Nach der Sprachenzählung von 1925 in den Regierungsbezirken Allenstein und Westpreußen 18 000 mit polnischer und 23 000 mit deutscher und polnischer Muttersprache.

c) Deutsche Kultur: Mittelalterliche Kunst und Dichtung; Ostpreußen ist die Heimat von Simon Dach, Gottsched, Hamann, Herder, Kant, E. T. A. Hoffmann, Schenkendorf, Sudermann, Arno Holz, Agnes Miegel, Gregorovius, Corinth und anderen hervorragenden Deutschen. Es war von der Christianisierung durch den Orden ab stets ein Land mit deutscher Kultur und größtenteils deutscher Sprache.


90. Polenthese:
Geschichtliche Verbindung mit Polen?

Die Polen sagen: Ostpreußen sei früher mit Polen politisch verbunden gewesen. "Von 1525 bis 1657 war Ostpreußen - damals das herzogliche Preußen genannt - ein Vasallen-Fürstentum Polens; eine seiner Landschaften, nämlich das Ermland mit der Stadt Allenstein war sogar integrierender Bestandteil Polens von 1454 bis 1772."10

Antwort: Die polnische Oberhoheit war sehr locker und berührte den deutschen Charakter des Landes nicht; auch das Ermland hat unter seinen Bischöfen, die bis 1550 durchweg Deutsche waren, ein von dem polnischen Staat wenig beeinträchtigtes Sonderleben von deutschem Charakter geführt.


91. Polenthese:
Ostpreußen, Polens Küstenland?

Die Polen sagen: Ostpreußen sei Polens natürliches Küstenland; in deutscher Hand sei es für die polnische Entwicklung ein hemmender Damm.

Antwort: Mit der gleichen Begründung könnte vom Deutschen Reich Holland und Belgien beansprucht werden oder von Kanada die Nordoststaaten (Neu-England-Staaten) der USA. Polen braucht Ostpreußen für seine Entwicklung nicht.

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92. Polenthese:
Wohin gehört Ostpreußen wirtschaftlich?

Die Polen sagen: Das Land zwischen den polnischen Nationalströmen Weichsel und Memel (Njemen) sei ein einheitliches Wirtschaftsgebiet; darum schaffe die Zugehörigkeit Ostpreußens zum Deutschen Reich einen pathologischen Zustand.

Antwort: Ein einheitliches, organisch eng zusammengewachsenes Wirtschaftsgebiet waren im Deutschen Reich Ostpreußen, der Korridor und Danzig; seine Zerreißung ist es, die einen pathologischen Zustand geschaffen hat. Während Ostpreußen mit Danzig und dem Korridor wirtschaftlich zusammengehört, liegt zwischen Ostpreußen und dem benachbarten Kongreßpolen ein wirtschaftlicher Entwicklungsunterschied von Jahrhunderten. Vgl. die folgende These.


93. Polenthese:
Zollunion Ostpreußens mit Polen?

Die Polen sagen: Ostpreußen könne nur durch eine Zollunion mit Polen wirtschaftlich gesunden.

Antwort: Wie es Ostpreußen bei einer wirtschaftlichen Vereinigung mit Polen gehen würde, zeigt das Beispiel Danzigs und des Korridorgebietes. Durch die Verkuppelung mit wirtschaftlich tiefer stehenden Gebieten würde es ebenso wie heute das Korridorgebiet wirtschaftlich, sozial und kulturell herabsinken. Die polnische Wirtschaftspolitik würde es (ebenso wie heute den Freistaat Danzig) ruinieren, um es zur Annexion reif zu machen.

a) Ostpreußens wirtschaftliche Zukunft im polnischen Zollverband: Ostpreußens Landwirtschaft und Industrie wäre dem Wettbewerb Kongreßpolens mit seiner jammervoll niedrigen Lebenshaltung und seinen entsprechend niedrigen Löhnen, Soziallasten und landwirtschaftlichen Erlösen ausgesetzt. Ostpreußens Landwirte würden auch bei rücksichtsloser Herabsetzung ihrer Lebenshaltung und der Qualität ihrer Produkte kaum etwas absetzen können. Ostpreußens Industrie könnte nicht gedeihen, geschweige denn wachsen, weil Polen bereits über seinen Bedarf hinaus Industrien gezüchtet hat. Vor allem ist es nicht anzunehmen, daß Polen mit seiner Wirtschafts- und Handelspolitik, Verkehrs- und Steuerpolitik gerade auf Ostpreußens Bedürfnisse Rücksicht nehmen würde, während Deutschland den Willen und die Mittel hat, dies in großem Umfange zu tun.

