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Bd. 3: Der deutsche Landkrieg, Dritter Teil:
Vom Winter 1916/17 bis zum Kriegsende

Kapitel 5: Der deutsch-österreichische Feldzug
in Italien (12. Isonzo-Schlacht)
  (Forts.)

Oberst Theodor Jochim

4. Vom Tagliamento zur Piave.

General Krauß hatte nach Erzwingen des Übergangs kräftig nachgedrückt. Am 4. November abends standen seine Anfänge bereits bei Toppo und Sequals an der Meduna. Die 12. Division drängte am gleichen Tage den Feind nach Istrago und Spilimbergo zurück. Die italienische Tagliamento-Front wankte zurück. Dadurch wurde auch der Übergang bei Bonzicco frei, so daß die 117. Division, die inzwischen zur Gruppe Hofacker getreten war und das Alpenkorps bei Bonzicco abgelöst hatte, am 5. November gleichfalls übergehen konnte.

Vom panikartigen Rückzug der Italiener im Herbst 1917.
Vom panikartigen Rückzug der Italiener
im Herbst 1917. Ein Wirrwarr von Pferdekadavern
und Kriegsmaterial an der Brücke über den Taglio
in Codroipo.      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 504.
Südlich von Codroipo überschritten an demselben Tage hinter der rasch zurückweichenden italienischen 3. Armee die beiden k. u. k. Isonzo-Armeen mit ihren Anfängen den Unterlauf des Tagliamento. Aber im Norden, in dem Gebirgsblock nördlich und nordwestlich Osoppo, leistete der Gegner zum Teil noch heftigen Widerstand, so besonders auf dem Mt. Festa und Mt. Simeone, um seinen vor der k. u. k. 10. Armee nach Belluno ausweichenden Kräften den Rücken frei zu halten. Erst am 7. konnte der Mt. Simeone von Teilen der Edelweiß-Division und am gleichen Tage der Mt. Festa von Teilen der deutschen Jäger-Division gestürmt werden. Dann aber gelang es dem Zusammenwirken der Edelweiß-, der deutschen Jäger-Division und der k. u. k. 43. und 59. Gebirgs-Brigade (von der 10. Armee), die italienische 36. und 63. Division im Raum Osoppo - Tolmezzo - Tramonti völlig abzuschneiden und gefangen zu nehmen.

Bereits am 27. Oktober hatte die österreichische Heeresleitung, als sie die Größe des Durchbruchserfolges bei Tolmein und die Möglichkeit, den Vorstoß über den Tagliamento hinaus ausdehnen zu können, erkannte, den Entschluß gefaßt, nunmehr auch zum Angriff aus Tirol überzugehen. Durch das Vordringen der Verbündeten in die oberitalienische Tiefebene und die dadurch eintretende wesentliche Verkürzung der k. u. k. Fronten wurden Divisionen zur Unterstützung des in Tirol befehligenden Feldmarschalls v. Conrad frei. Am Abend des 28. Oktober hatte daher das Oberkommando der Südwestfront die Weisung erhalten, zwei Divisionen zum Abtransport nach Tirol bereit zu stellen. Mehr konnte die Pustertal-Bahn vorläufig nicht leisten. Freudig nahm Conrad seinen Lieblingsgedanken wieder auf. Schleunigst traf er alle Vorbereitungen, um durch [262] einen Vorstoß über Asiago nun auch die italienische Nordfront zu durchbrechen und den Erfolg der verbündeten Waffen über die italienische Ostfront zu einer entscheidenden Niederlage für das ganze italienische Heer umzugestalten. Über Italiens Lage herrschte auch auf der Seite der Entente kaum noch ein Zweifel. Unverhüllte Besorgnis sprach aus den Äußerungen der französischen Presse, und auch die italienische Regierung mußte dem Lande offen die Niederlage eingestehen. Das Kabinett Boselli stürzte. Der König eilte in größter Sorge nach Rom und rief eindringlich die Bundesgenossen zu Hilfe. Aller Augen blickten gespannt auf die Vorgänge in Oberitalien.

Unterdessen drangen die deutschen und österreichischen Divisionen in der Ebene unaufhaltsam weiter vor, die 14. Armee nördlich, die 2. und 1. Isonzo-Armee südlich der Bahn Codroipo - Sacile - Conegliano. Über die nur notdürftig wiederhergestellte Brücke von Pinzano schoben sich jetzt die Divisionen der Gruppe Stein (12. Division, k. u. k. 13. Schützen-Division, Alpenkorps) und zwischen ihnen erhebliche Teile der Gruppe Krauß vor. Ein steiler Serpentinenweg mit so scharfen Kurven, daß selbst Feldgeschütze Mühe hatten, ihnen zu folgen, führte von den engen Straßen von S. Daniele, Ragogna und S. Pietro (dicht westlich Ragogna) zur Übergangsstelle hinab. Dies verursachte große Stockungen und verlangte sehr eingreifende

Gesprengte Eisenbahnbrücke.
Herbst 1917. Gesprengte Eisenbahnbrücke über
einen Nebenarm des Tagliamento mit den
freischwebenden Geleisen.      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 505.
Maßregeln, um die Ordnung aufrecht zu erhalten. So zog sich der Übergang der Divisionen, der neben allen anderen Schwierigkeiten auch durch die Bombenwürfe italienischer Flieger empfindlich gestört wurde, vier Tage lang hin. Um so mehr trieb General v. Stein die vordere 12. Division auf Conegliano vor. Zum Glück war der Wasserstand der Flüsse wieder gefallen, so daß die überall gesprengten Brücken die Verbündeten nicht wesentlich aufhalten konnten. Erst am Livenza-Abschnitt stieß man am 6. November wieder auf zusammenhängenden Widerstand, der aber am 7. gebrochen wurde. Am Tage darauf stand die über Sacile vorstoßende 12. Division bereits vor Conegliano, während General Krauß mit der k. u. k. 50. und 55. Division Vittorio nahm. Am 9. erreichte die Gruppe Stein mit der k. u. k. 13. Schützen-Division die Piave gegenüber dem Montello, südöstlich davon die Gruppe Hofacker bei Susegana den Fluß und im Anschluß daran die beiden Isonzo-Armeen den Unterlauf bis zur Mündung. Am 10. drang die 12. Division der Gruppe Stein bis Vidor vor und nahm am 11. November den dortigen Brückenkopf. Freilich, die Piave-Brücken hatten die Italiener wieder in gewohnter Weise aufs gründlichste zerstört. Rechts neben der Gruppe Stein wurde die Gruppe Scotti eingesetzt (k. u. k. 1. Division, Alpenkorps). Sie erreichte am 11. die Piave westlich Valdobbiadene.

Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte