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Die Wehrmacht im Reichsgau

Von jeher ist Westpreußen ein Land besonderer soldatischer Tugenden gewesen. Von jeher war das Weichselland ein wehrhaftes Land. Angefangen von den Goten und Wikingern bis zur heutigen Zeit hat der Boden des Weichsellandes von seinen Bewohnern stets Wachsamkeit und Einsatzbereitschaft gefordert.

Die militärische Geschichte der Gauhauptstadt Danzig und die Wehrhaftigkeit ihrer Bewohner sind besonders bekannt. Große Befestigungsanlagen wurden schon im 14. Jahrhundert angelegt. Als das Ordensheer nach der Niederlage bei Tannenberg im Jahre 1410 sich in die Marienburg gerettet hatte, führte der Danziger Bürgermeister Konrad Letzkau dem Verteidiger Heinrich von Plauen Hunderte von Danziger Männern zu, die sich erfolgreich an der Verteidigung beteiligten. Danziger Soldaten- und Seemannsgeist hatte stets einen guten Namen. Gerade jetzt, im Endkampf mit England, ist der Danziger Seeheld Paul Beneke, dessen Namen eine schöne große Jugendherberge auf dem Bischofsberg trägt, ein besonderes Vorbild. Er besiegte als erster Deutscher die Engländer im Hansischen Kriege 1469–1474, nahm den Lord-Mayor von [92] London gefangen und brachte das berühmte Werk Memlings "Das Jüngste Gericht" als Beute heim.

Mit besonderem Stolz verzeichnet die Geschichte Danzigs, daß diese oft auf sich allein gestellte Stadt als deutscher Vorposten im Osten die Polen zurückschlug und zum Beispiel dem Polenkönig Stephan Bathory, der Danzig 1576 mit aller Macht belagerte, siegreich Widerstand leistete.

Die Spuren der gewaltigen Befestigungen der Ordensritter im ganzen Weichseltal sind Zeugen dieser wehrhaften Einstellung des Landes. Aber ebenso deutlich sprechen die Erinnerungen an Friedrich den Großen. Kasernen und Festungen, Speicher und Kadettenanstalten zeugen von dem Werk des großen Preußenkönigs, von seinem stolzen, unbeugsamen Geist. Als nach dem Niederbruch Preußens Napoleon bis in den deutschen Osten vorstieß und die Übergabe der von Friedrich dem Großen gegründeten Festung Graudenz forderte, antwortete der Verteidiger Courbière auf den Hinweis des Korsen, daß es ja doch keinen König von Preußen mehr gäbe: "Wenn es denn keinen König von Preußen mehr gibt, so gibt es doch noch einen König von Graudenz."

An den Befreiungskriegen waren westpreußische Regimenter hervorragend beteiligt. Danzig wurde u. a. Garnison der berühmten Leibhusaren. Immer hat das deutsche Heer an die Tradition des deutschen Ritterordens angeknüpft. Bis zum Weltkriegsende gab es das "Deutsche Ordensregiment" und die Feldartillerie-Regimenter "Groß-Komtur" und "Hochmeister". Als am 19. Mai 1940 in feierlicher Veranstaltung Generalgouverneur Reichsminister Dr. Frank die von den Polen auf der Krakauer Burg aufbewahrten Fahnen des deutschen Ritterordens in die Marienburg überführte und dem Gauleiter und Reichsstatthalter Albert Forster übergab, nahmen an dieser Veranstaltung Traditionsregimenter aus Westpreußen, Ostpreußen und der Ostmark teil. Wenn heute wieder den deutschen Soldaten als höchste Auszeichnung für tapferen Einsatz das Eiserne Kreuz verliehen wird, so knüpft auch dieses Symbol an das Zeichen des deutschen Ritterordens an.

Zahlreiche westpreußische Regimenter haben ihren Namen zu hohen Ehren gebracht. Viele deutsche Soldaten erinnern [93] sich an ihre Dienstzeit in Danzig und Bromberg, in Thorn, Dirschau und Dtsch.-Eylau. Der Weltkrieg hat das westpreußische Korps von den Schlachten bei Tannenberg und den Masurischen Seen bis zum Zusammenbruch überall in vorderster Linie gesehen.

Der bitterste Tag für die westpreußische Geschichte war es, als in Durchführung des Diktates von Versailles im Jahre 1920 die letzten westpreußischen Truppen ihre alten Garnisonen verlassen mußten. Die sogenannte "Freie Stadt Danzig" durfte überhaupt kein Militär mehr haben. Im Korridorgebiet machte sich die polnische Wehrmacht breit, während auf der Ostsee die polnische Kriegsflagge über angekauften oder übernommenen Zerstörern wehte.

Wie Deutschland wehrlos war, so blieb auch Danzig ohne Waffen, bis die NSDAP. durch die Einigung des Volkes die Voraussetzungen für die Befreiung und die Wehrhaftmachung schuf. Als die Stunde der Befreiung nahte, sammelten sich Danzigs wehrfähige Männer aus allen Verbänden und Gliederungen in der Brigade Eberhardt, und am 18. August 1939 verlieh Gauleiter Albert Forster der neuaufgestellten -Heimwehr Danzig eine Fahne, die im Rahmen der Waffen- später nicht nur die Zerschlagung Polens, sondern auch den Siegeszug in Belgien, Holland und Frankreich sah. "Wir haben dafür gesorgt, daß Danzig und seine Bevölkerung nicht mehr wehrlos sind", konnte damals der Gauleiter ausrufen. Und als die polnischen Übergriffe zum Gegenschlag zwangen, haben diese Danziger Truppen nicht nur die Polen vom Gaugebiet ferngehalten, sondern sich an ihrer Niederwerfung maßgebend beteiligt. Der damalige Militärbefehlshaber Danzig-Westpreußens, der jetzige Ritterkreuzträger General der Artillerie Heitz, sprach den Danziger Truppen in seinem Tagesbefehl vom 4. Oktober 1939 folgende Anerkennung aus:

"Der Kampf um Gdingen und Hela wird stets ein Ruhmesblatt in der Geschichte der pommerschen Landwehr und der Danziger Kampfverbände sein."

Sofort mit der Befreiung Danzigs und der Errichtung des Reichsgaues begann der militärische Neuaufbau im Befehlsbereich des Wehrkreises XX, dessen Grenzen sich mit denen des [94] Gaues decken. Mühevoll und schwierig war die Herrichtung der von den Polen verwahrlosten Kasernen. In aller Eile mußten neue Unterkünfte geschaffen werden. In die alten Garnisonen zogen die jungen Truppen des Großdeutschen Reiches ein. Überall im Reichsgau herrscht wieder reges militärisches Leben. Die Truppe packte bei der Aufbauarbeit kräftig mit an. An der Wiederherstellung zerstörter Brücken und der Herrichtung der Straßen war sie in vorderster Linie beteiligt. Beim Weichselhochwasser leistete sie kameradschaftliche Hilfe. In den Städten und Dörfern des Gaues sind alle Truppengattungen vertreten. Der deutsche Soldat gibt dem Straßenbild wieder sein Gepräge.

Denn nicht allein das Heer hat im Gau wieder eine Heimstätte gefunden. Westpreußen war schon vor dem Kriege Sitz von Fliegerverbänden. So ist es selbstverständlich, daß heute die deutsche Luftwaffe auch in das Weichselland eingezogen ist, nachdem ihr Motorgedröhn den gequälten Volksdeutschen des "Korridors" am 1. September 1939 die erste Nachricht der Befreiung brachte.

Besonders eng war der Gau stets mit der Kriegsmarine verbunden. Danzig war die Geburtsstätte der deutschen Kriegsmarine. An der Toten Weichsel lag der "Königliche Korvetten-Depotplatz", den die preußische Regierung 1844 von der Stadt Danzig erworben hatte. Unter Prinz Adalbert von Preußen begann dann in besonderem Maße der Aufbau der jungen preußischen Marine. In Danzig wurde das erste Dampfkriegsschiff Preußens, die Radkorvette "Danzig" erbaut, die sich 1858 im Kampf mit den Rifkabylen bei Tres Forcas Ruhm erwarb. Die Namen der Kaiserlichen Werft und der Schichau-Werft in Danzig-Elbing sind weltbekannt. Hier entstand U 9, hier wurde die "Emden" und das Schlachtschiff "Lützow" erbaut, das in der Skagerrakschlacht die Hauptlast des Kampfes trug.

Jetzt ist – ein gerechter Ausgleich der Weltgeschichte – der vom polnischen Saisonstaat mit geborgtem Geld angelegte und zur Vernichtung Danzigs bestimmte Hafen Gdingen als Gotenhafen ein neuer Stützpunkt der Kriegsmarine.

Das Weichselland hat stets auch hervorragende militärische Führer gehabt. Die Wehrpflicht, die seit den Tagen des [95] Ordens inneres Gesetz Westpreußens war und blieb, ließ soldatische Tugenden in besonderem Maße gedeihen. Von den großen Soldaten des Landes sollen vor allem zwei Namen nicht vergessen werden, die des ersten und des letzten Kommandierenden Generals des alten 17. preußischen Armeekorps, August von Lentze, des eigentlichen Organisators dieses Armeekorps, um dessen Gestalt sich ein Kranz von Anekdoten rankt, und Generalfeldmarschall von Mackensen, dessen Weltkriegstaten ihm höchsten Ruhm für alle Zeiten eingetragen haben.

Nach dem Kriege wird die Wehrmacht gerade auch als Bauherrin eine wesentliche Rolle spielen. Überall fehlt es noch an Unterkünften, die denen des Altreiches entsprechen. Als stolzester Bau aber wird auf dem Höhenzug zwischen Langfuhr und Oliva eine neue Heereskriegsschule errichtet, die wuchtig aus der Landschaft herauswachsen soll. Die edlen Formen dieses neuen Großbaues knüpfen bewußt an die alten Ordensburgen an. So schließt sich auch in soldatischer Beziehung der Ring aus einer großen Vergangenheit zu einer noch größeren Zukunft.







Der neue Reichsgau Danzig-Westpreußen.
Ein Arbeitsbericht vom Aufbauwerk im deutschen Osten.

Wolfgang Diewerge