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Bd. 10: Das Deutsche Reich
und die Vorgeschichte des Weltkrieges, Zweiter Teil


Hermann Oncken, ord. Professor an der Universität Berlin

Kapitel 1: Das Deutsche Reich
unter Kaiser Wilhelm II. (1890 - 1909)
  (Forts.)

[548] 4. Die deutschen Gegenstöße gegen die englisch-französische Verbindung
(1904 - 1907).

Eine neue Konstellation beherrschte seit den ersten Monaten des Jahres 1904 die Welt: der Ausbruch des russisch-japanischen Krieges und der Abschluß des englisch-französischen Abkommens. Die Kombination dieser beiden Vorgänge samt den von ihnen ausgelösten Rückwirkungen ließ eine Reihe politischer Probleme von höchster Tragweite aufsteigen: denn daß aus dem Kriege, welchen Verlauf er immer nehmen würde, eine neue und endgültige Gruppierung der Staatengesellschaft aufsteigen würde, konnte keinem Weiterblickenden verborgen bleiben. Nur eine Vorfrage war, ob es gelingen würde, die Verbündeten der Russen und Japaner, Frankreich und England, vermöge ihrer Verständigung untereinander der Gefahr zu entziehen, an dem Kriege der anderen beteiligt zu werden. Aber darüber hinaus drängten sich erst die eigentlichen Fragen auf. Würde das russisch-französische Bündnis, das auf dem ostasiatischen Kriegsschauplatze nicht zur Anwendung kam, diese Prüfung seiner inneren Haltbarkeit überstehen oder einer Umbildung unterzogen werden: sei es, daß das Bündnis sich zu einem Kontinentalbunde nach der deutschen Seite erweiterte, sei es, daß es sich mit der englisch-französischen Entente zu einer Kombination mit dem Drehpunkt in Paris zusammenfaßte? Damit war schon gesagt, daß es sich für die Politik des Deutschen Reiches um eine Lebensfrage handelte. Wenn die amtlichen Kreise in London und Paris sich damals von der Absicht einer Isolierung der deutschen Politik noch fern hielten, so bekannte doch ihre Presse sich bereits herausfordernd zu dem, was die Sprache der Regierungen vorsichtig unterdrückte. Als aber der Kaiser nach Beginn des Krieges in seinen Reden einen ernsteren Ton anschlug,1 legte eines der führenden antideutschen Blätter, der Spectator, seine Worte als Folge der Isolierung Deutschlands aus: der Kaiser suche nur durch laute und leidenschaftliche Worte diese Tatsache zu verbergen, damit man nicht bemerke, "einen wie tiefen Fall in der Weltstellung es in den letzten Jahren getan habe".2 [549] Und allerdings war die große Frage, ob die englisch-deutsche Rivalität durch den Verlauf des ostasiatischen Krieges sich nicht noch weiter verschärfen und die von ihr ausgelöste Isolierungstendenz zur vollen Entfaltung bringen würde. So mußte sich für die deutsche Politik aus der Verwicklung, deren Dauer noch niemand absehen konnte, aller Wahrscheinlichkeit nach die letzte Entscheidung der Probleme ergeben, die seit der Wende des Jahrhunderts auf ihr lasteten. Es waren ebenso viele Aussichten wie Gefahren - sie ließen sich nicht prophezeien, wie denn der Verlauf des russisch-japanischen Krieges eine große Unbekannte war, die keine Partei in Rechnung zu stellen vermochte. Nur daß die Machtstellung und Sicherheit des Deutschen Reiches mit dieser Entscheidung verflochten war, drängt sich dem Rückblickenden heute auf das eindrucksvollste auf.

Kaiser Wilhelm II. hatte in den letzten Jahren, entsprechend der vollzogenen Abwendung Englands, die Verbindung mit dem Zaren wieder fester geknüpft und war dabei auf ein wachsendes Entgegenkommen auf der anderen Seite gestoßen.3 Der Briefwechsel zwischen Kaiser Wilhelm II. und Nikolaus II. entfaltete niemals eine solche Lebhaftigkeit und Vertraulichkeit wie in den nächsten Jahren;4 während der Kaiser durchweg in vollem Einverständnis mit dem Auswärtigen Amte handelte, war es jetzt zuweilen der Zar, der über die Intentionen seiner Ratgeber hinweg die enge Fühlung mit dem Kaiser pflegte. Nach dem Ausbruch des Krieges gab es für den Kaiser keine Wahl: innerlich hatte er von vornherein Partei genommen. Die Solidarität der Monarchien auf der einen, die gelbe Gefahr auf der anderen Seite entschieden über seine Stimmung. Er war ganz zu den Vorstellungen von 1895/96 zurückgekehrt5 und meinte, der Endkampf der gelben und weißen Rasse, ja, des Buddhismus und des Christentums ziehe herauf; eben daher sei es eigenstes deutsches Interesse, daß alle Sympathien auf Rußland Seite ständen. Er konnte sich zu der Vorstellung steigern: "Ich weiß genau, daß wir einst mit Japan auf Tod und Leben werden fechten müssen".6 Auch die amtliche Politik des Auswärtigen Amtes, wenn sie gleich diese temperamentvolle Parteinahme nach Kräften realpolitisch verdünnte, verfolgte die Linie der wohlwollenden Haltung gegen Rußland. Es kam hinzu, daß der Kaiser und die militärischen Kreise Berlins fest an die Überlegenheit der russischen Waffen glaubten - in einem Siege Rußlands über Japan vermeinten sie die eigentliche Chance der deutschen Außenpolitik zu erkennen.

[550] Aus voller Überzeugung hatte ein Brief Wilhelms II. an Nikolaus II. vom 6. Juni ausgesprochen: der Zar könne auf ihn rechnen wie auf einen Freund. Auch für den Zaren gab es, so vernahm man jetzt aus Petersburg, nur noch eine Autorität: den deutschen Kaiser. Auf beiden Seiten sah man nunmehr den Weg zu dem Kontinentalbündnis, das sowohl der Kaiser als auch russische Staatsmänner wie Witte ernstlich betrieben, weiter geöffnet als bisher: in der Mächtelage, die sich während des Krieges herausstellte, besaß es jedenfalls eine bessere Aussicht auf Verwirklichung als jemals früher. Wilhelm hatte schon im März 1904 den Russen deutlich nahegelegt, daß sie sein Entgegenkommen mit Wiederaufnahme der Handelsvertragsverhandlungen erwidern möchten.7 Als Minister Witte bei dem Reichskanzler Fürsten Bülow zu diesem Zwecke im Juli 1904 in Norderney eintraf, bekannte auch er sich zu der Überzeugung, daß ein intimes Verhältnis zwischen Deutschland und Rußland die einzig richtige Politik sei: "Il faut revenir aux temps de Nicolas I. et Alexandre II. et oublier les malentendus de la fin du siècle dernier."8 Die Tonart hatte man in Petersburg, wenn die Zeitläufte es verlangten, immer gern angeschlagen - aber war nicht zu erwarten, daß der wenig glücklich einsetzende Verlauf des Feldzuges diese Stimmung noch weiter vertiefen würde? Diesem neuen Vertrauensverhältnis entsprach die mit der Zeit ansteigende Entblößung der russischen Westgrenze von Soldaten. Schon am 19./20. April stellte Graf Schlieffen fest, daß Rußland zwar noch keine Truppenverbände abgezogen, aber doch alle Truppenverbände an der Grenze geschwächt hätte. Das ging nicht nur das Verhältnis zwischen Rußland und Deutschland, sondern auch das Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland an. Graf Schlieffen zog damals schon die theoretische Schlußfolgerung: "Wenn die Notwendigkeit eines Krieges mit Frankreich sich für uns ergeben sollte, so wäre der gegenwärtige Augenblick wohl zweifellos günstig." In Paris hatte man schon von Anfang an die Politik Delcassés kritisiert, die Frankreich in eine schwierige Situation bringe; als die russischen Niederlagen des Sommers folgten, fuhr zwar die Presse fort, sich für Rußland einzusetzen, aber die Meinungen in der Gesellschaft schlugen bedenklich um, und die Schwarzseher sahen schon ein für zehn oder zwanzig Jahre gelähmtes Rußland vor sich. Dieser Zustand vertiefte sich mehr und mehr. Im September 1904 waren schon sämtliche fünf Schützendivisionen, die unter Alexander III. lediglich für Einfälle in Ostpreußen an die Grenze verteilt waren, nach Ostasien abgezogen. Der Kaiser selbst stand unter dem tiefen Eindruck: "Das ist ein Ereignis, welches der alte Moltke - der die Formation dieser Truppenteile erlebte, - und der alte Bismarck mit Sehnen und Hoffen sich herbeiwünschten und ich zu erleben schon aufgegeben [551] hatte."9 Die militärische Zweifrontensituation, wie sie seit 1891/92 auf dem deutschen Reichskörper lastete, begann allmählich ihre Gefahren zu verringern. Im Sommer 1905 schien diese Sorge für längere Zeit völlig beseitigt.

Das war die eine Seite der Medaille, die nächste Augenblickswirkung. Aber schon einige Wochen bevor der Kaiser, nach der Schlacht bei Liau Yang, die Erleichterung an der Ostgrenze feststellte, kam der deutsche Botschafter in Petersburg zu dem Ergebnis, daß die Siege der Japaner der Todesstoß für Rußlands ostasiatische Position seien und daß das russische Expansionsbedürfnis gezwungen sein würde, sich wieder den Fragen des mittleren und nahen Orients zuzuwenden: alles spreche dafür, daß Rußland die im fernen Osten erlittenen Niederlagen hier auszugleichen versuchen werde.10 Gewiß konnte eine solche Rückbiegung einen russisch-englischen Gegensatz an anderer Stelle wieder aufwecken; aber es war auch möglich, daß die in Asien enttäuschten russischen Machtinstinkte sich zu der ihnen einst so vertrauten Welt des Balkans zurückwandten und den seit einem Jahrzehnt fast befriedeten Gegensatz zu Österreich von neuem ins Leben riefen. Diejenigen Elemente, die seit Jahren in London am Werke waren, die Vereinbarkeit der russischen und englischen Interessen in der Welt nachzuweisen, waren auf unterirdischen Wegen längst damit beschäftigt, eine derartige Frontverschiebung der russischen Offensivkräfte vorzubereiten.

Die Gruppierung der Staatengesellschaft, wie sie aus diesem Kriege emporsteigen würde, war das Geheimnis, das in der Luft lag und alle, auch die Unbeteiligten, mit höchster Spannung erfüllte. Während Japan durch seine Siege seinen Eintritt in den großmächtlichen Kreis erzwang, waren auch die Vereinigten Staaten als ostasiatische Macht angesichts des Welthorizontes genötigt, sich tiefer als vordem in das Spiel der Mächte zu versenken. Schon bei Beginn des Krieges führte eine unter der Hand gegebene deutsche Anregung dazu, daß Amerika bei Rußland und Japan einen Wunsch der Neutralen zur Annahme brachte, daß die Kriegführenden den Fortbestand und die Neutralität des Chinesischen Reiches unter Ausscheidung der Kriegszone garantieren möchten. Und mit der Zeit entwickelte sich zwischen dem Deutschen Kaiser und dem Präsidenten Roosevelt ein näherer Verkehr, als er bisher zwischen dem Berliner Schlosse und dem Weißen Hause möglich gewesen war. Der temperamentvolle Präsident sah in dem Kaiser "den einzigen Mann, den er verstehe, und der ihn verstehe",11 und noch rückblickend pries er später den Kaiser als den einzigen Herrscher Europas, mit dem er während der äußerst kritischen Periode des russisch-japanischen Krieges eine [552] gemeinsame Politik hätte treiben können.12 In Berlin entzog man sich den weiteren Verlockungen, an denen es auch in Washington nicht fehlte, während Bülow mehr als einen vorsichtigen Anlauf nahm, in dem gemeinsamen chinesischen Interesse zu einer Vereinbarung zu kommen, ja sogar die Möglichkeit eines deutsch-amerikanischen Defensivbündnisses - gegenüber der Gefahr einer englisch-japanisch-russisch-französischen Gruppe - anzudeuten. Die enge Fühlung endete in einer gemeinschaftlichen vertraulichen Arbeit an der Herbeiführung des russisch-japanischen Friedensschlusses - eben mit Ablauf des Krieges sollte auch diese in sich einzigartige Situation wieder zurücktreten.

Wer den ganzen, durch den Krieg eröffneten weltgeschichtlichen Problemkreis übersieht, wird begreifen, daß im Verhältnis dazu für den Gesichtswinkel der deutschen Politik die sachliche Auswirkung des englisch-französischen Abkommens vom April 1904 zunächst fast in den Hintergrund trat. Ob dieses Abkommen durch seine einzelnen Inhalte in den deutschen Interessenkreis eingriff, ließ sich erst dann genau erkennen, wenn man seinen amtlichen Wortlaut von den Beteiligten erfuhr - und Mr. Delcassé beging ja den schweren Fehler, eine solche Information überhaupt zu unterlassen. Darüber hinaus - und das wog an sich unvergleichlich schwerer als marokkanische und ägyptische Handelsinteressen - war aber auch ein nahes Zusammenwirken zweier Großmächte angebahnt, mit deren Unverbundenheit man bisher gerechnet hatte: von welchem Geiste ihre Verbindung erfüllt sein würde, mochte erst an dem Verhalten der Vertragsschließenden allmählich erkennbar werden. Das Abkommen mochte, solange man es nicht im einzelnen kannte, als eine friedlich farblose Liste von allerhand über die Welt ausgedehnten Interessenausgleichen erscheinen: ob es darüber hinaus noch etwas anderes bedeutete, mußte sich enthüllen, sobald in den Einzelfragen auch ein deutsches Interesse berührt wurde.

Die deutsche Aktion setzte nicht bei Marokko ein, wo man abwartete, bis der Franzose zu sprechen begann, sondern bei der durch den französischen Verzicht verbesserten Stellung der Engländer in Ägypten, also auf einem völkerrechtlich sehr sauber bestellten Boden. England erbat für das Khedivialdekret, das nunmehr der englischen Verwaltung auf dem Gebiete Ägyptens eine größere Freiheit gewährte, und für die Befugnisse der internationalen Schuldenkommission auch die deutsche Zustimmung, wie die der übrigen Mächte. Während diese angesichts der englisch-französischen Übereinstimmung bedingungslos zustimmten, verlangte die deutsche Regierung für ihre Zustimmung als Gegengabe gewisse Zusicherungen: die Gewährung gleicher Handelsfreiheit wie für Frankreich, und einige Zusagen, die Schulen und Institute betrafen. Man konnte sich deutscherseits darauf berufen, daß man seit dem Jahre 1882 die Entwicklung der englischen Ausnahmestellung rückhaltlos gedeckt habe und Berücksichtigung dieser [553] Wünsche verlangen dürfe. Während die mit Lord Cromer in Kairo geführten privaten Unterhandlungen ohne Mühe zum Erfolge führten, stieß man aber in der amtlichen Verhandlung in London auf unerwarteten Widerstand; es schien, als ob man hier fürchtete, Frankreich zu verstimmen, wenn man Deutschland das gleiche gewähre, und daher aus prinzipiellen Gründen von den anfangs zugesagten Konzessionen zurückzukommen suchte. Aber eben in dem Prinzipiellen lag auch die über das Objekt hinausreichende Bedeutung des Falles für die deutsche Seite: ein Zurückweichen Deutschlands vor dem englisch-französischen Widerstande würde keineswegs geeignet sein - so argumentierte Holstein -, bessere deutsch-englische Beziehungen hervorzurufen, sondern im Gegenteil den Engländern, den Franzosen und auch der übrigen Welt den praktischen Beweis liefern, daß man durch schroffe Behandlung bei Deutschland am meisten erreiche, und daß Deutschland nach der französisch-englischen Entente um jeden Preis Reibungen mit einer der beiden Mächte vermeiden wolle.13 Auch der englische Botschafter in Berlin bezeichnete das Verhalten seiner Regierung als unbegreiflich, und wollte in der schärfsten Form nach England berichtet haben; der Kaiser meinte, ein solches Verhalten, kurz vor dem Besuche König Eduards, müsse die Schwarzseher in der Vermutung bestätigen, daß England und Frankreich ernstlich Böses im Schilde führten, was er bisher nicht hätte glauben wollen.14 Schließlich nahm dann die englische Regierung die deutschen Forderungen am 17. Juni an. Es war eine kurze Kraftprobe, sozusagen auf der Sonnenseite des englisch-französischen Abkommens, aber von symptomatischer Bedeutung, weil sie den Deutschen den Weg zeigte, auf dem sie auch auf der Gewitterseite, in Marokko, mit den Franzosen unter Wahrung ihrer eigenen Rechte mit analogem Verfahren zu einer vertragsmäßigen Übereinstimmung gelangen könnten.

Wenige Tage darauf brachte König Eduard bei seinem Besuche in Kiel (25. bis 30. Juni 1904) einen schwungvollen Trinkspruch auf die beiderseitigen Flaggen aus, die bis in die fernsten Zeiten nebeneinander wehen würden. Er versicherte dem Reichskanzler, daß die neue Entente ihre Spitze nicht gegen Deutschland richte und daß er nicht daran denke, Deutschland isolieren zu wollen; er wünsche im Gegenteil die Reibungsflächen zwischen allen Großmächten zu verringern. Aber man konnte nicht verkennen, daß der König mit diesem wohlmeinenden repräsentativen Akte keineswegs die öffentliche Meinung seines Landes vertrat. Ein Gegenbesuch der deutschen Flotte in Plymouth (10. Juli 1904) fand statt der erwarteten eine umgekehrte Wirkung und eine sehr kühle Presse. Es stellte sich heraus, daß jedes Mittel, mit dem man guten Willen zu zeigen versuche, falsch gedeutet werde und alle Annäherungsversuche einstweilen als unzeitgemäß gelten mußten. Die öffentliche Meinung Englands, durch [554] das französische Abkommen nach der einen Seite und den russisch-japanischen Krieg nach der andern Seite jeder Sorge enthoben, fühlte sich jetzt um so mehr berechtigt, in dem Deutschen, gegen den man die neuen Freundschaften geschlossen hatte, den Störenfried Europas zu sehen.15

Die neutrale Haltung der deutschen Politik begann erst von dem Augenblick an auf eine stärkere Probe gestellt zu werden, als das Auslaufen der russischen Ostseeflotte nach Ostasien näherrückte.16 Für die Kohlenversorgung auf dieser Fahrt, die in neutralen (französischen) Häfen vorgenommen werden sollte, hatte eine russische Firma Verträge, unter anderem mit der Hamburg-Amerika-Linie geschlossen; daß nach den völkerrechtlichen Gebräuchen über den privaten Handel der Neutralen eine Versorgung zulässig war, wurde deutscherseits sofort gegenüber den japanischen Einwendungen festgestellt; übrigens waren auch englische Firmen an dem Geschäft beteiligt.17 Trotzdem setzte gerade in der englischen Presse ein scharfer Hetzfeldzug ein, wohl zu dem Zweck, den Japaner mit dem entfesselten Lärm über die eigene Beteiligung hinwegzutäuschen, oder doch den Versuch zu machen, ob der Deutsche nicht zurückweiche.18

Seitdem die Ostseeflotte am 15. Oktober ausgelaufen war, trat die prinzipielle seerechtliche Frage hinter der besonderen Frage zurück, wie weit bis in die Nähe des zu erwartenden Kriegsschauplatzes die Versorgung fortgesetzt werden dürfe. Von Madagaskar an, behauptete die eine Seite, beginne das Kriegsgebiet; schließlich hat sich die Versorgung bis Saigon erstreckt; je weiter man fuhr, desto näher rückte immerhin die Möglichkeit, daß ein Zwischenfall ein größeres Feuer zur Entzündung bringen würde.

Aber lange bevor die Flotte dieses Ziel erreicht hatte, war die Kohlenfrage durch ein anderes zufälliges Ereignis in den Schatten gedrängt worden, das an sich die deutsche Regierung nicht im geringsten berührte, aber in seinen Rückwirkungen trotzdem gegen sie zu wenden versucht wurde: das war jener Vorfall, in dem durch die ausfahrende russische Flotte auf der Doggerbank in der Nacht vom 21. zum 22. Oktober einige englische Fischerboote mit ihren Insassen vernichtet wurden. Eine leidenschaftlich aufflammende, aber rasch wieder verlöschende Kriegsstimmung war die Folge. Daß die öffentliche Meinung der Engländer über die unsinnige Schießerei der Russen in die wildeste Erregung [555] geriet, war begreiflich. Die Politik aber verlangte, daß die englische Regierung sich mit möglichster Gelassenheit dem Volkssturm entgegenstemmte, um nicht in ganz ungewollte Verwicklungen hineingezogen zu werden. Sie forderte natürlich schleunigste Genugtuung: das Schwierigste war Anhalten der Flotte in Vigo, Ausschiffung und Bestrafung der schuldigen Offiziere. Schon gab es am 27. Oktober einen Augenblick, wo die englische Admiralität Maßregeln zur Bereithaltung der nächstverfügbaren Geschwader traf und der Krieg nach der Sprache der Presse fast unvermeidlich schien. Am andern Tage war die Krisis überwunden, unter beeiferter Mitwirkung der Franzosen, die sich plötzlich in gefährlichem Gedränge zwischen neuen Freunden und alten Verbündeten erblickten, und unter klugem Entgegenkommen der Engländer, die in der entscheidenden Frage den Schiedsgerichtsvorschlag des Zaren annahmen. Mochte es für die öffentliche Meinung eine Enttäuschung, in den Augen der Japaner sogar ein schlapper Rückzug sein - die englisch-französische Entente hatte das dringende Bedürfnis, diesen Konflikt schleunigst aus der Welt zu schaffen.

Nicht genug damit, sie ging sofort nach dem Ausgang der Krisis dazu über, die Leidenschaften der seltsam zugespitzten Situation nach irgendeiner anderen Richtung hin abzureagieren. Schon in den ersten Tagen war in der englisch-französischen Presse die absurde Anklage aufgetaucht, Deutschland habe, um sich als "Freund" zu erweisen, durch Warnungen an die russische Flotte (vor japanischen Minen) eigentlich die Nervosität des Admirals verschuldet und damit, für seine politischen Zwecke, machiavellistisch das ganze Unheil heraufbeschworen.

Diese Anklage ist auf Grund des gesamten Aktenmaterials als durch nichts, aber auch gar nichts begründet zu erweisen; tatsächlich sind Warnungen von anderer Seite gekommen, aber das Berliner Auswärtige Amt selbst hat solche Nachrichten absichtlich nicht, um die Neutralität nicht zu verletzen, nach Petersburg weitergegeben.19 Die Erfindungen, die dann über Paris - um allem die Krone aufzusetzen - sogar in die Petersburger Presse gelangten, gehören in das System politischer Brunnenvergiftung, das von einer publizistischen Gruppe mit bestimmten Endzielen ununterbrochen betrieben wurde. So blieb aus der Erinnerung an dieses tragische Nachtstück auf der herbstlichen Nordsee wiederum nur eine neue englisch-deutsche Verhetzung zurück, eine neue Leistung der Times, der National Review und aller der Organe, die an der Störung des Friedens zwischen zwei Völkern arbeiteten.20

Die Aktion mündete, als der Anlaß mit der Weiterfahrt der russischen Flotte von Vigo aus der Sehweite verschwand, in eine Flottenpanik. Denn irgendwie hatte die englische Flotte in diesen Tagen einer plötzlichen Kriegsmöglichkeit das bloße Vorhandensein der in den Heimatgewässern konzentrierten deutschen Flotte als eine störende und feindselige Unbekannte im Kriegsspiel empfunden, und [556] je mehr die politischen Kreise das Bedürfnis hatten, die Volkserregung über die russischen Seeoffiziere nach irgendeiner andern Seite hin abzulenken, desto leichter kam man stillschweigend überein, daß das am besten nach der deutschen Seite geschähe. Schon in den nächsten Wochen gingen englische Zeitschriften dazu über, unter der beliebten Erinnerung an das Schicksal Kopenhagens im Jahre 1807 das Thema zu behandeln, man müsse mit der - doch nur gegen England gebauten - deutschen Flotte rechtzeitig ein Ende machen.

Die Flottenpanik, sachlich unbegründet wie sie war, hing anscheinend mit den Möglichkeiten einer politischen Neugruppierung in diesen Wochen zusammen.

Auf der Höhe des Doggerbankkonfliktes schien einen Augenblick lang die Stunde gekommen, das letzte Wort über das Verhältnis der Mächte Deutschland - Rußland - England zu sprechen. Man glaubte in Berlin nach Ausbruch des Konfliktes bemerkt zu haben, daß die Franzosen ihre Vermittlertätigkeit in der Krisis in der Richtung auf ein russisch-französisch-englisches Bündnis auszudehnen suchten,21 und hielt es für angezeigt, diese Gefahr zu durchkreuzen. Schon am 24. Oktober ließ Holstein den russischen Botschafter wissen, daß es angesichts der englischen Pressedrohungen nicht unmöglich sein würde, daß England und Japan offiziell von Deutschland die Einstellung der Kohlenlieferungen verlangen würden, um mit einer solchen Drohung die russische Flotte stillzulegen. Dieser neuen Gefahr sollten Rußland und Deutschland ins Auge sehen, und Frankreich an seine Bündnisverpflichtung erinnern. Im Einverständnis mit diesem Vorgehen telegraphierte auch der Kaiser am 27. Oktober an den Zaren;22 er betonte, Frankreich würde sich einer solchen Aufforderung nicht entziehen können, und so würde sich eine mächtige Kombination der drei stärksten Kontinentalmächte bilden, die anzugreifen die anglo-japanische Gruppe sich zweimal überlegen würde. Graf Lamsdorff sah in dieser Sondierung, die nicht frei von der Künstlichkeit mancher Holsteinscher Kombinationen ist, nur das Bestreben der deutschen Diplomatie, die russische Freundschaft mit Frankreich zu stören. Aber der Zar war entgegengesetzter Meinung. In seiner Antwort an den Kaiser vom 29. Oktober nahm er nicht nur die Anregung auf, sondern griff, von der Erbitterung im Augenblicke fortgerissen, nach der ganzen Hand. Der einzige Weg wäre allerdings, wie der Kaiser sage, daß Deutschland, Rußland und Frankreich sich über ein Übereinkommen verständigten, um die englisch-japanische Arroganz aus der Welt zu schaffen. Nicht genug damit, er bat Wilhelm II., den Entwurf eines solchen Vertrages aufzusetzen und ihm zu übersenden: "Sobald dieser Vertrag von uns angenommen ist, ist Frankreich gebunden, sich seinen Ver- [557] bündeten anzuschließen." Diese Kombination sei ihm, dem Zaren, schon oft durch den Kopf gegangen.23

Rascher und unbedingter, als man in Berlin gedacht hatte, lag anscheinend ein russisches Bündnisangebot auf dem Tisch. Das Tor zu einem Kontinentalbunde schien nach dem entscheidenden Schlußworte des Zaren weit geöffnet - es konnte ein weltgeschichtliches Ereignis werden. Der Kaiser antwortete, in Übereinstimmung mit dem Reichskanzler, schon am andern Tage in einem langen Schreiben und mit der Übersendung eines Bündnisentwurfes.24 Das Bündnis würde natürlich, darauf legte er Nachdruck, rein defensiv sein, und ausschließlich gegen den oder die europäischen Angriffe gerichtet, in der Gestalt einer Feuerversicherung auf Gegenseitigkeit gegen Brandstiftung. "Das Hauptergebnis wird sein, wenn Du und ich Schulter an Schulter zusammenstehen, daß Frankreich förmlich und öffentlich sich mit uns verbündet und auf diese Weise seine Vertragspflicht gegen Rußland erfüllt."

Es ist begreiflich, daß die Leiter der deutschen Außenpolitik sich, angesichts der unabsehbaren Tragweite des Entschlusses, mit den militärischen Autoritäten, mit dem General von Schlieffen und dem Admiral von Tirpitz aussprachen. Es kam auf die doppelte Frage an, wie Frankreich zum Beitritt zu gewinnen sei und ob es überhaupt einem ausgeübten Drucke nachgeben würde, und des weiteren, wie England auf einen solchen Zusammenschluß des Kontinents antworten würde - das war der Gegenstand einer Besprechung der militärischen und politischen Häupter am 31. Oktober.25 Die Kritik ging von Tirpitz aus, der den Wert der russischen Allianz zu Lande und Wasser gering schätzte, dagegen (wie häufig in ähnlichen Situationen) vor der englischen Kriegsgefahr große Sorge verriet. Er hatte wohl recht, wenn er seine Zweifel in ein "mit der Pistole erzwungenes Bündnis" mit Frankreich setzte; wenn er aber am Ende der deutsch- [558] russischen Pression auf Paris überhaupt eine Anwendung von Gewalt für nützlich hielt,26 so schien er den wahren Sinn des Kontinentalbundes zu verkennen.

Allerdings, die Möglichkeit des ganzen Vorgehens drehte sich um die Einwirkung auf Frankreich. Der russische Gegenentwurf, den der Zar am 7. November übersandte, hatte gerade an der entscheidenden Stelle eine Änderung angebracht: statt einer russisch-deutschen Aufforderung an Frankreich die zweckmäßigere Formel, der Zar werde die nötigen Schritte tun, um Frankreich in dieses Abkommen einzuweihen und es zum Anschluß als Verbündeten zu verpflichten. Bülow und Holstein glaubten auch den Gegenentwurf noch etwas vorsichtiger gestalten zu können; sie schlugen, statt des von ihnen selbst formulierten Bündniszwecks "um den russisch-japanischen Krieg nach Möglichkeit zu lokalisieren", die allgemeinere und wuchtigere Fassung vor: "um den Frieden in Europa aufrechtzuerhalten". Schon äußerte sich Bülow zu dem Kaiser in einer diesem verwandten sanguinischen Hoffnungsseligkeit über die "wirklich großartige und für die zuschauende Welt gänzlich unerwartete Weichenstellung". Wenn man in Paris und London nur die geringste Ahnung davon hätte, würde man alles daran setzen, um das deutsch-russische Bündnis, "welches die Möglichkeit eines russisch-französisch-englischen Bündnisses kontrekarrieren wird, noch in letzter Stunde zu vereiteln". Auch der Kaiser glaubte fest an das Gelingen, wenn er gleichzeitig (am 16. November) dem Zaren schrieb, er wolle die Verhandlung mit Frankreich seiner Diplomatie überlassen; er war überzeugt, daß, wenn einmal die russisch-deutsche Abmachung Tatsache geworden sei, doch die Anziehung der vereinten Kraft unwiderstehlich sei und auch die Franzosen alle Anstrengungen machen würden, um England an dem Kriege zu verhindern. Wenn dieser Brief unter den gegen England anzuwendenden Druckmitteln andeutete, daß militärische Schritte an der persischen und afghanischen Grenze nicht unzweckmäßig sein dürften, so mochte er die Grenze staatsmännischer Vorsicht bereits überschreiten; das gilt schon von dem Entwurfe Bülows, vollends aber von der schwungvollen Art, in der Wilhelm II., von seiner Phantasie fortgerissen, den Verlust Indiens für die Jingoes noch weiter ausmalte.27

Aber gleich darauf erwies sich dieses Spiel der Phantasie als leere Seifenblase. In Petersburg siegte die Realpolitik Lamsdorffs über den Versuch des Zaren, eigene Wege zu wandeln. Am 23. November war Nikolaus II. genötigt, nach Berlin zu telegraphieren, daß er es vor der Unterzeichnung des Vertrages für ratsam halte, die Franzosen davon in Kenntnis zu setzen. Alles hatte darauf [559] beruht, die Franzosen mit dem russisch-deutschen Abkommen vor eine vollendete Tatsache zu stellen; wenn man aber vorher eine Verhandlung über die Möglichkeit des Abkommens mit Paris eröffnete, so bedeutete das Indiskretion nach London, Veröffentlichung in der Times, wie der tief enttäuschte Kaiser meinte.28 Schon erwachte in ihm die Sorge, die ganze Geschichte werde noch herauskommen, wenn sie noch lange weitergehe: "die Situation fängt an, immer mehr derjenigen vor dem Siebenjährigen Kriege zu gleichen." So warnte er den Zaren, nach Bülows Vorschlag, sofort dringend vor einer vorzeitigen Mitteilung an Frankreich. Wenn die französische Regierung sicher wisse, daß Rußland und Deutschland vertragsmäßig verpflichtet seien, sich zu unterstützen, werde sie die Engländer zum Frieden ermahnen; wenn sie aber wisse, daß ein deutsch-russischer Vertrag erst projektiert, aber noch nicht abgeschlossen sei, so könnte sie der Versuchung unterliegen, den Engländern, solange es noch Zeit sei, einen Wink zu geben. Dann aber könnten England und Japan sich entschließen, Deutschland in Asien und Europa auf der ganzen Linie anzugreifen und zur See zeitweilig lahm zu legen. Wenn der Zar ohne vorherige Zustimmung Frankreichs keinen Vertrag schließen könne, dann sei es weniger gefährlich für sie beide, "daß wir jetzt keinen Vertrag abschließen" (November 24). Damit war das Thema erledigt.29

Die Sorge des Kaisers vor Indiskretionen schien allerdings berechtigt zu sein. Schon in den nächsten Tagen sprachen allerhand Anzeichen dafür, daß von den russisch-deutschen Verhandlungen etwas von der Newa an die Seine durchgesickert sei,30 ja, die Annahme gewann an Wahrscheinlichkeit, daß von hier aus auch Gerüchte, vielleicht von übertriebener Art, nach London gelangt seien. Eine kriegerische Tonart bemächtigte sich ohne ersichtlichen Anlaß eines großen Teils der englischen Presse.31 Wir haben schon von der Flottenpanik gesprochen, in die der Zwischenfall auf der Doggerbank ausmündete. Daß sie sachlich unbegründet war, daß, wie der Kaiser damals feststellte, den 43 Linienschiffen und 140 Kreuzern auf englischer Seite nur 14 Linienschiffe und 20 Kreuzer auf der deutschen Seite gegenüberstanden, bedarf keines Nachweises. Es kennzeichnete zwar nicht die Berechtigung, wohl aber den Ernst dieser Drohungen, daß sie sogar einen [560] sichtbaren Ausdruck in der Aufstellung der Flotte fanden: am 10. Dezember wurden 4 Linienschiffe der englischen Mittelmeerflotte der Kanalflotte zugeteilt. Dazu gesellten sich weitere Maßnahmen, die eine unmittelbar offensive Tendenz verrieten.

Am 6. Dezember hatte England die Verfügung erlassen, durch welche die in englischen Häfen Kohle einnehmenden Dampfer am Auslaufen mit ihrer Fracht verhindert werden sollten. Damit war einerseits die Möglichkeit eines deutschen Konflikts mit England - Japan nähergerückt, anderseits die deutsche Regierung in der Zwangslage, die Russen zu nötigen, Farbe zu bekennen.32 Sie stellte am 6. Dezember die amtliche Frage, ob die russische Regierung sich verpflichte, bei etwaigen aus der Kohlenlieferung erwachsenden Schwierigkeiten Deutschland mit allen Mitteln beizustehen - ohne eine solche Zusicherung müsse die Kaiserliche Regierung diejenigen Maßnahmen ergreifen, welche die Sicherheit des Deutschen Reiches erheische. Entsprechend telegraphierte anderntags auch Kaiser Wilhelm II. dem Zaren, er müsse jetzt absolute, positive Garantie haben, ob er im Falle eines Krieges, den England und Japan aus diesem Anlaß erklären würden, ihn ununterstützt lassen wolle oder nicht; könne der Zar nicht garantieren, Schulter an Schulter mit ihm zu kämpfen, dann müsse er leider den deutschen Dampfern verbieten, die Kohlenlieferung fortzusetzen. Zwar erklärte Nikolaus II. sich am 12. Dezember bereit, in allen aus der Kohlenfrage entstehenden Schwierigkeiten Deutschland mit allen Mitteln beizustehen, aber man fand in Berlin diese Deckung gegen einen bestimmten Kriegsgrund nicht ausreichend, da sie vom Gegner umgangen werden könne; statt dessen verlangte man Defensivbündnis auf Kriegsdauer und ein Jahr nachher.33 Auf der andern Seite schien die russische Diplomatie das Abstoppen der Kohlenlieferung beinahe als einen unfreundlichen Akt anzusehen - bei aller seiner Macht stand das Deutsche Reich zwischen den Weltmächten fast wie Preußen im Jahre 1805.34 Der Reichskanzler hatte schon den Botschafter in London nach Berlin berufen, um die Frage eines englischen Krieges oder Überfalles im Zusammenhang mit einem deutsch-russischen Abkommen zu erörtern.35 Der tief eindringende Situationsbericht Metternichs vom [561] 18. Dezember setzte mit den Worten ein: "In England ist die Ansicht weit verbreitet, daß sich Deutschland mit kriegerischen Absichten gegen das Inselreich trage; in Deutschland wird umgekehrt das Gleiche von England angenommen. Beides ist falsch." Aber er warnte ernstlich, diese Gefahr, sei es durch ein Flottengesetz mit chauvinistischer Agitation, sei es durch den Abschluß eines russischen Bündnisses auf ein Jahr, künstlich zu schaffen oder näher zu bringen, und riet dazu, die Kohlenversorgung nur solange fortzusetzen, wie die eigene Sicherheit es erlaube: wann diese Grenze erreicht sei, sei wesentlich eine praktische Frage. Unter dem Eindruck dieser wahrhaft staatsmännischen Warnung (die vor allem auch mit der Illusion der russisch-französisch-deutschen Entente unbarmherzig aufräumte), ergingen von Berlin am 21. Dezember die entscheidenden Weisungen. Man schlug in Berlin vor, die Vertragsfrage fallen zu lassen, und erklärte, in der Kohlenfrage den Umständen gemäß handeln zu wollen, auch weiterhin gemeinsam mit den Russen, aber "innerhalb der Grenzen, welche die Sorge um unsere eigene Sicherheit uns vorschreibt".36 Um Weihnachten war die ganze Episode abgeschlossen, und ein Brief des Zaren vom 25. Dezember glitt mit leichter Hand über sie hinweg.37

Der Kaiser war schwer enttäuscht. Seine sanguinische Natur glaubte, jetzt den ersten persönlichen Mißerfolg erlebt zu haben, und begehrte, so wie er geartet war, nun nach der anderen Seite hin heftig umzuschlagen.38 Was zu denken gab, war die Tatsache, daß in der allgemeinen Ordnung der Dinge die Stellung Frankreichs zu Rußland und zu England schon allzu befestigt war, als daß der einträchtige Wunsch des Kaisers und des Zaren daran etwas wesentliches zu ändern vermocht hätte.

Zugleich hatte die Gefahr eines erkennbar anti-englischen Kurses in der deutschen Politik sich zum ersten Male offen enthüllt, und sie war - wenn wirklich kaiserliche Äußerungen über England nach London durchgesickert waren,39 nicht mit der Vorsicht behandelt worden, die nötig gewesen wäre. Sobald das deutsch-englische Problem nur auftauchte, entzündete es sich an der Flottenfrage. Bülow wußte zwar seinen zur Vorsicht mahnenden Bericht an den Kaiser mit dem schönen historischen Beispiel zu schließen: "Unsere Lage gleicht derjenigen der [562] Athener, als sie die langen Mauern am Piräus aufführen mußten, ohne von den übermächtigen Spartanern an der Fertigstellung dieser Schutzwehr verhindert zu werden."40 Aber dieses Beispiel deutete doch nur auf ein unentrinnbares Schicksal hin.

War es nicht ein bedenkliches Zeichen der Zeit, daß auf beiden Seiten des Kanals Stimmen laut wurden, man fürchte - ohne einen ersichtlichen Grund - von dem anderen angegriffen zu werden? Gewiß konnte Lansdowne mit Recht betonen, daß in London niemand solche Organe ernst nähme, aber der deutsche Botschafter antwortete ihm mit demselben Recht, er könne die Beziehungen - trotz Mangels ernster Gegensätze und trotz der guten Absichten beider Regierungen - nicht für gesichert halten. Auch er meldete am 11. Januar 1905 pflichtgemäß: "An Krieg gegen Deutschland denkt hier kein vernünftiger Mensch." Niemals traf eine kaiserliche Randbemerkung so ins Schwarze, wie dieses Mal: "Schade, daß die Unvernünftigen meist im gegebenen Moment die Oberhand haben." Selbst König Eduard sah sich am 12. Januar veranlaßt, dem deutschen Marineattaché auszusprechen, daß England nie einen Krieg mit irgendeinem Lande provozieren werde, mit Deutschland am allerwenigsten, denn einmal liege absolut kein Grund dazu vor, und dann würde ein Krieg zwischen beiden Ländern das größte Unglück für beide sein.41 Aber an den maßgebenden Stellen der englischen öffentlichen Meinung mußte sich eine Unmenge von Haß aufgesammelt haben,42 dem es nicht mehr auf die Mittel, sondern nur noch auf den Zweck ankam. Präsident Roosevelt wenigstens gestand dem deutschen Botschafter in diesen Tagen, er erhalte fortwährend von Englands Seite oder von Englands Freunden Warnungen, daß das wahre Angriffsziel Deutschlands Amerika und nicht England sei - selbstverständlich lächle er darüber, aber seine Mahner hielten ihn für blind und schwach.43

Sobald aber von friedlicher englischer Seite auf Wiederherstellung der freundschaftlichen Beziehungen hingewirkt wurde, wurde diese Bemühung sofort mit allen Künsten des publizistischen Sports durchkreuzt. Lehrreich dafür sind die Memoiren von Sir Thomas Barclay, der an der englisch-französischen Handelsfreundschaft einen führenden Anteil hatte, aber eine englisch-deutsche Annäherung für sehr wohl vereinbar mit der neuen Entente hielt; mit verletzender Schärfe schnitt ein offiziöses Reuter-Telegramm vom 23. Dezember alle Illu- [563] sionen solcher Art entzwei. Dieselben Elemente waren auf dem Posten, als Barclay sich anschickte, eine Versöhnungsrede auf einer Sitzung der Berliner Handelskammer am 15. Februar 1905 zu halten; noch bevor er den Mund geöffnet hatte, war sie jeder politischen Wirkung beraubt durch eine Rede, die der erste Zivillord der Admiralität Lee am 2. Februar hielt. Der Vorstoß Lees gipfelte, ohne einen andern erkennbaren Anlaß als das Entladungsbedürfnis eines beifallslüsternen Bramarbas, in der Prahlerei: die britische Flotte werde gegebenenfalls den ersten Schlag führen, noch ehe man auf der andern Seite der Nordsee Zeit gehabt hätte, die Kriegserklärung in der Zeitung zu lesen.44 Die entsprechende Antwort blieb nicht aus. Der Kaiser erklärte im ersten Augenblick dem über diesen Ausbruch ganz zerschmetterten englischen Botschafter, daß "dieser racheschnaubende Korsar morgen von seiner Regierung desavouiert und offiziell rektifiziert werden müsse, sonst werde ein Pressesturm und ein kolossales Neubautenprogramm darauf antworten".45 Aber während der Reichskanzler bereit war, jeder angeforderten Summe für eine Flottenverstärkung zuzustimmen, hielten sich die maßgebenden Männer doch in bestimmten Grenzen. Als der Kaiser am 11. Februar seine Einwilligung zu einer Mehrforderung von sechs großen Auslandskreuzern und sieben Torpedodivisionen gab, schärfte er gleichzeitig dem Staatssekretär von Tirpitz ein: "Ich will keine politisch gefährliche Vorlage mit Spitze gegen England."46

Derartige Spannungen, die sich vornehmlich in den Vordergründen der Presse und der Reden austoben, pflegen hernach, wenn sie, ohne Unheil zu stiften, abgelaufen sind, vergessen oder auf beiden Seiten friedlich aufgerechnet zu werden. Aber die Stimmung in England schien einer Milderung nicht mehr zugänglich zu sein. Um noch das Wort eines wahrhaft Unparteiischen anzuführen, sei hier die Vorhaltung wiedergegeben, die Präsident Roosevelt dem englischen Botschafter in Washington in den ersten Tagen des März machte: "Daß Deutschland an einen Angriff auf England nicht denke. Die fortgesetzten Hetzereien Englands gegen Deutschland könnten England nicht nützen, sondern nur schaden. Falls dieser Zustand andaure, riskiere England, eines Tages in einen Krieg mit Deutschland sich verwickelt zu finden, und zwar lediglich aus gegenseitiger Furcht vor einem Angriff des Anderen." Einige Wochen später wiederholte er seinen [564] Wunsch, daß gute Beziehungen zwischen Deutschland und England bestehen möchten, aber der Botschafter verharrte bei dem Bilde der dunklen Pläne Deutschlands. Der Präsident antwortete ihm: "Ich gebe Ihnen die Garantie, daß Deutschland keine derartigen Absichten hat."47 Am 19. Mai eröffnete der Präsident dem deutschen Botschafter Speck von Sternburg, daß seine Bemühungen, die englisch-deutschen Beziehungen zu verbessern, gescheitert seien; die englische Regierung - sowohl Lord Lansdowne wie der König selbst - habe ihm zu verstehen gegeben, daß sie bessere Beziehungen zu Deutschland nicht wünsche.48 Diese letzten Bemühungen Roosevelts fielen allerdings in eine Zeit, wo die deutsche Politik die Auseinandersetzung mit Frankreich in der marokkanischen Frage eröffnet hatte und die englische Regierung allein darauf Wert legte, als der bedingungslose und kampfbereite Helfer der Franzosen vor aller Welt zu erscheinen.


1 [1/548]In Karlsruhe am 28. April (Mahnung zur Einigkeit, wenn es notwendig werden sollte, in die Weltpolitik einzugreifen) und in Mainz am 1. Mai bei der Einweihung der Rheinbrücke (daß sie sich auch dann bewähren würde, wenn sie zu ernsteren Transporten benützt werden würde). ...zurück...

2 [2/548]Spiegelung in den belgischen Gesandtschaftsberichten. ...zurück...

3 [1/549]Graf Witte zu Bülow 15. Juli 1904 (Gr. Pol. 19, 199 f.): "Das Verhältnis war von seiten des Zaren während Jahren kein gutes. Die Überlegenheit Ihres Kaisers drückte den Zaren und machte ihn eifersüchtig - bis zur Begegnung in Danzig. Danzig (September 1901) verlief gut, Reval (August 1902) nach besser, Wolfsgarten (November 1903) vorzüglich." ...zurück...

4 [2/549]Die Briefe Wilhelms II. in den Kriegsjahren sind durchweg im Einverständnis mit dem Auswärtigen Amte verfaßt (vgl. aber S. 556 Anm. 2). In dem ersten der Briefe vom 11. Februar 1904 (nach Kriegsausbruch) fällt der einfach-herzliche Ton auf. ...zurück...

5 [3/549]Große Politik 19, 1, S. 62 f. ...zurück...

6 [4/549]Randbemerkung Wilhelms II.: 8. November (Große Politik 19, 1, S. 211). ...zurück...

7 [1/550]Wilhelm II. an Nikolaus II.: 29. März 1904 ("wenn Du plötzlich mit Deiner Kaiserlichen Faust auf den »grünen Tisch« schlügest"). ...zurück...

8 [2/550]Über das "Dreikaiserbündnis" vgl. die Aufzeichnung Richthofens Anfang Juli: "Ostensibles Heranrücken an Rußland würde in diesem Augenblick in England und Amerika Mißtrauen erregen." ...zurück...

9 [1/551]Wilhelm II.: 25. September 1904 (Große Politik 19, 1, S. 252 f.). ...zurück...

10 [2/551]Alvensleben an Bülow: 25. August 1904. ...zurück...

11 [3/551]Wenn Bülow in seiner Weise dem Kaiser gegenüber bemerkte: "daß der Präsident ein großer Bewunderer Eurer Majestät ist und Hand in Hand mit Eurer Majestät die Welt regieren möchte, indem er sich gewissermaßen als amerikanisches Pendant Eurer Majestät fühlt," erwiderte der Kaiser nur: "mir sehr schmeichelhaft". ...zurück...

12 [1/552]3. November 1905 (Große Politik 21, S. 9). ...zurück...

13 [1/553]Aufzeichnung Holsteins vom 5. Juni 1904 (Große Politik 20, 1, S. 144 f.). ...zurück...

14 [2/553]In diesen Tagen ging sogar in Berlin das Gerücht von einer Geheimklausel in dem englisch-französischen Abkommen über die Rheingrenze um. (Ebenda 20, 1, S. 27 ff.) ...zurück...

15 [1/554]So schildert Graf Metternich am 11. Januar 1905 rückblickend die englische Stimmung des Herbst 1904, vor dem Aufbruch der russischen Ostseeflotte; ferner Graf Bernstorff: 6. September 1904 (Große Politik 19, 2, S. 377 ff.). ...zurück...

16 [2/554]Ein Vorspiel war die Behandlung der nach Kiautschou geflüchteten russischen Schiffe im August 1904. ...zurück...

17 [3/554]Ein Viertel der Kohlenschiffe stand unter englischer Flagge, zum Teil durch Unterverträge gegenüber der Hamburg-Amerika-Linie verpflichtet; und bei dem ganzen Geschäft handelte es sich um (englische) Cardiffkohle. Es war ebenso Geschäft wie auf der andern Seite der Verkauf englischer Schiffe an Japan oder die Belieferung Japans durch Krupp mit Geschützen und Munition. ...zurück...

18 [4/554]Times, September 1904: Wilhelm II. blieb fest. ...zurück...

19 [1/555]Vgl. Große Politik 19, 1, S. 281, 292, 294/95. ...zurück...

20 [2/555]Die englische Regierung, die die Spitze gegen Rußland ablenken wollte, ließ alles gewähren. ...zurück...

21 [1/556]Holsteins Aufzeichnungen vom 2. Februar 1905 (Große Politik 19, 1, S. 349 f.). ...zurück...

22 [2/556]Es sei hier vorweg bemerkt, daß die ganze Tätigkeit des Kaisers sich in dieser Krisis in engster Fühlung mit dem Auswärtigen Amte vollzieht. Eine Ausnahme bilden die Zusätze in dem Schreiben vom 16. November. ...zurück...

23 [1/557]Das ist der Gedankengang, der in der Seele Wilhelms II. zündete. Vgl. noch seine Randbemerkung vom 2. Oktober 1905: "Sobald Gallien klar ist, daß russische Bajonette nicht mehr gegen uns gehen, wir also völlig freie Hand haben, wird es sich schwer hüten zu England überzugehen, da eine Flotte keine Räder hat und Frankreich gar nichts nützen könnte." (Große Politik 20, 2, S. 662.) ...zurück...

24 [2/557]Das Schreiben (Große Politik 19, 1, S. 306 ff.) ist von Bülow entworfen. Nachträglich veranlaßte er, als Voraussetzung einzuschalten, daß der Doggerbank-Zwischenfall erledigt sein müsse, bevor man zur Aktion schreite. Ein persönlicher Zusatz des Kaisers ist der Satz: "Möge Gottes Segen ruhen auf dem Vorhaben der hohen Herrscher und die mächtige dreifache Gruppe Rußland, Deutschland, Frankreich für immer Europa den Frieden bewahren helfen, das walte Gott - so lauteten seine (Bülows) Worte, als wir fertig waren." ...zurück...

25 [3/557]Darüber: Tirpitz, Lebenserinnerungen, S. 143 ff. (vgl. Hammann, Der mißverstandene Bismarck, S. 128) "uns über Paris gegen englische Kriegsgelüste zu sichern". Tirpitz hatte nur "Zeitgewinn und Flottenbau" im Kopfe. Auch Graf Schlieffen schien damals der irreführenden Vorstellung zu unterliegen, als wenn die Anwendung eines Zwanges gegen Frankreich in Frage kommen könnte. - Man könnte mit der Besprechung in einen Zusammenhang bringen, daß der Reichskanzler zu einem Diner am 12. November, bei dem der Kaiser erschien, außer Tirpitz, dem Kriegsminister u. a. auch Holstein lud - das einzige Mal, daß der Kaiser ihn gesprochen hat! ...zurück...

26 [1/558]So auch in seinem Schreiben an Richthofen vom 1. November 1904. ...zurück...

27 [2/558]Vgl. die Gegenüberstellung der beiden Texte bei Rosen, Aus einem diplomatischen Wanderleben 1, S. 100 f. - Nach dem Daily-Telegraph-Interview hat Zar Nikolaus II., um sich für die Indiskretion des Kaisers zu rächen, diese Briefstelle im Jahre 1908 Sir Arthur Nicolson gezeigt (Harold Nicolson, Lord Carnock, S. 289) und damit einen tiefen und dauerhaften Eindruck hervorgerufen. ...zurück...

28 [1/559]Wilhelm II. an Bülow: 23. November 1904. "Der Hohe Herr fängt an, kalte Füße zu kriegen in bezug auf die Gallier, und ist so schlapp, daß er nicht einmal diesen Vertrag mit uns ohne ihre Erlaubnis - d. h. also auch nicht gegen dieselbe - machen will." Große Politik 19, 1, S. 316. ...zurück...

29 [2/559]Der Zar hüllte sich zunächst in Schweigen. Der Vorschlag, den er dann am 7. Dezember machte, die Franzosen "mit den allgemeinen Ideen des Vertrages zu Dreien bekannt zu machen", bezeichnete der Kaiser mit Recht als "kindlich". ...zurück...

30 [3/559]Bülow an Kaiser Wilhelm II.: 6. Dezember 1904 (Große Politik 19, 1, S. 263 ff.). ...zurück...

31 [4/559]Vgl. Holstein: 5. Dezember 1904 (Große Politik 19, 2, S. 358 ff.), er glaube, nach einigen geheimen Äußerungen in den letzten Tagen, was er bisher nicht getan habe, an die Möglichkeit eines Krieges mit England, in welchem der Angriff von englischer Seite ausgehen würde. Man hat aus diesen Tagen ein Schreiben Holsteins vom 29. November an den Grafen Schlieffen, in dem er dessen Besuch am andern Tage erbittet. ...zurück...

32 [1/560]Bülow an Wilhelm II.: 6. Dezember 1904 (s. o. Große Politik 19, 1, S. 263 ff.); an Alvensleben: 6. Dezember 1904 (ebenda, S. 320 ff.). ...zurück...

33 [2/560]Randbemerkung Holsteins am 12. Dezember 1904 (Große Politik 19, 1, S. 328 f.). ...zurück...

34 [3/560]Das hat der Botschafter Alvensleben wohl im Auge, wenn er eine Situation sieht, "die mit der Lage Preußens im Jahre 1807 unverkennbare Analogie haben könnte" (a. a. O., S. 331). ...zurück...

35 [4/560]Wenn Bülow am 15. Dezember unter dem Eindruck der bedrohlichen Londoner Berichte die Frage erwog, ob in dem Falle eines englischen Angriffs auf uns Frankreich mit in den Krieg hineingezogen werden sollte, und die Gründe dafür und dagegen erörterte ("während wir, wenn Frankreich mit im Spiele ist, und namentlich, wenn wir auch Belgien und Holland mit hineinziehen, zwar das Risiko steigern, aber wenigstens die Möglichkeit erwerben, Waffenerfolge zu haben, Pfänder in die Hand zu bekommen usw."), so hat Fr. Thimme, Front gegen Bülow, 206 diese "Absicht" (die gar nicht feststand) allzusehr aufgebauscht. ...zurück...

36 [1/561]Wilhelm II. an Nikolaus II.: 21. Dezember 1904. Die Schlußverfügung des Kaisers (S. 341) ist charakteristisch für seine Kunst des Ablenkens. ...zurück...

37 [2/561]Alvensleben hätte gewünscht, den Meinungsaustausch mit Rußland so weit zu führen, daß völlige Klarheit über die Stellung Frankreichs geschaffen würde. Aber sie bestand von vornherein. ...zurück...

38 [3/561]"Es ist eine klare Absage an jeden Gedanken einer Verabredung ohne Vorwissen Galliens. Ein gänzlich negatives Resultat nach zweimonatlicher ehrlicher Arbeit." Die Randbemerkungen des Kaisers in den nächsten Tagen verraten heftige Hinwendung zu Amerika und Japan (Große Politik 19, 2, S. 371, 375). ...zurück...

39 [4/561]Rosen, 1, S. 159: "Die vom Zaren zugesagte Diskretion wurde nicht gewahrt, und infolgedessen war die Lage Deutschlands Anfang 1905 eine noch viel bedenklichere, als sie es im Jahre 1904 war." ...zurück...

40 [1/562]Freilich lautete die resignierte Randbemerkung Wilhelms II.: "Mein lieber Bülow, wie oft habe ich in den letzten Jahren dieses Beispiel angeführt!" ...zurück...

41 [2/562]Vgl. auch die Äußerung des Königs: "it is monstrous to pretend that I want to make war on Germany. I wouldn't declare war against Germany any more than I would make war against the Prince of Wales." (Große Politik 19, 2, S. 374.) ...zurück...

42 [3/562]Einen Einblick gewährt auch das Gespräch des Besitzers der Times, Mr. Walter, mit dem deutschen Botschafter in Washington. (Große Politik 19, 2, S. 571.) ...zurück...

43 [4/562]Große Politik 19, 2, S. 574. ...zurück...

44 [1/563]Wenn Lee hernach die Authentizität des Textes seiner Rede in Abrede stellte, so heißt das, die Schuld auf diejenigen abwälzen, die den Text dieser Rede verbreiteten. Barclay, S. 273: Wenn England damals auf die deutschen Freundschaftsbemühungen eingegangen wäre, statt sie mit gehässiger Gleichgültigkeit zu behandeln, so wäre heute keine deutsche Flottenrivalität entstanden. ...zurück...

45 [2/563]Bei dem Chef des Marinekabinetts v. Müller liest man in diesen Tagen Phantasien über den Weltkrieg mit dem Ziel Indien, in denen die Träume des Kaisers vom November sehr bedenklich nachwirken. Tirpitz, Der Aufbau der deutschen Weltmacht, S. 15. ...zurück...

46 [3/563]Tirpitz, a. a. O., S. 1. - Auch in dem letzten Stadium der Kohlenversorgung, die am 24. März in Saigon ihr Ende nahm, war man auf deutscher Seite sehr vorsichtig. ...zurück...

47 [1/564]Speck an Auswärtiges Amt: 7. März 1905, April 1905 (Große Politik 19, 2, S. 590). ...zurück...

48 [2/564]Desgl. 17. Mai 1905 (Große Politik 19, 2, S. 602f.; vgl. 20, 2, S. 640). ...zurück...


Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte