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Sie alle bauten Deutschland.
Ein Geschichtsbuch für die Volksschule.


Vom Westfälischen Frieden
bis zum Ausscheiden Österreichs
aus dem Deutschen Reich (Teil 1)

Brandenburg-Preußen, die Keimzelle deutscher Einheit

Die ersten Hohenzollern in der Mark

Die Mark Brandenburg war unter den Askaniern groß geworden. Ein Reichsgesetz, die Goldene Bulle, hatte sie zum Kurfürstentum erhoben. Die Nachfolger der Askanier hatten sich nicht um die Mark gekümmert. Der Adel war mächtig geworden. Kämpfe zwischen Raubrittern und Städten hatten das Land verwüstet.

1415 erhielt Friedrich I. von Hohenzollern, Burggraf von Nürnberg, das Kurfürstentum als erbliches Lehen. Die Hohenzollern unterwarfen die Raubritter und die Städte (Berlin wurde Hauptstadt) und führten in ihrem Lande die Reformation ein. Sie vermieden es, ihr Land zu teilen und verstanden es, ihren Besitz ständig zu vergrößern. 1618 erbten sie Ostpreußen, allerdings noch als polnisches Lehen.

 
Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst (1640-1688)

Friedrich Wilhelms Regierungsantritt

Man schrieb das Jahr 1640. Im Königsberger Schlosse brannte noch bis spät in die Nacht hinein in einem Zimmer Licht. Dort saß der
Der Große Kurfürst
Der Große Kurfürst.
Kurfürst von Brandenburg, der zwanzigjährige Friedrich Wilhelm, der erst kürzlich den Thron bestiegen hatte. Vor ihm auf dem Arbeitstisch lag eine große Landkarte ausgebreitet, in der sein Land mit roten Strichen umrandet war.

Eine scharfe Falte grub sich in seine Stirn, die über den scharfen, hellen Augen und der kräftigen Nase kühn aufstieg, als er sein Reich betrachtete. Wie jämmerlich zerrissen war es! Hier in der Mitte lag sein Erbe: Brandenburg; weit im Osten Preußen, weit im Westen an der Weser Ravensburg; noch weiter am Rhein die Grafschaften Mark und Cleve. Lauter einzelne Gebiete! Erbittert lachte der junge Herrscher auf. Wenn ihm diese vier Länder wenigstens richtig gehört hätten! Aber Ostpreußen hatte er vom Polenkönig nur als Lehen erhalten, und in Cleve saßen immer noch die Holländer. Drüben in Pommern, das schon auf Grund eines alten Vertrages den Brandenburgern gehören sollte, hausten die Schweden und durchzogen sengend und plündernd Dorf und Stadt. Die Not im Lande war unbeschreiblich.

"Es hat Ihnen, Herr Vater, nichts genützt, daß Sie mit allen gut Freund sein wollten. Die Soldaten aller Nachbarstaaten sind dafür in unser Land eingefallen," dachte der Kurfürst, "zuviel Nachgeben ist Schwäche!"

Energisch schob er den Sessel zurück und trat an das Fenster. Am Himmel strahlten ruhig und hell die Sterne. Lange schaute der Herrscher sinnend in die klare Nacht, und in der Stille erwuchsen ihm die Pläne zur Rettung seines Landes. "Frieden brauche ich, Frieden und Soldaten, die mein Kurfürstentum beschützen; dann will ich es schon einig und stark machen. Ist aber erst mein Brandenburg stark, kann ich auch dem armen Deutschland besser helfen, in dem seit über 20 Jahren der Krieg tobt." Mit festem Schritt trat er an die Karte zurück. Schon morgen sollte ein Bote zu den Schweden reiten und mit ihnen einen Waffenstillstand abschließen.

 
Das stehende Heer

Im Gasthaus "Zum goldenen Lamm" hatte der brandenburgische Werber sein Quartier aufgeschlagen. In der niedrigen Wirtsstube saßen oder standen die märkischen Bauernsöhne, derbe, vierschrötige Burschen, und der Lammwirt hatte alle Hände voll zu tun.

Der Werber, ein Korporal, dem die schmucke Uniform gut zu Gesicht stand, strich seinen Schnauzbart glatt und begann: "Unser Allergnädigster Kurfürst hat bald nach seinem Regierungsantritt alle Offiziere und Mannschaften, die ihm den Treueid nicht leisten wollten, fortgeschickt. Er will allein in seinem Lande zu sagen haben. Nun sucht er neue tüchtige Soldaten, auf die er sich verlassen kann. Da hat er auch an seine kurmärkischen Bauern gedacht. Kommt zu ihm, Burschen, und tretet in sein Heer ein! Was habt ihr hier schon bei Muttern? Alle Tage Wassersuppe und mageren Hirsebrei! Das ist nichts für einen ordentlichen Kerl. Bei unserem Allergnädigsten Landesherrn kriegt ihr satt zu essen; ihr tragt eine feine Uniform; ihr erwerbt im Kriege unsterblichen Ruhm, und auch das Handgeld und die Löhnung sind reichlich." Dabei klimperte er mit einigen Golddukaten in der Hosentasche, und der Klang drang den lauschenden Bauernsöhnen lieblich in die Ohren.

"Gegen wen sollen wir kämpfen?" fragte eine helle Stimme. "Oho, Feinde gibt es genug. Der Kurfürst will die Schweden aus dem Lande jagen, und auch mit dem Polenkönig wird es noch einmal wegen Ostpreußen Streit geben. Aber jetzt hört genau zu, ihr Burschen. Wenn der Krieg zu Ende ist, will euch der Kurfürst nicht wieder entlassen, wie es bisher Sitte war. Nein, er wird euch auch in Friedenszeiten als stehendes Heer in den Kasernen behalten, damit unser Brandenburg immer einen Schutz hat. Denn jedes Land ist verloren, das sich nicht zu jeder Stunde selbst helfen kann. Kein Feind wird dann unser Gebiet zu überfallen wagen. Darum laßt euch anwerben. Es ist euer Glück."

Ein erregtes Stimmengewirr brach los. Auch in Friedenszeiten Soldat sein? Das war etwas ganz Neues und mußte gründlich überlegt werden. Der eine Bauer war dafür, der andere dagegen. Da wurde die Tür aufgerissen, und ein schmuckes Bauernmädchen trat ein. Suchend glitten seine Blicke umher, dann stieß das Mädchen einige Männer beiseite und fiel einem langen Burschen um den Hals. Weinend und jammernd flehte sie: "Geh nicht zu den Soldaten, Stoffel; sie werden dich Spießruten laufen lassen und dich krumm und lahm schlagen." Sie bettelte so lange, bis der junge Mensch mit ihr die Wirtsstube verließ. Der Werber fluchte und wetterte: "So ein schlapper Lümmel! Hat eine Weiberschürze lieber als den Soldatenrock!" Aber er konnte es nicht hindern, daß noch einige andere Männer verstohlen davonschlichen. Vor den harten Strafen hatten sie Angst.

Von neuem begann der Korporal alle Vorzüge des Soldatenlebens zu preisen, und wirklich, am Abend hatten sich zehn kräftige Kerle als Rekruten anwerben lassen.

In den Garnisonen trafen aber nicht nur junge Männer aus dem Kurfürstentum Brandenburg, sondern aus allen Teilen des Reiches ein: Bayern, Sachsen, Hessen, Friesen; sogar aus der Schweiz und Holland schleppten die Werber die Rekruten heran. Es war eine bunt zusammengewürfelte Schar.

Schlacht von Fehrbellin
Der Große Kurfürst in der Schlacht von Fehrbellin.
Unermüdlich mußten die Soldaten exerzieren und wurden ein vortreffliches Heer. Ihren Mut bekamen besonders die Schweden zu spüren, als sie 1675 wieder einmal raubend in die Mark einfielen. Da zeigten die brandenburgischen Soldaten, daß sie zu kämpfen verstanden. In Eilmärschen rückten sie heran, durch Sumpf und Rohr. Der Kurfürst selbst führte sie an. Bei Fehrbellin wurden die Schweden so gründlich geschlagen, daß sie sich nicht mehr ins Land trauten. Damit war nicht nur des Kurfürsten Land, sondern ganz Deutschland von einem furchtbaren Feinde befreit.

Der Polenkönig mußte dem Kurfürsten Ostpreußen ganz überlassen, nachdem ihn das brandenburgische Heer bei Warschau besiegt hatte.

Friedrich Wilhelms Plan, ein stehendes Heer zu schaffen, hatte sich glänzend bewährt. Die Kosten für den Unterhalt der Soldaten brachten die Stände auf: der Adel, die Bürger und die Geistlichen, die der Kurfürst allmählich dazu zwang. Bei seinem Tode zählte das stehende Heer 28.000 Mann.

 
Friedrich Wilhelms Sorge für Landwirtschaft, Gewerbe und Handel

In das durch den Krieg entvölkerte Land rief der Kurfürst Bauern aus dem ganzen Reich. Er ließ die verwüsteten Dörfer aufbauen und Landwirtschaften nach holländischem Muster anlegen. Oranienburg bei Berlin wurde Musterwirtschaft. Der Bauer mußte vor seiner Heirat sechs Obstbäume veredelt und sechs Eichbäume gepflanzt haben.

Zur Förderung von Handel und Verkehr baute er Fabriken (Papiermühlen, Tuchwebereien) und legte den Oder-Spree-Kanal an. Eine Schnellpost wurde von ihm eingerichtet, die vom Rhein bis Memel fuhr.

Die Hugenotten wurden aus Frankreich wegen ihres protestantischen Glaubens vertrieben. Der Kurfürst nahm sie in seinem Lande auf und siedelte sie hauptsächlich in und bei Berlin an. Sie waren im Gartenbau sehr geschickt und förderten als erfahrene Fachleute auch die Seiden- und Samtindustrie.

Die Niederlande, England und Frankreich eroberten in dieser Zeit weitere Ländereien in fremden Erdteilen. Der Große Kurfürst erkannte die große Bedeutung von Kolonien. Durch einen Niederländer ließ er eine Kriegsflotte bauen und erwarb eine Kolonie in Westafrika (Großfriedrichsburg).

 
Friedrich Wilhelms Kampf gegen die Stände

Die Sonne lachte in die behagliche Wohnstube des Bürgermeisters Roth zu Königsberg. Sie guckte durch blütenweiße Vorhänge, malte einen breiten, goldenen Streifen auf die weißgescheuerten Dielen, hüpfte über die glänzenden Zinnteller, die Krüge und Leuchter, die an den breiten Wandbrettern hingen, und ließ das dunkle Holz der schweren Eichenschränke und Truhen heller erscheinen. Alle Gegenstände im Raum verrieten Reichtum, und es wäre dort recht gemütlich gewesen, wenn die beiden Menschen darin frohere Gesichter gemacht hätten.

Aber der Hausherr blickte ingrimmig auf den Marktplatz hinaus, und seine Frau schluchzte leise in ein Tüchlein. "Ich sage Ihnen, mein Gemahl, es gibt noch einmal ein Unglück, wenn die ostpreußischen Stände immer weiter gegen den Kurfürsten arbeiten und ihm wie bisher die Steuern verweigern", wagte sie nach langem Schweigen zu sagen.

Mit einem Ruck fuhr der Bürgermeister herum: "Papperlapapp! Dummes Weibergeschwätz! Hast du alle Vorrechte vergessen, die unser Adel, die geistlichen Herren und wir Bürger den früheren Landesherren abgetrotzt haben? Wenn unser Kurfürst Geld braucht hat er uns erst höflich darum zu bitten, und wir entscheiden, wieviel er bekommen soll. So hielten es die Väter, so wollen wir es auch halten."

"Aber Friedrich Wilhelm scheint mächtiger zu sein als seine Vorgänger. Ich flehe Sie an, geben Sie nach!" Die Bürgermeistersfrau ließ sich durch die zornige Stimme ihres Gatten nicht beirren und redete eindringlich weiter: "Wofür will er denn das Geld haben? Doch nur für Soldaten, die das Land beschützen sollen." - "Das Land! Ha, ha, ha!" Roth brach in ein Hohngelächter aus. "Was kümmert mich sein Cleve dahinten am Rhein?! Oder soll ich mich darum sorgen, ob es den Ravensbergern gut oder schlecht geht? Mich geht nur unser Ostpreußen an, sonst nichts. Schließlich kommt der Fürst noch her und macht es bei uns wie in seinem Brandenburg. Da wird jede Kuh besteuert, jede Tonne Salz, jeder einzelne Scheffel Weizen. Diese Verbrauchersteuer, Akzise nennt er sie, fehlt uns gerade noch. Nein, nein, tausendmal nein, wir Stände bewilligen das Geld nicht."

Die Bürgermeisterin senkte den Kopf; sie fand des Kurfürsten Pläne vernünftig. Wenn die Feinde ins Land einfielen und das Vieh abschlachteten, wenn sie die Frauen wegschleppten und den Männern den schrecklichen Schwedentrunk eingossen, wenn sie den roten Hahn auf die Dächer setzten, so war das alles viel, viel schlimmer. Aber sie schwieg, um den Mann nicht unnötig zu reizen.

"Mit uns Bürgern gehen geschlossen Adel und Geistlichkeit," fuhr der Königsberger Bürgermeister fort, "doch daß der Herr von Kalkstein mit dem Polenkönig verhandelt, Frau, das finde ich, ehrlich gesagt, ja auch nicht recht. Die polnische Herrschaft war nicht gut für unser Land. Womöglich hält uns der Kurfürst für Landesverräter." Das befürchtete er schon lange. Er seufzte schwer.

"Nun, wir wollen uns nicht streiten, Weib. Ich habe die Ratsherren zusammengerufen. Wir werden doch sehen, wer stärker ist." Er griff nach dem schweren Tuchmantel und wollte gerade das Barett aufsetzen, da brauste über den Markt eine Schwadron Reiter, brandenburgische Soldaten. Vor dem Bürgermeisterhaus hielten sie an. Die Ehegatten, die hinausgeschaut hatten, erbleichten; die Frau stieß einen Schreckensschrei aus.

Schwere Schritte polterten auf der Treppe. Die Tür öffnete sich nach kurzem Klopfen, und ein baumlanger Offizier trat herein, sechs Reiter folgten.

"Sind Sie der Bürgermeister Roth?" - "Jawohl, der bin ich." Unerschrocken trat der Mann vor. "Sie sind auf Befehl des Kurfürsten verhaftet, wegen Hochverrates. Sie kommen sofort mit!" Roth zuckte zusammen; aber gefaßt reichte er seiner Frau die Hand. Sie weinte bitterlich und wußte, daß seine Sache verloren war.

Einige Zeit später erfuhr die Bürgermeisterin, daß der Kurfürst den Herrn von Kalkstein hatte verhaften und hinrichten lassen. Furchtbare Angst erfüllte ihr Herz.

Da aber der Schöppenmeister Hieronymus Roth sonst ein ehrenwerter Mann war, verurteilte der Fürst ihn nur zu längerer Haft. Die ostpreußischen Landstände bekamen einen gewaltigen Schrecken und brachten fortan willig die notwendigen Gelder auf.

So brach der Kurfürst Friedrich Wilhelm ihren Trotz und setzte das Wohl seines Landes höher als das Wohl des einzelnen. Während der Kaiser sich um Deutschland wenig kümmerte, vergaß Friedrich Wilhelm niemals das geliebte deutsche Vaterland. Seine Zeitgenossen nannten ihn den "Großen Kurfürsten".

 
Die Angriffe der Franzosen auf das Deutsche Reich

Der Kampf des Großen Kurfürsten gegen Ludwig XIV. und die Schweden

Ludwig XIV. von Frankreich wollte deutscher Kaiser werden, dadurch Deutschland mit Frankreich vereinen und so das Reich Karls des Großen wieder aufrichten. Die deutschen Fürsten aber wählten ihn nicht. Nun versuchte er, Teile des Reiches mit Gewalt zu erwerben. Er fiel in die Niederlande ein und bedrohte deutsche Gebiete am Rhein.

Der Große Kurfürst stellte sich ihm im Bunde mit dem Kaiser entgegen. Frankreich hetzte die Schweden auf, in Brandenburg einzufallen. Der Große Kurfürst schlug sie bei Fehrbellin 1675 und eroberte Vorpommern. Im Winter 1678/79 vertrieb er sie aus Ostpreußen. Er wurde jedoch vom Kaiser im Stich gelassen und mußte unter dem Druck Frankreichs alle Eroberungen zurückgeben. Nun beteiligte er sich nicht mehr am Kampf gegen die Franzosen.

 
Frankreich raubt Gebiete in Lothringen und im Elsaß

Ludwig XIV. setzte Männer ein, die feststellen sollten, welche Dörfer und Städte einmal zu den Bistümern Metz, Toul und Wirten gehört hatten (Wiedervereinigungskammern). Diese Orte verlangte er für Frankreich. 1681 raubte er mitten im Frieden die alte deutsche Stadt Straßburg.

Er wollte auch die Pfalz erobern. Seine Truppen fielen in das Land ein, brannten Dörfer und Städte nieder und verwüsteten es furchtbar. Die Kaisergräber in Speyer wurden geschändet und das Schloß in Heidelberg eingeäschert.

Deutschland, England und einige kleinere Staaten vereinigten sich zum Kampf gegen Ludwig XIV. England eroberte während dieser Zeit Gibraltar und weite Gebiete in Amerika. Es fürchtete, der deutsche Kaiser könnte auf dem Festland Europas zu mächtig werden und trat vom Bündnis zurück. Nun mußte Frieden geschlossen werden. Frankreich behielt Straßburg.

 
Die Türkenkriege

Während ihres Kampfes gegen das Deutsche Reich veranlaßten die Franzosen auch die Türken, zu gleicher Zeit Deutschland von Südosten her anzugreifen. Die Türken drangen 1683 bis Wien vor und belagerten es. Truppen aller deutschen Länder befreiten Wien und retteten damit Deutschland vor der Unterwerfung unter ein fremdrassisches Volk.

Der Kaiser schloß mit Ludwig XIV. einen Waffenstillstand und wendete sich später erneut gegen die Türken. Führer des kaiserlichen Heeres, in dem die Soldaten der meisten deutschen Fürsten kämpften, wurde Prinz Eugen von Savoyen.

 
Prinz Eugen

Seine Heimat war Frankreich. Als junger Prinz hatte er einst in das französische Heer eintreten wollen, war aber von Ludwig XIV. höhnisch abgewiesen worden. Priester solle er werden, hatte der stolze
Prinz Eugen
Herrscher der Franzosen zu ihm gesagt. Darüber aufs tiefste gekränkt, verließ er sein Vaterland und bat den deutschen Kaiser um Aufnahme in seine Armee.

Kaiser Leopold erfüllte die Bitte des Prinzen. Der junge Edelmann durfte sofort in das Heer seines Vetters, des Prinzen Ludwig von Baden, als Freiwilliger eintreten. Er erlebte 1683 die Belagerung Wiens durch die Türken mit. Als Reiteroffizier war er mit dabei, als Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg, der Verteidiger Wiens, die Türken endlich zurückjagte. Für seine Tapferkeit und Umsicht wurde der Savoyer zum Obersten eines Dragonerregimentes ernannt. Mit 30 Jahren war er Feldmarschall. Als 1697 die Türken wieder tief nach Ungarn eindrangen, übertrug der Kaiser dem Prinzen den Oberbefehl über sein ganzes Heer. Durch blitzartiges Zugreifen vernichtete Eugen bei Zenta (an der Theiß) das türkische Heer. Der Sultan mußte sich zum Frieden bequemen. Im Spanischen Erbfolgekriege zeigte sich der "kleine Kapuziner", wie ihn die Soldaten wegen seines schlichten Rockes nannten, als der größte Feldherr seiner Zeit. Ob er in Italien, Frankreich, in den Alpen, den Niederlanden oder an der Donau stritt, immer heftete er den Sieg an seine Fahnen. Hart traf sein Schwert den französischen Übermut. Der Sonnenkönig mag oft bereut haben, daß er dieses Feldherrngenie von sich gestoßen hatte.

 
Die Eroberung von Belgrad (1717)

Die österreichische Armee lagert vor Belgrad. Zelt steht an Zelt. Neben den angepflockten Pferden ruhen die Reiter auf der Erde und vertreiben sich an den flackernden Lagerfeuern die Zeit. In einem gewaltigen Siegeslauf hat ihr Feldherr, Prinz Eugen, das Heer der Ungläubigen aus Österreich und Ungarn vertrieben. Nun will er den Türken auch Belgrad entreißen.

In das Zelt des Generalfeldmarschalls, vor dem stolz das kaiserliche Banner im Winde flattert, führt ein Soldat einen zerlumpten Kerl. Es ist ein Spion, den Prinz Eugen ausgesandt hat. "Der Großwesir hat fast 300.000 Krieger, darunter viel Reiterei, zusammengezogen," meldet er noch ganz erschöpft, "mit denen er der Besatzung von Belgrad zu Hilfe eilt."

"Dann muß noch diese Nacht der Sturm auf die Stadt erfolgen," wendet sich Eugen an seine Generale; "wir wollen die Türken in der Nacht überrumpeln." Durch das ganze Lager läuft der Befehl. Die Soldaten können den letzten Kampf gegen die Mohammedaner kaum erwarten.

Die Nacht senkt sich über das Land. In den Schanzen stehen die Kanoniere neben ihren Kartaunen mit der glimmenden Lunte in der Hand. Die Reiter sitzen bewegungslos auf ihren Pferden. Das Fußvolk steht sturmbereit.

Punkt Mitternacht gellen die Signalhörner. Die Kanonen brüllen auf. Die Reiter brausen wie der Sturmwind vorwärts, und an der Spitze des Fußvolkes stürmt der greise Feldmarschall mit gezogenem Degen gegen das türkische Heer. Doch die Muselmanen haben nicht geschlafen. Der Großwesir schickt alle seine Krieger in den Kampf. Die wilde Janitscharenmusik feuert die Asiaten an. Ihre krummen Säbel blitzen im Mondlicht, und ein Pfeilhagel überschüttet die Angreifer.

Aber die Deutschen bleiben Sieger. Prinz Eugen, der edle Ritter, hat die Türken so gründlich geschlagen, daß sie niemals wieder das Abendland bedrohen.


In die fast entvölkerten Gebiete an der Donau und Theiß wurden deutsche Bauern aus dem ganzen Reiche gerufen. Sie besiedelten das ganze Land und legten deutsche Dörfer und Städte an. Ihre Nachkommen leben noch heute dort. Sie heißen Banater Schwaben.

 
Preußen wird Königreich

Der Nachfolger des Großen Kurfürsten, Friedrich I., erhob 1701 sein mächtig gewordenes Kurfürstentum zum Königreich und nannte sich "König in Preußen". Seine Hauptstadt Berlin ließ er von dem Baumeister Andreas Schlüter durch prachtvolle Bauten verschönen. (Schloß, Zeughaus.) Er war ein prunkliebender Mann, umgab sich mit einem glänzenden Hofstaat und stürzte sein Land dadurch in hohe Schulden.



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