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Volksdeutsche Soldaten unter Polens Fahnen. 
Tatsachenberichte von der anderen Front aus 
dem Feldzug der 18 Tage
[72]
Als Prügelknabe im polnischen Heer
Soldat Oskar Ulrich, Friedenau, Warthegau

Mein größtes Unglück war, ich beherrschte die polnische Sprache so schlecht, daß es einen Hund jammern konnte. Wir Deutschen saßen ja bei Neutomischel in großer Zahl beisammen, in meist noch geschlossenen Dörfern, und hatten daher immer vermieden, uns mit dem Polschen die Zungen zu zerbrechen. Im Kriege aber hätte ich alles drum gegeben, wenn es anders gewesen wäre.

Obwohl in meinem Militärpaß drinstand "kategorja C bez broni" (dritte Garnitur ohne Waffe), brachte mir schon am 31. August der Gemeindevorsteher den Befehl: "Sofort nach Posen fahren." Als ich dort aber auf dem Bezirkskommando ankam und sie in meinen Paß sahen, schickten sie mich sofort wieder nach Hause: "Idź do domu." Voller Freude haute ich ab.

Wer aber beschreibt mein Entsetzen, als mich bald danach auf der Straße zwei Zivilisten (mit Spionagefimmel) anhielten und einem Verhör unterwarfen. Mir trocknete das letzte bißchen polnische Spucke ein, und ich muß wohl ein furchtbares Zeug geradebrecht haben, denn sie riefen: "Ein Spion" und schlugen so lange auf mir herum, bis ich fast besinnungslos aufs Straßenpflaster sank. Sie hoben mich aber wieder auf und schleppten mich zur Kaserne des Inf.-Rgt. 58. Dort nahm man mir nach nochmaligem Verhör meinen Paß ab und ließ mich bis 3 Uhr nachmittags stehen. Dann schickten sie mich zu meiner Verwunderung abends mit einem Militärtransport Richtung Kutno. Dort kamen wir gleich zur Schreibstube und wurden laut Paß aufgerufen. Meinen aber hatten sie mir ja in Posen abgenommen und nicht wiedergegeben. Als sie mich nach ihm fragten, brachte ich wieder so schauerliche "polnische" Erklärungen heraus, mit deutschen Worten vermengt, daß sie wie verrückt aufsprangen und auf mir herumschlugen. Trotzdem ich von [73] den Schlägen krumm und dumm war, exerzierten sie mit mir: "Hinlegen", "auf", "hinlegen" und so fort, bis mir vom Laufen die Zunge aus dem Halse heraushing.

Dann kleideten sie mich ein. Ich, der 37jährige, kam als einziger Deutscher mit lauter ganz jungen Polen zusammen. Mit der Uniform, die ich erhielt, hätte ich zu Hause höchstens eine Vogelscheuche ausstaffiert. Die Schuhe hielten 3 Tage. Koppel und Seitengewehr gaben sie mir nicht, weil nicht genügend vorhanden waren, dafür aber einen Karabiner. Leider fehlte darin etwas vom Schloß, so daß ein Schießen mit ihm unmöglich war. Meine Herren panowie, dachte ich mir, euch schießen die Pimpfe der Hitlerjugend mit Flitzbogen tot, wenn eure Karabiner alle so ein Dreck sind wie meiner.

Mein Galgenhumor sollte mir aber bald ganz vergehen. Unsere Kompanie marschierte, nein, latschte bis Warschau, durch die Stadt, über die Weichsel, wo alles durcheinandergeriet. Mit einemmal war mir meine Kompanie abhanden gekommen. Beim Suchen fand ich zu meiner Freude zwei volksdeutsche Kameraden und schloß mich ihnen an. Plötzlich schnappte mich ein polnischer Militärpolizist, dem ich in meiner Paradeuniform verdächtig erschien, die beiden anderen auch. "Ausweis", fuhr er uns an. Die Erinnerung an die vorherigen Prügeleien lähmten meine Zunge so, daß ich nur was stotterte: "Nima, oni mi tam cosz tym Parschpott odbirali przy Poznania i jo szukam mój kompanja." "Cholera", brüllt er, "ein Spion." Schon waren wir alle verhaftet und mit Ketten an den Handgelenken aneinandergeschlossen. Er führte uns, wohl stolz, daß er deutsche Spione gegriffen hatte, durch die Straßen Warschaus und forderte das Zivilvolk auf, uns das Leder zu vergerben. Und so spuckten sie uns ins Gesicht, die Weiber am meisten, schlugen unsinnig auf uns los, bis wir alle drei am Boden lagen und verbissen riefen: "Schießt uns doch lieber tot."

"Was? Euch deutsche Schweine totschießen? Ihr werdet jeden Tag so geprügelt, bis ihr langsam krepiert."

Dann ging's in die Gefängniszelle, wo wir mehrere Tage weder zu essen, noch zu trinken bekamen. Dann aber holten sie wieder alle Gefangenen heraus, gaben ihnen Waffen und schick- [74] ten sie nach der Zitadelle. Wir lagen dann in einem Wald, am 27. 9., unter stärkstem deutschem Artilleriefeuer, ich, ausgehungert, ohne Unterkleidung, ohne Mantel, ohne Decke. Als der Unteroffizier Befehl gab, den Wald zu räumen, blieb ich in meinem Loch. Aber er bemerkte das und kam voller Wut mit dem Bajonett, um mich zu erstechen. Da sprang ich schnell heraus und rief ihn laut an, er soll das doch sein lassen. Am Waldrand gab er Befehl: "Sprung auf, marsch, marsch." Wieder blieb ich zurück. Das war meine Rettung, denn kaum waren die Polen aus den Bäumen heraus, da mähte sie deutsches MG.-Feuer nieder. Ich kroch in das Loch zurück, wo mich bald darauf die Deutschen entdeckten und mit vorgehaltener Pistole gefangennahmen. Diesmal konnte ich in meiner Muttersprache reden und da war auch schnell die Verständigung erreicht.

Die Polen haben nun für ihren Deutschenhaß den Lohn. Aber, was sie mir angetan, das kann ich ihnen nie vergessen. "Auge um Auge, Zahn um Zahn." Wenn ich nach der Rückkehr in die Heimat meine Erlebnisse erzählte, fragte man mich oft: "Warum hast du dir das alles gefallen lassen?" Man glaube mir, sich mit zusammengebissenen Zähnen prügeln zu lassen und dabei zu denken: "Ihr Polacken bekommt das zehnfach heimgezahlt", kostete mehr Überwindung und Anspannung, als eine nutzlose Gegenwehr, die den Polen den erwünschten Anlaß gegeben hätte, mich als "Empörer" sofort zu erschießen. Und dann wäre ich heute nicht hier, in dem schönen, freien Wartheland.


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aus dem Feldzug der 18 Tage