b) Ein angeblicher ostpreußischer Kronzeuge. Ständig von den Polen zitiert wird der frühere Syndikus der Königsberger Handelskammer Dr. Fr. Simon, der tatsächlich im Juli 1919, als sich die Gestaltung der ostpreußischen Verhältnisse noch nicht übersehen ließ, in einer [128] geheimen Denkschrift die Zollunion Ostpreußens mit Polen bei weiterer politischer Zugehörigkeit zum Reich angeregt hat, und zwar als vorübergehendes Abhilfemittel gegen die von ihm befürchteten, für Ostpreußen völlig vernichtenden Folgen des Versailler Diktats, als Mittel, um Ostpreußen wirtschaftlich lebensfähig und damit politisch deutsch zu erhalten. Simon hat bald seine Pläne als haltlos aufgegeben. Vgl. seine Ausführungen bei Schmidt, Ostpreußen, S. 69 ff.

c) Annexionspläne im Hintergrund.11 Schon 1887 schrieb Poplawski,12 der Begründer des modernen polnischen Imperialismus, im Warschauer Glos: "Das ganze baltische Seegestade von der Weichsel bis zur Mündung der Memel... muß vom polnischen Volke wiedererlangt werden." Dmowski13 fordert in seiner Denkschrift an Wilson vom 8. Oktober 1918 die Einverleibung Ostpreußens bis auf einen Rest um Königsberg, der ein autonomer Teil Polens oder ein mit Polen in Zollunion verbundener Kleinstaat (wie heute Danzig) werden soll. Srokowski siehe S. 123. Der frühere Minister St. Grabski14 erklärt die polnische Westpolitik für wichtiger als die Ostpolitik und malt die Notwendigkeit eines Krieges an die Wand; bei der Westpolitik verlangt er die "Entscheidung der nur provisorisch geregelten ostpreußischen Frage". Consulibus15 verlangt die Teilung Ostpreußens zwischen Litauen und Polen: "Carthago delenda est"; "dieses Ungeheuer hat für immer von der Karte Europas zu verschwinden". Ausführlicher Teilungsplan: Königsberg soll Freie Stadt in Verbindung mit Litauen werden. Bukowiecki,16 Polens Generalstaatsanwalt, Anhänger der linken Mitte, erklärt die Gewinnung Ostpreußens für die große historische Aufgabe Polens auf weite Sicht. - Über die Pläne zur Teilung Ostpreußens, die auch unter dem Schlagwort der "Baltischen Schweiz" verkündet werden, vgl. auch Karte auf S. 61 und Preußenland S. 214.


94. Polenthese:
Entmilitarisierung Ostpreußens?

Die Polen sagen: Ein deutsches Ostpreußen sei eine ständige Bedrohung Warschaus, seine Entmilitarisierung sei die Vorbedingung jeder Verständigung.

Antwort: Eher müßte zur Sicherung Berlins, Stettins, Königsbergs, Breslaus und Westoberschlesiens das nördliche und westliche Polen entmilitarisiert werden.

Neben der Zollunion erscheint den Polen die Entmilitarisierung Ostpreußens als die wichtigste Vorbedingung für die Annexion. Das [129] deutsche Ostpreußen kann Warschau nicht bedrohen (das übrigens nur 110 km Luftlinie von der ostpreußischen Grenze entfernt ist); denn nicht Deutschland, sondern Polen hat ein modernes Heer mit Angriffswaffen, insbesondere Kriegsflugzeugen. Bedroht sind Ostpreußen und das westoberschlesische Industriegebiet, Berlin und die wichtigsten Städte des deutschen Ostens. Die Entfernung zur polnischen Grenze (Luftlinie, vom Stadtkern aus gemessen, abgerundet) beträgt bei

    Berlin 165 km
    Königsberg       130 km
    Stettin 115 km
    Breslau 50 km


95. Polenthese:
Polen als Kulturbringer für Ostpreußen!

Die Polen sagen: Ostpreußen sei ein "mittelalterliches Land", ein "Schlangennest" der preußischen Reaktion; es an Polen anzugliedern sei eine Kulturtat.

Antwort: Ein schönes Argument im Munde Polens, das sich durch die ukrainischen und die Brest-Litowsker Greuel als halbasiatisch, als Folterkammer Europas, als Gefängnis der Minderheiten erwiesen hat. (Vgl. 5. Teil.)

a) Ostpreußen, ein modernes Land von mitteleuropäischem Charakter. Königsberg ist eine der modernsten und kulturell lebendigsten Großstädte Deutschlands; alte, gute Universität. Ostpreußens kulturelle Leistung ist zwar zahlenmäßig nicht zu erfassen, nimmt aber unter den deutschen Landschaften einen hohen Rang ein. (Vgl. S. 126.)
      Zahlenvergleiche: Analphabeten in Ostpreußen keine, in Kongreßpolen jeder dritte über 10 Jahre alte Einwohner (1921); Eisenbahnen auf 10 000 Einwohner in Ostpreußen 18 Kilometer, im Bahnbezirk Warschau 3,3 Kilometer (Schneider, S. 79).

b) Land des Großgrundbesitzes?17 Der Anteil der landwirtschaftlichen Großbetriebe ist in Ostpreußen stärker als im Reichsdurchschnitt, wird aber überschätzt; über 60% des Landes sind in bäuerlichem und Parzellenbetrieb (bis 100 ha); zieht man die Grenze bei 200 ha, so erhält man rund 70%. (Die Einflüsse des rauhen Klimas auf die Betriebsweise rechtfertigen eine andere Abgrenzung zwischen Großbauern- und Großbetrieb als im sonstigen Deutschland.)


96. Polenthese:
Ostpreußen und der Friede

Die Polen sagen: Durch Angliederung Ostpreußens an Polen könne Polens Seezugang gesichert, das Korridorproblem beseitigt, Deutschland entscheidend geschwächt, der Friede garantiert werden.

[130] Antwort: Durch Rückgabe des Korridorgebietes an das Deutsche Reich muß das deutsche Ostpreußen gesichert, der Korridor beseitigt, Polen zum Aufgeben seiner Annexionswünsche gezwungen, der Friede stabilisiert werden.

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1Zitiert nach Fuchs, S. 59.. ...zurück...

2Entschließung des Westmarken-Vereins vom 17. März 1925 in Bromberg, zitiert nach Fuchs, S. 79. ...zurück...

3Zeitschrift Ziemia Wschodnia- Pruska ("Ostpreußisches Land", in Thorn herausgegeben vom Verband der Polen aus Ermland, Masuren und Marienburger Gebiet), Vorrede der Schriftleitung in der ersten Nummer 1929, zitiert nach Fuchs, S. 87. ...zurück...

4Näheres s. z. B. Stolze, in Preußenland, S. 106. ...zurück...

5Aus der Geschichte Pommerellens, herausgegeben von der Untergruppe Berent des Westmarken-Verbandes (Z dzjiejow Pomorza), Berent, 1932, zitiert nach Ostland-Berichte 1932, Nr. 12. ...zurück...

6Ziema Wschodnia Pruska, Juli 1929; vgl. Fußnote 3 auf S. 124. ...zurück...

7Vgl. Smog., S. 371; Schätzung von W. Wakar im Sammelwerk Prusy Wschodnie ("Ostpreußen"), Posen, 1932. Andere polnische Angaben gehen bis 700 000. ...zurück...

8Vgl. Ziegfeld in Preußenland, S. 152 ff. ...zurück...

9Nach einer Aufstellung bei Schmidt, Ostpreußen, auf S. 25, in der die Hauptwahlen, nicht aber Stichwahlen mit ihren oft abnormen Ergebnissen, aufgeführt sind, und auf S. 33. ...zurück...

10Smog., S. 367. - Das Ermland (Warmien) hat eine fast rein deutschsprachige Bevölkerung. ...zurück...

11Polnische Äußerungen, zusammengestellt bei A. Schmidt, Ostpreußen, S. 2 ff. und bei Fuchs. ...zurück...

12Fuchs, S. 109. ...zurück...

13Fuchs, S. 31. ...zurück...

14Fuchs, S. 49. ...zurück...

15Siehe Literaturverzeichnis, ferner A. Schmidt, Ostpreußen, S. 9 ff., S. 60 ff. ...zurück...

16Fuchs, S. 42 ff. ...zurück...

17Vgl. Stat. Jahrb. f. d. D. R.; Preußenland, S. 146 f. ...zurück...

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100 Korridorthesen:
Eine Auseinandersetzung mit Polen

Dr. Arnold Zelle