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Nr. 33:

Aufzeichnung des Britischen Generalstabs über die Frage etwaiger Luftbombardierungen in der ersten Phase eines Krieges, bei dem Deutschland im Westen defensiv bleibt und im Osten angreift1
(Auszug)

... Es ist die Absicht Seiner Majestät Regierung, in der nahen Zukunft den britischen Befehlshabern Instruktionen über die Art der Durchführung von Bombardierungen zu Beginn eines Krieges, und zwar sowohl aus der Luft wie von See aus, zu geben, die einen noch einschränkenderen Charakter haben, als durch eine vernünftige Auslegung der mit Frankreich vereinbarten Politik oder der hierüber bestehenden Völkerrechtsregeln erfordert wird. Seiner Majestät Regierung hält es für lebenswichtig, daß kein verbündeter Befehlshaber eine Handlung irgendwelcher Art unternehmen soll, die uns möglicherweise einem berechtigten Vorwurf uneingeschränkter Bombardierungen aussetzen kann, ohne daß ausdrückliche Befehle von London gegeben sind. Es ist beabsichtigt, dem französischen Generalstab bald eine Abschrift dieser Befehle zu übermitteln, wobei die Hoffnung besteht, daß der französische Generalstab die Möglichkeit findet, seinen Befehlshabern gleichartige Instruktionen zukommen zu lassen.

Trotzdem kann man sich gewisse besondere Umstände denken, in denen wir gezwungen sein könnten, von dieser allgemeinen Linie abzuweichen. Die britischen Stäbe denken hierbei an den Fall, daß die Deutschen ihre Hauptoffensive zu Lande und in der Luft gegen Polen oder Rumänien richten, im Westen aber völlig defensiv bleiben. Sollte dieser Fall eintreten, so könnte es schwierig sein, eine Untätigkeit in der Luft gegenüber Deutschland zu rechtfertigen, während Polen überrannt wird, obgleich die Alternative, gegen gewisse Ziele vorzugehen, die nicht als "rein militärisch im engsten Sinne des Wortes" bezeichnet werden können, zu unterschiedslosen deutschen Luftangriffen führen könnte.



Aktionsmöglichkeiten für die französisch-britischen Luftstreitkräfte, um den Druck auf Polen bei Kriegsbeginn zu erleichtern, wobei angenommen wird, daß Deutschland im Osten angreift und im Westen defensiv bleibt

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9. Es gibt im großen ganzen vier verschiedene Aktionsmöglichkeiten, unter denen eine Wahl getroffen werden muß. Sie sind weiter unten kurz dargelegt. Es wird in jedem Falle angenommen, daß eine volle nationale Mobilisierung erfolgt ist oder sich im Gange befindet und daß wir sofort zur See alle Maßnahmen wirtschaftlichen Druckes einschließlich der Unterbrechung alles deut- [64] schen Handels auf dem Seewege und der Wegnahme aller deutschen Schiffe auf See in Kraft setzen. Eine Erwägung, die die Wahl einer dieser Aktionsmöglichkeiten beeinflussen muß, besteht darin, daß das endgültige Schicksal Polens von dem endgültigen Ergebnis des Krieges und dieses Ergebnis wiederum von der Fähigkeit der Alliierten abhängen wird, die schließliche Niederlage Deutschlands herbeizuführen, nicht aber von unserer Fähigkeit, bei Beginn des Krieges den Druck auf Polen zu erleichtern.

10. a) Alle notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen zu Lande und in der Luft zu treffen, einschließlich der Entsendung der British Advanced Air Striking Force und der 1. Abteilung der Field Force nach Frankreich - aber keine offensive Aktion in der Luft einzuleiten, mit Ausnahme von Aktionen gegen Kriegsschiffe auf See.

      b) Luftaktionen gegen rein "militärische" Ziele im engsten Sinne des Wortes einzuleiten - d. h. die deutsche Flotte und ihre Basen, Einheiten und Einrichtungen der Luftstreitkräfte und die deutsche Armee an der Westfront.

      c) Unsere Luftaktion so weit auszudehnen, daß sie Ziele einschließt, welche zwar rein militärischen Einrichtungen so nahe wie möglich verwandt sind, aber eine stärkere Wirkung haben hinsichtlich einer Herabsetzung der Fähigkeit des Feindes, den Krieg fortzusetzen. In dieser Gruppe scheinen die brauchbarsten Ziele Bestände von Benzin und Fabriken für die Herstellung von synthetischem Benzin zu sein.

      d) Von vornherein "die Handschuhe auszuziehen" und die Ziele anzugreifen, die am besten geeignet sind, die feindlichen Kriegsbemühungen herabzusetzen, ohne Rücksicht darauf, ob eine solche Aktion schwere Verluste unter der feindlichen Zivilbevölkerung hervorrufen wird oder nicht.

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1Diese Aufzeichnung wurde von dem Sekretär der britischen Delegation für die britisch-französischen Generalstabsbesprechungen, Cornwall-Jones, dem Französischen Militärattaché in London, General Lelong, mit Begleitschreiben vom 14. August 1939 übersandt. ...zurück...

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Dokumente über die Alleinschuld Englands
am Bombenkrieg gegen die Zivilbevölkerung

Hg. vom Auswärtigen Amt