SucheScriptoriumBuchversandArchiv IndexSponsor


Volksdeutsche Soldaten unter Polens Fahnen. 
Tatsachenberichte von der anderen Front aus 
dem Feldzug der 18 Tage
[69]
Die polnische Mörderkugel verfehlte mich
Soldat Ludwig Henninger, Ostwehr-Warthegau

In vielen deutschen Häusern hört man heute noch klagen: "Er ist immer noch nicht zurück. Er muß also tot sein!"

Auf welche Weise viele deutsche Männer im polnischen Heere umgekommen sein mögen, lassen meine Erlebnisse ahnen.

Ich mußte mich schon am 24. August als Artillerist in Hohensalza stellen und mit mir zahlreiche Volksgenossen. Die Behandlung war in jeder Beziehung unwürdig. Eingekleidet wurden wir erst nach Ausbruch des Krieges, und zwar wegen der deutschen Fliegergefahr auf den umliegenden Gütern. Offiziere und Unteroffiziere hetzten die Soldaten so auf, daß wir Deutschen, obwohl wir im polnischen Rock steckten, dauernd angepöbelt und angerempelt wurden. Die schlechtesten Drillichsachen und Schuhe hatte man uns verpaßt. Und wehe, wenn ein Deutscher die empfangenen Stiefel oder Schuhe umtauschen wollte! Ob sie paßten oder nicht, er bekam keine anderen. Soweit es ging, tauschten wir Deutschen sie untereinander aus.

Am 4. September sollten wir Hohensalza mit einer Bagagekolonne von 40 Wagen verlassen. Es war bekanntgeworden, daß die Polizei aus Hohensalza und Umgebung volksdeutsche Zivilisten, Internierte, zusammengetrieben hatte. Daraufhin beschlossen einige polnische Heißsporne, den Deutschenhaß der Truppe aufzupeitschen, gingen hinter die Kaserne, schossen eine Weile in die Luft und erzählten dann, deutsche Zivilisten hätten sie beschossen. Dieser verbrecherische Schwindel erzielte die beabsichtigte Wirkung. Deutsche Zivilisten wurden mißhandelt, verfolgt und niedergeschossen.

Da ich mich in dem dünnen Drillichrock schon in den ersten Nächten stark erkältet hatte und Ruhranfälle bekam, war für mich nachher auf dem Rückmarsch der Anblick geschlagener Volksgenossen eine unbeschreibliche Tortur. Auf dem Wege [70] nach Płowce traf unsere Truppe einen Zug von 160-180 deutschen Internierten, die in Begleitung zahlreicher Wachmannschaften wie Schwerverbrecher getrieben wurden und blaugeschlagen, blutüberströmt, verschmutzt dahinwankten. Alles krampfte sich in mir zusammen, und mir wurde weh ums Herz. Ungefähr ab Chodecz mußte ich einen Leiterwagen fahren. Da mir nachts auf dem Bock erbärmlich kalt wurde, wollte ich einen Schal und eine Decke haben wie die Polen und Juden. Als der Bekleidungsverteiler, ein Jude, mir, dem "Szwab", dies hohnlachend ablehnte, beschwerte ich mich bei dem Major, einem älteren, vernünftig denkenden Mann, der mir auch, das muß ich gerecht anerkennen, zu meinem Rechte verhalf.

Als ich auf dem Rückzuge schon hinter Modlin war, stellte ich mit großer Sorge fest, daß der Leutnant Znaniecki, den ich zusammen mit seinem Burschen auf meinem Wagen fahren mußte, immer haßerfüllter und nervöser wurde. Kaum hatte ich dem Befehl eines höheren Offiziers, der sich auf die Fahrtrichtung bezog, Folge geleistet, als ich auch schon unvermutet einen Faustschlag meines Leutnants in den Nacken erhielt, daß mir die Sterne vor den Augen tanzten: "Du Schwab hast zu fahren, wie ich will." Trotzdem mußte ich bald wenden und so fahren, wie ich wollte, denn zwei zusammenfahrende Wagen versperrten die Straße. Wie nun der Leutnant, als Kolonnenführer, merkte, daß von seinen 40 Wagen nichts mehr zu sehen sei, geriet er in die größte Erregung. Ich mußte mit ihm in das von deutschen Granaten bestreute Nowydwór zurückfahren, nachdem er mir eine Weile mit der geladenen Waffe vor dem Kopf herumgefuchtelt hatte, weshalb, das war ihm selber wohl nicht klar. Ein polnischer Fahrer hätte nämlich seine Befehle überhaupt nicht befolgt. Jedenfalls bekamen wir die ganze Kolonne wieder zusammen. Zwar hörte ich am nächsten Tage, wie Leutnant Znaniecki zu anderen Offizieren bissig sagte: "Der cholerny szwab hat keine Angst, ausgerechnet der ist der beste Fahrer", aber als immer mehr deutsche Granaten auf unserem Wege einschlugen, steigerte sich die Wut auf uns Volksdeutsche derart, daß uns in jedem Augenblick schien, unsere letzte Stunde habe geschlagen. Wir sollten an allem schuld sein, Spionage treiben, den deutschen Zeichen geben, u. a. m.

[71] Wenn es nur das gewesen wäre! Aber mir knurrte der Magen. Drei Tage hatte ich kein Stück Brot im Munde gehabt. Die anderen klauten und bettelten sich schließlich noch was zusammen. Ich als Fahrer aber mußte ja doch bei den Pferden bleiben und, wenn ich mich entfernte, hatte ich das Empfinden, es könnte mich eine Kugel von hinten erwischen.

Es war Nacht, und ich schlief auf dem Bock erschöpft ein. Plötzlich schlugen Granaten ein und mein Leutnant rüttelte mich: "Fahren, fahren!" In der Stockfinsternis fuhr ich in einer Richtung, die Znaniecki nicht paßte, denn er brüllte: "Sabotage!" und legte auf mich an. Wäre ihm nicht der auch auf meinem Wagen sitzende Leutnant Wielich in den Arm gefallen, dann wäre ich heute auch "vermißt" oder "gefallen". Wir fuhren auf Nebenwegen. Regenschauer peitschten mir ins Gesicht. Beinahe hätte uns eine deutsche Patrouille geschnappt.

Den ganzen nächsten Tag fuhren wir ratlos hin und her, bis uns polnische Soldaten anriefen, sie würden von den Deutschen verfolgt, und wir sollten ja ausrücken. Es war schon wieder dunkel. Befehl: "Hin zu unserer Kolonne." Nun machte ich dem aufgeregten Leutnant wieder einmal nichts richtig. Der Kerl hatte keine Ahnung, wie man nachts fahren darf und wie nicht. Darum verfluchte er mich in der unsinnigsten Weise, schlug mir wieder mit der Faust ins Genick. "Cholerny szwab", brüllte er, "du sabotierst, ich schieße dich über den Haufen!" Und schon riß er das Schloß des Karabiners auf und lud.

Im gleichen Augenblick war ich aber auch schon vom Wagen gesprungen und rannte um mein Leben. Der Schuß ging dicht an mir vorbei. Bald nach dem ersten krachte auch der zweite. Zitternd lag ich im Walde, innerlich froh, dem wahnwitzigen Leutnant entkommen zu sein. Jetzt konnte er allein versuchen, in der Dunkelheit mit den halb verhungerten Kracken besser zu fahren. Einen Tag und eine Nacht irrte ich noch umher, ehe ich der SS.-Leibstandarte in die Arme lief und frei war.

Bei wieviel volksdeutschen Kameraden mag so ein Schuß nicht vorbeigegangen sein? Sie liegen irgendwo verscharrt, unerkannt, vermißt. Wir an der Grenze, wir wollen diese Kameraden nicht vergessen. Ihr Schicksal soll uns eine Lehre sein.


Seite zurückInhaltsübersichtSeite vor

Volksdeutsche Soldaten unter Polens Fahnen:
Tatsachenberichte von der anderen Front
aus dem Feldzug der 18 Tage