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Bd. 10: Das Deutsche Reich
und die Vorgeschichte des Weltkrieges, Zweiter Teil


Hermann Oncken, ord. Professor an der Universität Berlin

Kapitel 1: Das Deutsche Reich
unter Kaiser Wilhelm II. (1890 - 1909)
  (Forts.)

2. Die Anfänge weltpolitischer Verflechtung 1894 - 1899.   (Forts.)

Je mehr die weltpolitischen Bewegungen von der Peripherie her ihre Anstöße empfingen, desto mehr gerieten die europäischen Verhältnisse in den Zustand einer gewissen Beruhigung: das eine bedingt das andere. Und je mehr England sich auf die Rolle der glänzenden Isolierung zurückzog, desto mehr sahen sich die kontinentaleuropäischen Mächte darauf angewiesen, einen vorläufigen Ausgleich in sich selber vorzunehmen.

Aus der allgemeinen Lage ergab es sich, daß die Erneuerung des Dreibundes - so unerwünscht die deutsch-englische Entfremdung auch in Wien und Rom [453] empfunden wurde - im Mai 1896 ohne Änderung und Schwierigkeit vollzogen wurde.59

So lag das Element der Ruhe in der europäischen Staatengesellschaft in dem freundschaftlichen Vertrauensverhältnis begründet, das zwischen Berlin und Petersburg bestand, vor allem in der Tatsache, daß Rußland vermöge des Zweibundes über das Gewicht Frankreichs verfügte, ohne der Erfüllung der Revanche irgendwelche Aussichten zu machen. Der russische Außenminister Lobanow, der als der "überzeugteste Anhänger des russisch-französischen Bündnisses" galt, konnte doch mit einem moskowitischen Hochmut, der an Alexander III. erinnerte, vertraulich zu dem Fürsten Hohenlohe sagen: "Eigentlich haben wir Europa einen großen Dienst geleistet, daß wir uns Frankreichs angenommen haben. Gott weiß, was diese Leute angefangen hätten, wenn wir sie nicht am Zügel hielten" (September 1895).60 Das war zwar nicht die ganze Wahrheit, aber kennzeichnete die Wirkung des Augenblicks. Die Zusammenkunft des Zaren Nikolaus II. mit Wilhelm II. in der ersten Septemberwoche des Jahres 1896 befestigte vor allem die Verständigung über die konservative Orientpolitik und damit über eine Stellung, die den Projekten Salisburys vom Sommer 1895 durchaus entgegengesetzt war. Man einigte sich über die Erhaltung des status quo im Orient, insbesondere auch über die Autorität des Sultans; wenn man im Notfall auch einen diplomatischen Druck auf den Sultan ausüben wollte, daß er für Ordnung und Versprechungen in Kreta sorge, so verständigte man sich über den entscheidenden Grundsatz, daß orientalische Spezialfragen die Gefahr der Aufrollung der ganzen orientalischen Frage in sich schlössen - diese aber sollte vermieden werden!61 Schon glaubte Wilhelm II., in seiner tiefen Verstimmung gegen England, in dem vertrauten Gespräch auch den Gedanken der wirtschaftlichen Gemeinschaft gegen Amerika, "sei es mit, sei es ohne England", in die Debatte werfen zu müssen.

In diesen Monaten flackerte bald in Armenien, bald in Kreta die Gefahr eines allgemeinen Brandes auf, der das ganze Gebäude des osmanischen Reiches ergreifen mochte. Es fiel der deutschen Politik nicht leicht, die Wiener Staatsmänner von ihrem Mißtrauen gegen die gebesserten deutsch-russischen Beziehungen zu heilen und an ihr Programm der Enthaltsamkeit zu gewöhnen; aber die schlechten Erfahrungen, die Graf Goluchowski62 mit der englischen Meerengenpolitik gemacht hatte, taten schließlich doch das Ihre, um ihn auf den neuen Weg hinüberzuführen. Als der Nachfolger Lobanows, Graf Murawiew, am 31. Ja- [454] nuar 1897 in Berlin erschien, wiederholte er den besonderen Dank für die deutsche Haltung, die durchaus mit den Zielen der auf Erhaltung des Friedens, des status quo und der Integrität des Türkischen Reiches gerichteten russischen Politik übereinstimme.63 Der Abschluß der Verhandlungen erfolgte bei einem Besuche des Kaisers Franz Joseph in Petersburg in der letzten Aprilwoche, der zu einem endgültigen österreichisch-russischen Abkommen führte. Beide Mächte einigten sich über die Aufrechterhaltung des status quo im Orient so lange wie möglich und über die beiderseitigen Interessen, welche im Falle der Unhaltbarkeit des status quo in den Balkanländern gewahrt werden müßten. Dabei stellte Rußland die Aufrechterhaltung der Sperrung der Dardanellen als eine Lebensfrage des Reiches hin, während Österreich die Unantastbarkeit des ihm durch den Berliner Vertrag zuerkannten Besitzes (Bosnien, Herzegowina, Sandschak) und die Sicherung der Selbständigkeit Albaniens als seine Lebensfrage bezeichnete. Eine Aufteilung der übrigen Gebiete der europäischen Türkei unter die einzelnen Balkanstaaten solle gegebenenfalls einer freundschaftlichen Verständigung zwischen Rußland und Österreich vorbehalten werden. Das aber war das Entscheidende dieses Abkommens, das so lange für unmöglich gehalten war, daß die beiden Großmächte fortan auf der Balkanhalbinsel in ihrer Politik Hand in Hand gingen und daher Aktionen zu vermeiden wünschten, die den Charakter einer auf überwiegenden Einfluß gerichteten Konkurrenz tragen würden.

Graf Goluchowski hatte Recht, den Abschluß als einen Erfolg zu bezeichnen, und Kaiser Wilhelm war nicht im Unrecht, wenn er ihn zu diesem Erfolge beglückwünschte. Auch der etwas skeptischere Holstein erkannte als die Lichtseite des Vertrages die damit gewonnene hohe Wahrscheinlichkeit an, "daß Rußland während der nächsten Jahre in Europa Ruhe haben möchte"; aber er empfand zugleich als Kehrseite, daß Österreich, über einen selbständigen Draht nach Petersburg verfügend, den Wert der deutschen Anlehnung unterschätzen möchte, und machte sich mit seiner mißtrauischen Schärfe auch die vom österreichischen Standpunkt vorhandenen Schattenseiten klar.64 Im ganzen überwiegt doch die positive Seite. Auf dem Abkommen vom 29. April 1897 und weiter dem später darauf gegründeten Mürzsteger Abkommen vom 1. Oktober 1903 hat der Kern des Weltfriedens geruht, und erst als Rußland sich von dem Inhalt und Geist dieser Verträge zurückzuziehen beginnt, steigen rasch und unaufhaltsam die dunklen Wolken am Himmel empor.

Kaum war der nahe Orient in seinen einst so friedensgefährlichen Bereichen befriedet, so rückte der ferne Osten plötzlich in den Vordergrund der europäischen und der deutschen Interessen hinein.

Aus der Epoche des Friedens von Shimonoseki war die deutsche Politik mit einem ungestillten Verlangen herausgekommen: wollte man in der Front [455] der ostasiatischen Mächte stehen, brauchte man einen maritimen Stützpunkt. Die Franzosen und Russen hatten schon im Sommer 1895 sich ihre Liebesdienste durch Handelsverträge und Vorteile bezahlen lassen, aber was sich für ihren an China angrenzenden Kolonialbesitz unschwer ergab, war für die Deutschen, die nur auf dem Seeweg zu den Chinesen kamen, nicht so leicht zu erreichen. Da man über den geeigneten Ort uneinig war und auch ein passender Anlaß zum Vorgehen fehlte, hatte sich die Befriedigung der deutschen Wünsche hingezogen. Zwar hatte die Marine eine ganze Liste von theoretischen Möglichkeiten der Festsetzung aufgestellt, aber bei näherer Prüfung stellten sich bei den meisten Vorschlägen ältere Vertragsrechte oder Ansprüche anderer heraus; besonders im Auswärtigen Amt war man sich bald klar darüber, daß die Wahl des Ortes schon fast eine Wahl in der Gruppierung der Mächte in sich schloß und somit ihre weltpolitischen Folgen hatte. An die Spitze der Fordernden hatte sich der Kaiser selber gestellt, der sich von einer Aktion auch eine Stärkung des nationalen Selbstgefühls versprach; die Marine, die ein spezielles Bedürfnis vertrat und am leichtesten das Ohr des Kaisers fand, begann allmählich ihre Wünsche über die anfangs geforderte Kohlenstation hinaus zu steigern; aber auch die Presse aller bürgerlichen Parteien und die hinter ihnen stehenden Wirtschaftsgruppen hatten sich, von der allgemeinen Bewegung der Zeit fortgerissen, angeschlossen; stürmisch verlangte der katholische Bischof Anzer im Interesse seiner Mission ein energisches Vorgehen, um den Chinesen wieder Respekt einzuflößen. In vielen Lagern erwartete man nach den Anläufen endlich Taten.

Allerdings zeigte sich die chinesische Regierung zunächst sehr schwerhörig auf die deutsche Beweisführung, es könne China nur recht erwünscht sein, wenn Deutschland dort ein starkes Geschwader unterhalte, um das Gleichgewicht der Kräfte in Ostasien zu sichern. Man machte, und mit Recht, in aller Freundschaft dagegen geltend, daß eine Gewährung der deutschen Wünsche eine Begehrlichkeit aller anderen Mächte auslösen würde. Dafür erfuhr man in Berlin hinwiederum aus den Kreisen chinesischer Diplomaten selbst, daß "ein wenig Gewalt" wohl unvermeidlich sein werde, um eine entgegenkommende Entschließung der Pekinger Zentralregierung herbeizuführen. Selbst als der große Vizekönig Li Hung Tschang in Europa eintraf, ließ er keinen Zweifel darüber, daß eine deutsche Festsetzung in Form einer langjährigen Verpachtung sich wahrscheinlich erreichen lasse.

Er erschien im Sommer 1896 in Berlin und sah nacheinander die beiden Formen des politischen Deutschlands: dieses neue Deutschland, das sich mit dem ungestümen Drange erhob, in der Welt umzugreifen, und jenes alte jetzt versinkende Deutschland, das sich bewußt auf seinen nationalen Machtkern beschränkt hatte. Mit dem höchsten Aufgebot chinesischer Artigkeit machte er am 25. Juni 1896 dem greisen Reichskanzler seinen Besuch in Friedrichsruh. Hier war nicht von peinlichen Geschäften die Rede, sondern von großen und allgemeinen Fragen: [456] wie man China reformieren solle - wie überhaupt zu regieren sei, wenn alles Schwierigkeiten mache und der Monarch anderen Einflüssen zugänglich sei - wie man durch preußische Instruktion die chinesische Armee wieder aufbaue und damit einen Kern des Widerstandes gegen die Auflösung schaffe. Und wenn der Chinese mit tiefer Ehrerbietung dem Kanzler von dessen Erfolgen sprach, die er für die Welt errungen habe, so gab ihm Fürst Bismarck die nachdenkliche Antwort: Hier und in China gilt das griechische Wort τὰ πάντα ῥεῑ, alles fließt, alles stürzt einmal zusammen. Und die beiden Staatsmänner, beide von der Geschichte und Zukunft ihrer Länder getragen, durch eine Welt voneinander getrennt und doch durch das tiefe Empfinden für die von ihnen repräsentierten Lebenskräfte verbunden, blickten sich ernsthaft und lange in die Augen.65

Bald danach begann die deutsche Entschließung über den Ort der Festsetzung das letzte Wort zu finden. Zwar gab es im November 1896 noch einmal einen Augenblick, in dem der Kaiser, von den Admiralen beraten, immer heftiger antreibend, die Besetzung der Insel Amoy, eines Vertragshafens, forderte. Er verlangte jetzt endlich Maßregeln, die Anwendung von Gewalt.66 Aber das Auswärtige Amt wahrte seine Tradition und leistete Widerstand gegen einen unverhüllten Gewaltstreich: "Die unheilbare Kompromittierung unserer Politik durch einen nackten Rechtsbruch würde selbst durch den Gewinn einer Kohlenstation nicht wettgemacht."

Nach einem Immediatvortrage am 29. November 1896 entschied der Kaiser grundsätzlich für Kiautschou; man beschloß die Entsendung von sachverständigen Wasserbautechnikern zur Aufnahme der Bucht. Das Auswärtige Amt suchte noch einmal zurückzuhalten, da die Bucht einmal von den russischen Schiffen als Winterhafen benutzt worden sei und daher mit einem Widerspruch von dieser Seite gerechnet werden müsse: "Wenn wir jetzt Vermessungen vornehmen, also Besitzergreifungsabsichten zu erkennen geben, so bedeutet dies nichts anderes, als wissentlich einen offenen Konflikt mit Rußland heraufzubeschwören, was wegen des vorliegenden Anlasses nicht in unserem Interesse liegen kann."67 Man suchte daher Zeit zu gewinnen, auch andere Plätze zur Nachprüfung zur Wahl zu stellen. Gleich darauf war im Tsungli Yamen im Dezember 1896 die Entscheidung über die deutschen Anträge negativ ausgefallen. China könne den Wunsch Deutschlands nicht erfüllen, da sonst andere Mächte ähnliche Konzessionen verlangen würden. Marschall schlug zwar vor, nach Abschluß der deutschen Aufnahmen den Antrag zu erneuern und erst nach erneuter Ablehnung die Chinesen [457] vor eine vollzogene Tatsache zu stellen, aber der Kaiser wollte von weiteren Anfragen nichts mehr wissen: "Sobald der Platz feststeht, gleich besetzen" (19. Februar 1897). Im Laufe des Mai 1897 sahen die deutschen Behörden von Amoy und Samsa ab, obgleich schon in ganz China die Erwartung verbreitet war, daß man Amoy besetzen werde; im Juni war die endgültige Entscheidung für Kiautschou gefallen; sie wurde dadurch erleichtert, daß der russische Admiral Alexejew erklärte, von russischen Ansprüchen auf diesen Platz nichts zu wissen.

Immerhin war die deutsche Politik jetzt an dem Punkte angekommen, wo sie vor jedem weiteren Schritte in Petersburg feststellen mußte, ob die russische Regierung Absichten auf die Kiautschoubucht hege. Die ersten amtlichen Antworten klangen beruhigend; die Entfernung von Wladiwostok sei zu groß, als daß Rußland ein besonderes Interesse daran haben könne, diesen Hafen in Anspruch zu nehmen; dann aber wurden jedenfalls gewisse Vorbehalte angemeldet, über die bei dem Besuche Wilhelms II. bei dem Zaren in Peterhof im August 1897 Klarheit geschaffen wurde. Es kam zu einem Abkommen, daß Rußland ein Interesse daran habe, sich den Zugang zur Kiautschoubucht so lange zu sichern, bis es über einen nördlicher gelegenen, schon in Aussicht genommenen Hafen verfüge; bis dahin werde man keinen Einspruch erheben, wenn die deutschen Schiffe in der Bucht vor Anker gingen. Dieses an einen eintretenden Fall gebundene Zugeständnis erläuterte Murawiew dahin, man habe nicht die Absicht, Kiautschou zu behalten, sondern wolle es nach erfolgter Räumung Deutschland zuwenden.68 Daraufhin wurde den chinesischen Zentralbehörden das Einlaufen der deutschen Schiffe in der ersten Hälfte des Oktober mitgeteilt. Sowohl eine chinesische Erklärung, daß die deutsche Unternehmung die Russen nichts angehe, als auch eine russische Mitteilung, daß Rußland nicht in der Lage sei, über den Hafen zu verfügen, mußte die deutschen Staatsmänner in dem Glauben bestärken, daß jedenfalls keine russisch-chinesischen Abmachungen ihren Absichten im Wege ständen.

Als die Dinge so weit gediehen waren, stellte sich in letzter Stunde auch noch der äußere Anlaß ein, sie in beschleunigter Geschwindigkeit und mit verstärktem Nachdruck zu betreiben: die Ermordung zweier deutscher katholischer Missionare in Süd-Schantung am 4. November gab der deutschen Politik, die sich bis dahin von den üblichen europäischen Präzedenzfällen einer Verkoppelung von Verhandlung und Gewaltübung in nichts unterschied, auch noch das Recht, mit dem Schein der Entrüstung auf einer geschuldeten Genugtuung zu bestehen. Gerade der Kaiser, der immer wieder belehrt worden war, daß die Chinesen nun einmal einzig der Gewalt wichen, mahnte vorwurfsvoll, "unsere hypervorsichtige, in ganz Ostasien bereits als schwach angesehene Politik nunmehr aufzugeben und [458] mit voller Strenge, und wenn nötig, mit brutaler Rücksichtslosigkeit, den Chinesen endlich zu zeigen, daß der deutsche Kaiser nicht mit sich spaßen läßt". Jedenfalls begann der Reichskanzler Fürst Hohenlohe, im Grunde gegen seine Überzeugung,69 seinen Widerstand einzustellen, und der neue Staatssekretär Bernhard von Bülow, der im Oktober 1897 an die Stelle Marschalls getreten war, hatte sich bereits beim Kaiser mit der Forderung eingeführt, "daß es die höchste Zeit sei, unsere schwankende und laue Politik in Ostasien energischer zu gestalten".70 Er stand vor seiner ersten selbständigen Leistung.

Mehr der Form halber vergewisserte man sich noch einmal der Zustimmung Petersburgs. Die Antwort des Zaren an Kaiser Wilhelm II. enthielt zwar keine warme Ermunterung, aber schien ebensowenig Schwierigkeiten machen zu wollen: er könne die Entsendung des deutschen Geschwaders weder gutheißen noch mißbilligen, da der Hafen nur vorübergehend russisch gewesen sei. Daraufhin ergingen, indem man das Telegramm des Zaren noch eindeutiger nahm als es vielleicht gemeint war, die deutschen Befehle zur Besetzung und zur Forderung der Genugtuung.

Aber schon in den nächsten Tagen kündigte die russische Politik plötzlich an, daß sie um jeden Preis eine dauernde deutsche Festsetzung in der Kiautschoubucht verhindern wolle. Murawiew beanspruchte auf Grund eines rätselhaften Rechtes der ersten Ankerung, das jetzt überraschend hervorgeholt wurde, eine Vorhand und sprach sein amtliches Bedauern über das deutsche Vorgehen aus. Der ganze Zusammenhang dieses Umschwungs vom 7. bis 9. November ist wenig durchsichtig; es mag sein, daß die Russen bisher auf den chinesischen Widerstand gerechnet hatten, dem aber durch das Ereignis des 4. November die Eigenkraft genommen war; durch ihre Winkelzüge mochten sie hoffen, die chinesische Energie wiederherzustellen. Immerhin war das russische Vorgehen nach Sache und Form derart, daß die ganze Situation sich mit einem Schlage verschoben hatte: aus einer begrenzten Angelegenheit drohte sich plötzlich eine Krise der Großmächte zu entwickeln. Man sah in Berlin fast die Möglichkeit eines Krieges vor der Tür und fragte sich im Auswärtigen Amt, ob man nicht besser, da ein Bruch mit Rußland außerhalb des Rahmens der kaiserlichen Politik liege, einen anderen Platz wählen solle; vergeblich suchte man noch am 12. November Proklamation und Besetzung zu verschieben, bis eine unbefriedigende chinesische Erklärung eingetroffen sei. Die deutsche Besitzergreifung wurde am 14. November 1897 vollzogen.

Die vollendete Tatsache konnte die in sich starke Position des Deutschen Reiches nur befestigen. Mit vollem Rechte berief sich der Reichskanzler, der bisher vorsichtig gebremst hatte, dem russischen Botschafter gegenüber auf die [459] Rolle, die auch für ihn das Telegramm des Zaren Nikolaus II. gespielt habe: "Der Inhalt des Telegramms hat mich entwaffnet. Jetzt, wo unser Kaiser engagiert ist, habe ich vor allem die Würde des Kaisers und Reiches zu berücksichtigen."71 Er konnte sich im stillen sagen, daß Rußland aller Wahrscheinlichkeit nach doch nicht von dem einen zum anderen Tage einen Entschluß zum Kriege gefaßt haben könne.

Doch auch Hohenlohe hielt es für angezeigt, sich in der ungeklärten Lage nach Fühlung umzusehen. Ein Erlaß an den deutschen Botschafter in London suchte den so lange verschütteten Weg wieder zu öffnen: "Es liegt auf der Hand, daß Graf Murawiew seine ungewöhnliche Sprache nur in Rücksicht auf unser schlechtes Verhältnis zu England72 gewagt hat. Es wäre daher auch für die vorliegende Angelegenheit gut, wenn seine Zuversicht in jener Richtung etwas erschüttert werden könnte. Eine Besserung unserer Beziehungen zu dem Inselreiche, die ja von uns ohnehin nie aus den Augen gelassen worden ist, läßt sich selbstverständlich nicht von heute auf morgen erreichen. Immerhin könnte sie vielleicht durch einen nach außen verwertbaren Schritt schon jetzt angebahnt werden."73 Graf Hatzfeld ergriff die Aufgabe, die seinem diplomatischen Geschick gestellt wurde, mit um so höherem Eifer, als er die in den letzten Jahren eingetretene Abwendung von England sehr bedauert hatte und sich obendrein sorgte, man würde sonst den Russen einen höheren Preis bezahlen müssen: "die schlimmste aller Lösungen in unserem Interesse wäre die Festlegung unserer Politik im russischen Sinne, und der Nachteil würde nicht durch den Besitz von halb China aufgewogen."

Er konnte wenigstens die eine Tatsache erkennen, daß England gegen die Festsetzung in der Kiautschoubucht keinen Einwand erhebe; da er die Erklärung verwerten durfte, daß Deutschland jeden südlicher gelegenen Ersatz für Kiautschou standhaft ablehne, schied jedenfalls China als Streitgebiet zwischen England und Deutschland aus.74 Aber darüber hinaus hatte er keinen Erfolg. Sein Versuch, bei dieser Gelegenheit ein Gebiet der Interessengemeinschaft in eine Vertragsform zu bringen, scheiterte an der Gesamtstimmung des englischen Kabinetts, in welchem wir wenig Freunde hatten, wie der Botschafter meinte.75 Salisbury [460] aber gestand ihm: man würde im Publikum eine nach außen hin erkennbare Annäherung an Deutschland nicht verstehen, die Regierung dafür tadeln, und die öffentlichen Erörterungen würden nur zu erneuten Rekriminationen und zu einer größeren Verstimmung gegen Deutschland führen: also sollte man sich nicht zu einem übereilten Versuche hinreißen lassen, die öffentliche Meinung zugunsten Deutschlands umzustimmen.

So sollte sich die Kiautschou-Krisis doch in einer deutschen Verständigung mit Rußland, nicht gegen Rußland, lösen. In der letzten Novemberwoche und in der ersten Dezemberwoche ließ die Heftigkeit der Spannung nach. Die russischen Staatsmänner erkannten das Berliner Argument an, daß ein näheres örtliches Heranrücken der deutschen Festsetzung in China zugleich die deutsche Politik zur Annäherung an Rußland nötige, ebenso wie eine Festsetzung im Süden Chinas sie in die Arme Englands getrieben haben würde. Wenn der Deutsche auch dem Russen in Kiautschou zu nahe auf den Leib gerückt war, so war diese Nachbarschaft erträglich, wenn nicht gar erwünscht, falls er sich eben dadurch für eine dauernde Interessengemeinschaft im fernen Osten gewinnen ließ. So teilte man am 14. Dezember in Berlin mit, daß man sich zur Besetzung von Port Arthur entschlossen habe, und daß Rußland und Deutschland im fernen Osten miteinander gehen müßten. In dem Antwortschreiben des Staatssekretärs von Bülow wurde die Hoffnung ausgesprochen, daß die beiden Kaiserreiche gemeinsame Sache angesichts einer gemeinsamen Gefahr machen würden.76 Man fand am 18. Dezember dafür auch die Formel: "daß die Politik der beiden mächtigen Nachbarreiche in der akuten Frage des Augenblicks sich in den Bahnen bewegt, wo die Gemeinsamkeit der Interessen sie hinwarf".

Die deutsche Politik legte besonders England gegenüber Wert darauf, daß sie das vorgesetzte Ziel aus eigener Kraft erreicht habe. Aber man konnte sich nicht verhehlen, daß man einen Außenposten gewonnen hatte, dessen Gestaltung und Behauptung noch tiefer in den Gegensatz der Mächte, so wie sie sich in Ostasien gruppierten, hineinführen würde. Die deutschen Akten aus diesen Wochen sind auch nicht ohne Sorge, daß sich hier der Knoten des Schicksals unberechenbar knüpfen könne; man ist darauf bedacht, "die Zukunft offen zu halten für ein harmonisches Zusammenwirken mit England, zunächst im beiderseitigen eigenen, dann auch im Weltinteresse", und hält nach Mitteln Umschau, der japanischen Politik Vertrauen zu Deutschland einzuflößen. Aber als am 12. März die [461] russische Pachtung von Port Arthur und Talienwan auf 25 Jahre erfolgte, geschah es doch mit dem Rückhalte an Deutschland, das sich dem englisch-japanischen Konferenzgedanken entgegensetzte.

Bülow rechnete damit, daß die verhältnismäßige Ungleichheit der russischen und deutschen Ansprüche in China ihre weltgeschichtliche Wirkung auf das Verhalten anderer Mächte nicht verfehlen würde; von dem großen China-Programm Rußlands erwartete er überhaupt, daß eine Bagatelle wie Kiautschou darüber in Vergessenheit geraten werde. Und für Deutschland nahm er dann die freie Hand in Anspruch: "Die Freundschaft, welche S. M. den Kaiser mit dem Zaren verbindet und diesem einen moralischen Anspruch auf deutsche Unterstützung gibt, verleiht andererseits unserem allergnädigsten Herrn den berechtigten Anspruch, als Berater vor der Tat in allen den Fällen gehört und berücksichtigt zu werden, wo hernach das Einsetzen deutscher Kraft für russische Zwecke erforderlich werden kann. Wenn aber durch das Überwiegen russischer Eigenart und spezifisch russischer Impulse der deutsche Rat wirkungslos gemacht wird, so erlangt damit ipso facto S. M. der Kaiser wieder die volle Freiheit, dasjenige zu beschließen, was nach Maßgabe der deutschen Interessen alsdann geboten ist."77

Der Kaiser hatte schon zu Beginn des Jahres dem Zaren eine neue Zeichnung gewidmet, mit den symbolisierten Gestalten Deutschlands und Rußlands als "Schildwachen am Gelben Meer zur Verkündung des Evangeliums, der Wahrheit und des Lichts im Osten". Und als der Vertrag über Port Arthur von China ratifiziert worden war, beglückwünschte er ihn von neuem: "Wir beide werden ein gutes Paar Schildwachen am Eingange des Golfs von Petschili abgeben, die gebührend, insbesondere von den Gelben, respektiert werden."78 So hatte wider alles Erwarten die Festsetzung in Kiautschou zunächst die Freundschaft mit Rußland noch weiter befestigt. Daß die Nachwirkungen damit nicht erledigt waren, sondern nun erst sich vorbereiteten, war das allgemeine Gefühl in der Welt. Und das war es, was einen Mann wie Waldersee sich für die Besetzung von Kiautschou doch nicht erwärmen ließ: "Ich hatte das Gefühl, daß wir uns in ein Abenteuer stürzten, und habe es jetzt in stärkerem Grade. Wir sollen Weltpolitik treiben! Wenn ich nur wüßte, was das sein soll; zunächst doch nur ein Schlagwort."79 Es war das Empfinden altpreußischen Geistes, der zögerte, einen seiner Geschichte so wesensfremden Schauplatz zu betreten.

Unmittelbar nachdem die ostasiatischen Weltrivalitäten in den Vordergrund getreten waren, ging die deutsche Politik dazu über, sich auch im nahen Osten ein [462] neues Feld aktiver Betätigung zu erschließen. Dieses interessanteste Beispiel für die allmähliche Fortentwicklung einer ursprünglich rein wirtschaftlichen Aktion zu einem Unternehmen von weltpolitischen Ausmaßen, das entscheidend in die Beziehungen der großen Mächte eingreift, liegt auf dem Boden der asiatischen Türkei.

Die ersten Ansätze zu deutschen Wirtschaftsunternehmungen führen in die achtziger Jahre zurück, als wirtschaftlich der französische Kapitaleinfluß vermöge der Ottomanbank und der Verwaltung der Dette Ottomane überwog, in die letzten Jahre Bismarcks, in denen die deutsche Politik zwar schon ein gewisses Interesse für die militärische Leistungsfähigkeit der Türkei zu verraten begann, in der Hauptsache aber an dem strengen Grundsatz der politischen Uninteressiertheit am Bosporus festhielt, der die deutsche Haltung von jener der anderen Mächte unterschied. Es war in den ersten Wochen der Regierung Kaiser Wilhelms II., am 15. August 1888, daß die Deutsche Bank in Berlin dem Auswärtigen Amt mitteilte, sie wäre geneigt, sich um die Konzession zum Bau und Betrieb des anatolischen Eisenbahnnetzes zu bewerben, und damit die Anfrage verband, ob ihr Vertreter bei seinen Verhandlungen auf diplomatische Unterstützung rechnen dürfe. Der von Bismarck sorgfältig durchkorrigierte Bescheid vom 2. September bejahte zwar die Frage, zog aber für gewisse Konsequenzen, der bisherigen Praxis entsprechend, eine ganz feste Linie: "In der Tat gehen deutsche Unternehmer durch Kapitalanlagen in anatolischen Eisenbahnbauten ein Risiko ein, welches zunächst in der Schwierigkeit der Rechtsverfolgung im Orient liegt, aber durch kriegerische und andere Verwicklungen noch gesteigert werden kann. Die darin für deutsches Kapital liegenden Gefahren werden ausschließlich den Unternehmern zur Last fallen, und werden die letzteren nicht darauf rechnen dürfen, daß das Deutsche Reich sie gegen die mit gewagten Unternehmungen im Auslande verbundenen Wechselfälle sicherstellen werde."80 Die amtliche Unterstützung trug jedenfalls dazu bei, daß der Sultan am 24. September 1888 die Anleihe und die Konzession der Bahn Haidar Pascha - Angora an die Gruppe der Deutschen Bank zu übertragen befahl. Ein gewisses Widerstreben im französischen und russischen Lager blieb zwar nicht aus, aber beruhigte sich wieder, da das Ganze doch nur als ein unpolitisches Geschäft im üblichen Wettbewerb erschien. Wenn damals die deutschen Unternehmer auch an einen staatlichen Rückhalt für ihre Finanzinteressen in Konstantinopel dachten, so stießen sie allerdings auf jene traditionelle Zurückhaltung der Reichspolitik, die gerade in der grundsätzlichen Uninteressiertheit die Stärke ihrer Stellung im Orient erblickte.81

[463] Immerhin, es handelte sich um die erste Anfangsstrecke einer großen Überlandlinie mit weitem Endziel,82 und als im Juni 1890 die erste Bahnstrecke dem Verkehr übergeben wurde, wagte der türkische Bautenminister schon die zukünftige Verlängerung bis Bagdad hoffnungsvoll anklingen zu lassen. Bald wurde die große Überlandbahn eine Lieblingsidee des Sultans. Es war bezeichnend, daß er schon am 7. Oktober 1891 - bald nach dem Zusammenschluß von Rußland und Frankreich - von Wilhelm II. seine moralische Unterstützung für das große Projekt erbat, doch wohl mit dem Hintergedanken, damit auch einen politischen Rückhalt von seiten des Deutschen Reiches zu gewinnen; und er empfing von dem Kaiser, für dessen Phantasie solche weitreichenden Pläne wie geschaffen waren, eine Versicherung seines wohlwollenden Interesses. Noch lagen die politischen Konsequenzen ganz im Dunkel. Wenn man in den Kreisen der Unternehmer und Ingenieure die Pläne über Bagdad hinaus bis an den Persischen Golf erstreckte und von einem neuen großen Verkehrsweg nach Indien sprach, wiegte man sich zugleich in dem Glauben, daß gerade England wegen der ihm gebotenen Vorteile an der Beschaffung des Geldes sich beteiligen werde.

Längst hatte der Wettstreit der kapitalistischen Interessentengruppen in der in Konstantinopel üblichen Weise begonnen, der deutschen Gruppe, die allen voranstand, einer französischen und einer englischen Gruppe, hinter ihnen die Botschafter mit allen Künsten der im Jildis-Kiosk herkömmlichen Intrigen, und hinter ihnen die großen Mächte selbst - es konnte nicht ausbleiben, daß bei einem so großen Objekt der Spekulation politische Rivalitäten sich zur Einmischung anschickten. Wir haben bereits gesehen, daß die Art und Weise, wie der englische Botschafter den Druck der englischen öffentlichen Meinung gegen die deutschen Pläne beim Sultan ins Feld führte, im Januar 1893 zur Folge hatte, daß die deutsche Politik diesen Einspruch als einen feindseligen Akt bezeichnete und entsprechend beantwortete. Indem man in Berlin sogar zu dem großen Hebel Ägypten griff,83 der bisher nur auf den kolonialen Schauplätzen Afrikas benutzt worden war, um in den kleinasiatischen Zukunftsplänen den guten Willen Englands zu erzielen, hatte man das Stadium der unbedingten politischen Uninteressiertheit im Orient bereits verlassen und mit der Politisierung der Absichten des deutschen industriellen Finanzkapitals begonnen. Man sieht allmählich ein deutsches Wirtschaftsinteresse erwachsen, das auch der deutschen Politik eine gewisse Rücksichtnahme auferlegen wird.

Damals kamen die Dinge infolge der allgemeinen Gefährdung der Türkei wieder zum Stehen: das Meerengenproblem, die armenischen Greuel, der [464] kretische Aufstand und der griechische Krieg drängten sich dazwischen. Erst seitdem das russisch-österreichische Abkommen vom Mai 1897 den nahen Orient befriedet hatte, trat die Entwicklung der Bagdadbahnpläne in ein neues Stadium; als dann die ostasiatischen Rivalitäten in dem gegenseitigen Verhältnis der Mächte in den Vordergrund rückten, war die Weltlage eine andere geworden. So fand Herr von Marschall, der nach seinem Rücktritt als Staatssekretär im Herbst 1897 als Botschafter nach Konstantinopel übersiedelte, eine günstige Lage vor, um die ins Stocken geratenen Pläne mit dem ganzen Gewicht seines Willens und seiner Phantasie wieder aufzunehmen. Mit seinem Bericht an den Reichskanzler vom 9. April 1898 setzt eine neue Ära in der Geschichte des Projektes ein: er drängte, die Wünsche des Sultans nicht mehr mit gutem Willen zu vertrösten, sondern die Vorbereitungen für den Bahnbau bis Bagdad sowie für die Schiffbarmachung des Euphrat und Tigris mit der Tat aufzunehmen. Am 17. Mai 1898 gab der Kaiser dem Auswärtigen Amt formell zu erkennen, daß er sich lebhaft für die Bagdadbahn interessiere.84 Es war, als wenn das Deutsche Reich gleichsam die Früchte der in den letzten Jahren zur Erhaltung der Türkei getriebenen Politik pflücken, aus seiner mehr defensiven Haltung in der Orientpolitik zu einem aktiven Ausgreifen übergehen wolle. Der Entschluß des Kaisers zu seiner Orientreise war nicht allein durch die Absicht eines Besuches in Jerusalem und den heiligen Stätten hervorgerufen, sondern sollte zugleich der Förderung der praktischen Wirtschaftsziele im Orient dienen.

Von dieser Wendung war man in Berlin nicht an allen leitenden Stellen begeistert. In dem Auswärtigen Amt läßt sich ein bewußtes Hinweisen auf die Bismarcksche Tradition beobachten.85 Es war ein ungewöhnlicher Vorgang, daß im Schoße des preußischen Staatsministeriums sich auf allen Seiten Bedenken gegen die Orientreise des Kaisers erhoben.86 Der Widerspruch schien sogar in Sachen der Bagdadbahn auf finanzielle Motive überzugreifen. Die Deutsche Bank hatte den vorläufigen Weiterbau der Bahn von einer moralischen Unterstützung der Unternehmung abhängig gemacht dergestalt, daß sich die Preußische Seehandlung (Staatsbank) zur Mitemission der Obligationen der Anatolischen Bahngesellschaft verpflichtete. Daraufhin hatte Bülow, in Verfolg der Allerhöchsten Entschließung, der Seehandlung "im Interesse der politischen Stellung Deutschlands in der Türkei und insbesondere des deutschen Einflusses in Klein- [465] asien" ein Entgegenkommen nahegelegt.87 Der Präsident der Seehandlung aber lehnte, im Einverständnis mit dem preußischen Finanzminister von Miquel, die Mitwirkung ab, da es sich um immerhin spekulative und einstweilen nicht ausreichend fundierte Unternehmungen handle.88 Es gibt zu denken, daß in diesem Stadium eine altpreußische Behörde ihre finanziellen Einwände nachdrücklicher zur Geltung bringt als das Auswärtige Amt etwaige Bedenken, die in außenpolitischen Erwägungen ihre Wurzel hatten.

Es konnte keine stärkere moralische Unterstützung für ein Regime gedacht werden, dessen Dauerhaftigkeit von mehr als einer Großmacht sehr kritisch angesehen wurde, als die Orientreise Wilhelms II. dem Sultan Abdul Hamid gewährte. Gerade nach den Erschütterungen der letzten Jahre machte es einen gewaltigen Eindruck in der Welt, der europäischen und der asiatischen Welt, daß der Kaiser in einem persönlichen Hervortreten, das tiefer verband als vertragsmäßige Verpflichtung, mit der Macht des Reiches sich auf die Seite des Osmanischen Reiches gestellt hatte. Der Höhepunkt war die Rede von Damaskus am 8. November 1898: "Möge S. M. der Sultan, mögen die dreihundert Millionen Mohammedaner, die auf Erden zerstreut in ihm ihren Kalifen verehren, dessen versichert sein, daß zu allen Zeiten der Deutsche Kaiser ihr Freund sein wird." Es ist bezeichnend, daß der Staatssekretär von Bülow die Bekanntgabe des enthusiastischen Wortlautes zu verhindern suchte, während Marschall die für seine Politik unvergleichliche Karte schon an sich gerissen hatte und ihren Lauf gehen ließ.89 Der Eindruck war ungeheuer. Gegenüber dem Imperialismus der Mächte, der über die kleineren und schwächeren Gewalten zerstörend hinwegschritt, meldete sich eine deutsche Weltpolitik an, die einem großen Völkerkreise sein selbständiges Eigenleben zu verbürgen schien. In der besonderen Nutzanwendung auf das Schicksal der Türkei atmete die Rede, so wenig Politik im engeren Sinne sie auch enthielt, den Geist eines ausgesprochenen Gegensatzes zu den Entwürfen, in denen Salisbury sich im Jahre 1895 bewegt hatte.

Die nächsten Früchte blieben nicht aus. Der Kaiser hatte schon bei seinem Besuch in Konstantinopel am 18. Oktober das ganze Gewicht seiner liebenswürdigen Persönlichkeit für die Durchführung des Bagdadbahnplanes in die Waagschale geworfen. Schon am 29. Januar 1899 erging das definitive Irade des Sultans, das der Anatolischen Eisenbahngesellschaft die Konzession für die Erbauung eines großen Handelshafens in Haidar Pascha erteilte. Nach der Rückkehr des Kaisers eröffnete das Auswärtige Amt dem weitblickenden Direktor der Deutschen Bank, Georg v. Siemens, daß es vollständig bereit sei, den Eisen- [466] bahnplan nach allen Richtungen hin zu fördern und bei der Pforte zu unterstützen.90

Die entscheidende Frage war, wie die übrigen Großmächte sich zu dem weitausschauenden Unternehmen stellen würden. Schon die Konzession für Haidar Pascha war nicht nur auf französischen Widerstand gestoßen; er mochte um so weniger besagen, als die englisch-französische Spannung wegen Faschoda noch nicht abgelaufen war und einen Teil der öffentlichen Meinung in Paris beherrschte. Aber auch der russische Außenminister Murawiew verhehlte nach der Erteilung der Konzession nicht seine Besorgnis, daß diese ökonomischen Interessen der Deutschen eines Tages mit den russischen Interessen dort in Kollision treten könnten: "Deutschland würde im gegebenen Moment seine wirtschaftlichen Unternehmungen zu verteidigen genötigt sein, und diese Verteidigung werde sich dann gegen Rußland richten, das in den in Frage stehenden Gegenden seinerseits wichtige Interessen zu verfolgen habe."91 Das war zunächst nur eine Ankündigung ferner Möglichkeiten und wurde von deutscher Seite beruhigend mit dem Gedanken beantwortet, daß selbst für den äußersten Fall einer Besitzergreifung des Bosporus durch Rußland doch die deutschen rein wirtschaftlichen Interessen aus einem solchen Wechsel nur gewinnen würden - aber die russischen Besorgnisse konnten eines Tages mit verstärktem Nachdruck wiederkehren. Die Engländer mischten sich nicht ein, vielleicht in der Berechnung, daß das russische Unbehagen über den deutschen Eindringling auf die Dauer sich zu einem stärkeren politischen Faktor auswachsen könne. Während die Engländer einer kapitalistischen Beteiligung auswichen, gelang es der geschickten Diplomatie Marschalls ein wirtschaftliches Zusammengehen mit Frankreich (Deutschland 60%, Frankreich 40%) in die Wege zu leiten. Der französische Botschafter Constans sah damit schon "für Franzosen und Deutsche den Moment kommen, sich wirtschaftlich zu verständigen" (12. April 1899).

Auf dieser Grundlage wurde das Gesuch um die große Konzession, das am 30. Mai 1899 vorgelegt worden, vom Sultan am 23. Dezember 1899 durch Bewilligung einer Vorkonzession entschieden. Für die Banken und die Ingenieure war der Weg geöffnet.

Die Frage war nur, ob das wirtschaftliche Argument auf die Dauer ausschlaggebend bleiben würde. Herr von Marschall, der die ganzen Zusammenhänge am tiefsten durchdacht hatte, glaubte die auf dem Grunde liegende Schwierigkeit überwinden zu können.92 Er verhehlte sich nicht die beiden fundamentalen Tatsachen, daß Rußland unentwegt die allmähliche Zersetzung des ottomanischen Staatsgebildes vor Augen habe, und auf der anderen Seite, daß die Gesamtheit [467] der deutschen Unternehmungen auf die Erhaltung der Türkei, auf ihre (wirtschaftliche und militärische) Stärkung, gegen den Verfall wirken werde. Aber Rußland werde diesen Prozeß nicht hindern können. Das Bedeutsame liege darin, daß alle großen wirtschaftlichen Unternehmungen in der Türkei mit fremdem Kapital gegründet seien: "Je mehr fremdes Kapital türkischen Unternehmungen zufließt, um so weiter zieht sich der Kreis des Interesses an dem Fortbestand des Türkischen Reiches. Und die Präponderanz der wirtschaftlichen Interessen, welche eine Signatur der heutigen Zeit bildet, zwingt mit einer gewissen elementaren Gewalt die Staaten, welchen jene Kapitalien entstammen, zu einer erhaltenden Orientpolitik und damit zu einer Stellungnahme gegen das, was Rußland am letzten Ende anstrebt." Man sieht die Gedankengänge fortentwickelt, die schon in den Verhandlungen Caprivis und Marschalls über den österreichischen Handelsvertrag im Jahre 189193 zum ersten Male auftauchen. Wenn Rußland zunächst ernsteren Einspruch zurückstellte, so geschah es nicht aus einem grundsätzlichen Unterwerfen des politischen unter das wirtschaftliche Interesse, sondern weil sich in der damaligen Weltlage das Schwergewicht seiner politischen und wirtschaftlichen Interessen vom nahen Orient nach Ostasien verlagert hatte. Die Zurückhaltung war nur dann von Dauer, wenn sich die Weltlage von 1898/99 nicht in ihren wesentlichen Voraussetzungen veränderte.

Aber der Glaube an den Primat der Wirtschaft begann sich damals vieler führender Köpfe im Unternehmertum zu bemächtigen. Wenn die großen Möglichkeiten, die sich auf lange Frist hinaus enthüllten, nicht nur den Kaiser persönlich, sondern weite Schichten des Volkes begeisterten, so spielte doch die Überzeugung von einer "friedlichen Eroberung des Weltmarktes" dabei mit.94 Gewiß waren Bülow und Siemens im Recht, wenn sie die Durchführung nur "bei einer vorsichtigen, geschickten und namentlich bei einer den Frieden erhaltenden deutschen Politik" für möglich hielten,95 aber damit war noch nicht die ganze Wahrheit ausgesprochen. Das Gelingen war an den Weg der großen Politik gebunden, den Deutschland innerhalb der europäischen Staatengesellschaft zurückzulegen hatte.

Wenn sich die deutschen wirtschaftlichen und politischen Energien in solchem Ausmaß auf einem zweiten Schauplatz der Welt, nach dem ostasiatischen, in den bisher überwiegenden englisch-russischen Gegensatz einschoben, so komplizierte sich damit das schon längst verwickelter gewordene System der Beziehungen zu den großen Mächten. Diese politischen Konsequenzen mochten jetzt von dem günstigen Augenblicke noch verhüllt sein, aber sie mußten mit der Zeit, wenn der [468] Bau erst fortschritt und seine Linienführung entschieden wurde, sich wieder deutlicher herausstellen.

Ein Mann von dem Weitblick Holsteins konnte sich über die neue Problemstellung nicht täuschen. Es suchte sich, noch ein Jahr vor Kiautschou und Orientreise, das Neue der Aufgabe klar zu machen:96

      "Ohne Prophet zu sein, kann man doch sagen, daß die Orientfrage sowohl wie die ostasiatische in ihrer weiteren Entwicklung neue Gruppierungen schaffen werden. Furcht, Erwerbs- und Erhaltungstrieb, Tradition, Legende werden den Kitt der gegenüberstehenden Gruppen bilden. Das heutige Deutsche Reich mit in sich preußischem Kern, welches für Europa keinen Erwerbs-, sondern nur einen Erhaltungstrieb, welches überdies keine Kreuzzugslegenden, sondern nur politische Traditionen neuen Datums und positiven Inhalts hat, wird durch diese Faktoren zunächst auf die russische Seite gewiesen. Mit dieser Grundanschauung, welche als fester Punkt in der uns bevorstehenden Flucht der Erscheinungen schon heute zu bezeichnen ist, tritt die Regierung S. M. des Deutschen Kaisers in das jetzige Vorstadium der Orientkrisis ein. Wenn wir in Rußland die Gegenseitigkeit finden, auf die wir nach nüchterner Erwägung der beiderseitigen Interessen glauben rechnen zu können, so werden die Verständigungen im einzelnen konkreten Falle leicht sein."

Man glaubt aus den allgemein gehaltenen Sätzen die folgenden Leitmotive herauszuhören: Fortsetzung der saturierten friedlichen Kontinentalpolitik, realistische überseeische Interessenvertretung, Rückendeckung in der kontinentalen Bündnisgruppierung. Schon die Festsetzung in Kiautschou gelang, wie wir sahen, nicht ohne Belastung dieser Grundsätze: der Eintritt in die Politik der Bagdadbahn zeigte wenigstens die Möglichkeit neuer Schwierigkeiten an.

Damals lag das alles in der Zukunft. Stärker als durch das Krüger-Telegramm von 1896, stärker als durch die Festsetzung in Kiautschou 1897 wurde durch das Orientprogramm von 1898/99 dem deutschen Volke zum Bewußtsein gebracht, daß es nun endgültig in ein neues Zeitalter eintrete. Der Mann, der im Augenblick als der stärkste Exponent dieser Wendung erschien, Herr von Marschall, war sich des Grundsätzlichen des neuen Kurses durchaus bewußt; er schrieb im Jahre 1899:97

      "Wenn ich ein Zukunftsbild male, wie die Dinge sich einst gestalten werden, wenn Deutschland fortfährt, sich im Orient wirtschaftlich auszustrecken - der Hafen von Haidar Pascha, dem zu erheblichem Teil auf deutschen Schiffen deutsche Waren zugeführt werden, die Bahnlinie von dort bis Bagdad ein deutsches Unternehmen, das nur deutsches Material verwendet und zugleich für Güter und Personen die kürzeste Linie bildet aus dem Herzen Deutschlands nach seinen ostasiatischen Besitzungen - so tritt dem vorschauenden Blick der Moment entgegen, in dem der berühmte Ausspruch, daß der ganze [469] Orient nicht die Knochen eines pommerschen Grenadiers wert sei, eine interessante historische Reminiszenz, aber keine aktuelle Wirklichkeit mehr bildet."

In dieser Formulierung war allerdings die Politik Bismarcks verlassen. Während der Schwerpunkt aller deutschen Außenpolitik die Lage in der Mitte Europas gewesen war und jedes weitere Ausgreifen diesem obersten Maßstabe schlechterdings untergeordnet wurde, konnte es nach solchen Sätzen scheinen, als wenn die energisch ergriffenen peripherischen Interessen ein Eigenleben zu entfalten begannen, das eines Tages belastend und umgestaltend auf die alles tragende Grundvoraussetzung in der Mitte des Kontinents zurückwirkte. Niemand kann sagen, daß dies schon in dem Augenblick der Fall war, als die Bagdadbahn-Konzession erteilt wurde, aber daß eine neue Problematik in die Führung der deutschen Außenpolitik einziehen würde, ließ sich schon jetzt nicht verkennen.

Als der Kaiser und Prinz Heinrich im Dezember 1897, vor der Ausreise des Prinzen nach China, einen letzten Besuch in Friedrichsruh abstatteten, machte Bismarck vergebliche Versuche, dem Gespräch eine politische Wendung zu geben. Der Kaiser - aus einem "Mangel an Ehrfurcht", der dem anwesenden Staatssekretär von Tirpitz auffiel - ging nicht darauf ein und Bismarck begnügte sich mit der allgemein sorgenvollen Betrachtung: "Majestät, solange Sie dies Offizierkorps haben, können Sie sich freilich alles erlauben; sollte das nicht mehr der Fall sein, so ist es ganz anders." Der Gründer des Reiches wäre wohl auch angesichts des entscheidenden Vorgehens in dem Bagdad-Unternehmen zu ähnlichen Empfindungen gekommen.

Er starb noch bevor der Kaiser die Orientreise antrat, am 30. Juli 1898, bis in seine letzte Todesstunde, als das Bewußtsein des Lebens schon schwand, gepeinigt von dem Gedanken an die Gefahren, denen seine Schöpfung, das Deutsche Reich, inmitten der Völker ausgesetzt werden könnte. Als der Kaiser nach Deutschland zurückkehrte, war das persönliche und politische Vermächtnis Bismarcks, die beiden ersten Bände der Gedanken und Erinnerungen in aller Händen. Sie enthielten, schon 1890/91 geschrieben, keinen besonderen Rat für die längst veränderte Lage, wie sie sich im Jahre 1898 herausgebildet hatte. In der großen Schicksalsfrage der deutschen Außenpolitik, die er selbst nicht bis zur letzten Entscheidung geführt hatte, zeigte er keinen eindeutigen Weg an. Er sprach kein einziges Wort über England und empfahl die Anlehnung an Rußland. In diesem Punkte wäre Bismarcks Vermächtnis den Männern, die seit dem Jahre 1894 die Außenpolitik geleitet hatten, eher als eine Bestätigung denn als eine Kritik dessen, was sie in diesen Jahren erstrebt, erschienen. Auf die Gestaltung der deutschen Politik, von Bülow und Holstein bis in die letzten Ausläufer der öffentlichen Meinung, hat die Stimme aus dem Grabe in den folgenden Jahren einen starken Einfluß ausgeübt.


59 [1/453]Über den Versuch der italienischen Diplomatie, einen Vorbehalt mit Rücksicht auf England anzumelden, s. oben S. 444. ...zurück...

60 [2/453]Hohenlohe 2, 522. ...zurück...

61 [3/453]Aufzeichnung Marschalls am 7. September 1896. Wilhelm II. an das Auswärtige Amt, 9. September 1896. Aufzeichnung Hohenlohes am 10. September 1896. Große Politik 11, 6; 337 ff. ...zurück...

62 [4/453]Er weilte vom 16. bis 19. Januar 1897 in Berlin. ...zurück...

63 [1/454]Große Politik 13, 60. ...zurück...

64 [2/454]Sehr charakteristisch die Aufzeichnung Holsteins vom 13. Juli 1897. (Große Politik 12, 302 f.) ...zurück...

65 [1/456]Bismarck, Sämtliche Werke, Bd. 7. ...zurück...

66 [2/456]Randbemerkung Kaiser Wilhelms II. zum 25. November: "Verhandelt ist genug worden! Verhandeln! nachdem der chinesische Gesandte selbst uns zur Gewalt rät und Heyking desgleichen! Das wäre geradezu lächerlich! Nein! Jetzt heißt es Schiffe konzentriert, Amoy oder Kiaochou genommen, Flagge gehißt und dann verhandelt!" Hohenlohe 3, 281 f. ...zurück...

67 [3/456]Hohenlohe 3, 282 f. ...zurück...

68 [1/457]Daß dies der Sinn des Abkommens war, bestätigen auch die Memoiren des Grafen Witte (Trad. franç. S. 87): "Avait réellement forcé l'Empereur Nicolas à reconnaître tacitement l'occupation allemande de Kiau Chou." ...zurück...

69 [1/458]Nach zwei Jahren urteilte er: "Ich habe aber doch Unrecht gehabt und hätte mit dem Ministerium dagegen Einspruch erheben sollen." Hohenlohe 3, 578. ...zurück...

70 [2/458]Große Politik 14, 1, S. 69. ...zurück...

71 [1/459]Holstein am 9. November: "Die russische Erklärung ist von so brutaler Deutlichkeit, daß es kaum nötig erscheint, dem Kaiser einen Rat zu geben. Er wird allein wissen, ob er Krieg mit Rußland will oder nicht." Hohenlohe 3, 411. ...zurück...

72 [2/459]Ähnliche Beurteilung der Stimmung in England bei Münster am 6. Dezember 1897. Waldersee 2, 409. ...zurück...

73 [3/459]Große Politik 14, 1, S. 83. ...zurück...

74 [4/459]Salisbury am 23. Januar 1898: "Bezüglich China sei nichts geschehen, was als gegen Deutschland gerichtet ausgelegt werden könnte." Aber zwei Tage darauf bot er Rußland die Teilung des Übergewichts in China an, vgl. S. 473. ...zurück...

75 [5/459]18. Dezember 1897. Große Politik 13, 45 ff. Hatzfeldt wollte mit der Gegenkonzession an Salisbury sehr weit gehen und regte in Berlin an: "etwa die Zusicherung, daß wir uns in die Beziehungen Englands zur Transvaalrepublik nicht mischen wollen", aber er erhielt keine Vollmacht, die Sache zu berühren: anscheinend kam er noch später vergeblich darauf zurück ("wenn wir nicht aus politischen Gründen große Opfer bringen wollen"). Große Politik 14, 1, S. 88, 95, 109. ...zurück...

76 [1/460]In einer Aufzeichnung Holsteins vom 12. Juli 1902 wird betont, daß es sich hier ausschließlich darum handelte, Kiautschou für Deutschland und Port Arthur für Rußland zu behaupten, und daß ausschließlich diese beiden Punkte den Gegenstand von Bülows Brief bildeten. Große Politik 19, 5. ...zurück...

77 [1/461]Bülow an Hatzfeldt am 8. Januar 1898. Große Politik 14, 1, S. 142 ff. Man beobachte, wie die Bismarcksche Terminologie der Außenpolitik durch Bülow in das Dynastische gewendet wird; dem moralischen Anspruch der Zarenfreundschaft auf deutsche Unterstützung würde Bismarck die feste Grenze der Staatsräson gezogen haben. Vgl. Hatzfeldt an Bülow 22. 1. 1898. ...zurück...

78 [2/461]Wilhelm II. an Nikolaus II., 4, 1, am 28. März 1898. ...zurück...

79 [3/461]Denkwürdigkeiten 2, 449. ...zurück...

80 [1/462]K. Helfferich, Georg von Siemens 3, 33 ff. (1923). Holborn, Deutschland und die Türkei, S. 86, 91 (1926). ...zurück...

81 [2/462]Erlaß Herbert Bismarcks vom 31. Oktober 1888: "Wir haben keine direkten eigenen politischen Interessen im Orient und können nicht finanzieller Fragen wegen auf unsere politische Nichtbeteiligung verzichten." ...zurück...

82 [1/463]Es steht dahin, ob die Bemerkung Bismarcks zum Zaren im Oktober 1889: die Aufnahme der Pforte in die Triple-Allianz sei für uns nicht möglich; wir könnten dem deutschen Volke nicht die Pflicht auferlegen, für die Zukunft von Bagdad Krieg mit Rußland zu führen (Große Politik 6, 359 f.), schon auf die Fortführung der Bahn anspielt. ...zurück...

83 [2/463]Vgl. oben S. 411. ...zurück...

84 [1/464]Große Politik 14, 2, S. 464 ff., 467. ...zurück...

85 [2/464]Gegenüber den übergreifenden Vorschlägen von militärischer Seite machte Unterstaatssekretär von Richthofen am 9. August 1898 geltend: "Die Knochen eines pommerschen Grenadiers dürften uns aber heute noch ebensoviel wert sein wie vor 10 oder 20 Jahren, und die Neigung, sie aufs Spiel zu setzen, dürfte bei der deutschen öffentlichen Meinung heute noch ebenso gering sein als zur Zeit, wo Fürst Bismarck seinen bekannten Ausspruch tat" (Große Politik 14, 2, S. 573 ff.). ...zurück...

86 [3/464]Posadowsky an Hohenlohe am 25. September 1898; Hohenlohe 3, 460. ...zurück...

87 [1/465]Große Politik 14, 2, S. 474. ...zurück...

88 [2/465]Über das Eingreifen Kaiser Wilhelms II. in die "dilatorische Behandlung seitens des Finanzministers von Miquel" vom 19. August 1900 vgl. Große Politik 17, 386 ff. Helfferich, a. a. O. 3, 87 f. 116. ...zurück...

89 [3/465]Bülow, Denkwürdigkeiten 1, 258. ...zurück...

90 [1/466]Bülow an Wilhelm II. am 17. März 1899. Große Politik 14, 2, S. 474. ...zurück...

91 [2/466]Große Politik 14, 2, S. 478 ff. ...zurück...

92 [3/466]Marschall an Hohenlohe am 6. Juni 1899. Große Politik 14, 2, S. 485 ff. Schlußsatz: "vor Prätensionen nicht zurückweichen". ...zurück...

93 [1/467]Vgl. S. 398 ff. ...zurück...

94 [2/467]Fritz Lenz, Aufriß der politischen Ökonomie, S. 100. ...zurück...

95 [3/467]Denkwürdigkeiten 1, 253. Bülow glaubte am 29. November 1899 feststellen zu können, daß "Rußland seinen früheren Widerstand gegen den Bau der Bagdadlinie aufgegeben und England seine Zustimmung erklärt habe". ...zurück...

96 [1/468]Aufzeichnung vom 27. Januar 1897. (Große Politik 13, 51 f.) ...zurück...

97 [2/468]K. Helfferich, Georg v. Siemens 3, 90. ...zurück...


Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte