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Warschau unter deutscher Herrschaft.
Deutsche Aufbauarbeit im Distrikt Warschau.

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Aufbau der Rechtspflege

Durch die kriegerischen Ereignisse im September 1939 war ein völliger Stillstand in der Rechtspflege eingetreten, der auch nach Beendigung der militärischen Ereignisse zunächst noch anhielt.

Die Regierung des Generalgouvernements hielt es für eine ihrer vornehmsten Pflichten, diese Rechtsunsicherheit zu beseitigen und wieder geordnete Rechtszustände zu schaffen. In der Hauptsache handelte es sich hierbei um zwei große Aufgabengebiete: Die Schaffung einer deutschen Gerichtsbarkeit und die Wiederingangsetzung der früheren polnischen Gerichtsbarkeit.


 
1. Einführung der deutschen Gerichtsbarkeit

Der staatsrechtliche Wandel der Stellung des Generalgouvernements im Verhältnis zur früheren Republik Polen kommt am besten dadurch auch nach aussen zum Ausdruck, daß seit Bestehen des Generalgouvernements auf dem Gebiet der früheren Republik Polen eine deutsche Gerichtsbarkeit errichtet worden ist. Die Einführung dieser deutschen Gerichtsbarkeit war aus mehreren Gründen eine staatspolitische Notwendigkeit.

Zunächst galt es, für die Volksdeutschen des Generalgouvernements wieder geordnete Rechtsverhältnisse zu schaffen.

Was die Volksdeutschen im früheren polnischen Staat erduldet und erlitten haben, ist allgemein bekannt. Die Zahl von 58 000 ermordeten Volksdeutschen besagt mehr als die längste Schilderung aller ihrer Leiden. Nicht aber ist überall bekannt, dass die Angehörigen des deutschen Volkstums früher gerade auf dem Gebiet der Rechtspflege so gut wie rechtlos gewesen sind. Mit diesen Zuständen musste endlich aufgeräumt werden. Die Angehörigen des deutschen Volkstums, die sich in der früheren Republik Polen treu zu ihrem Deutschtum bekannt haben, haben einen berechtigten An- [122] spruch darauf, als Deutsche von deutschen Richtern nach deutschem Recht beurteilt zu werden.

Aus diesen Gründen wurde für die Angehörigen des deutschen Volkstums die deutsche Gerichtsbarkeit im Generalgouvernement eingeführt.

Der Aufbau der deutschen Gerichtsbarkeit ist sehr einfach: In der ersten Instanz entscheiden die deutschen Gerichte und in der zweiten Instanz die deutschen Obergerichte. Im Distrikt Warschau gibt es je ein deutsches Gericht in Warschau und in Zyrardow sowie ein deutsches Obergericht in Warschau.

Daneben aber war die Schaffung einer deutschen Gerichtsbarkeit erforderlich, um die Beachtung der neuen Gesetze durch die gesamte Bevölkerung des Generalgouvernements zu überwachen.

Weite Kreise der polnischen Bevölkerung versuchten nach Beendigung der militärischen Ereignisse mit illegalen Mitteln gegen die deutschen Behörden zu arbeiten. Insbesondere wurden zahlreiche Verordnungen des Generalgouverneurs und Anordnungen der einzelnen Gouverneure, durch die die Ruhe und Ordnung im Generalgouvernement wiederhergestellt werden sollten, anfangs von weiten Kreisen sabotiert. Es war die selbstverständliche Pflicht der deutschen Zivilverwaltung, mit aller Schärfe dafür zu sorgen, dass die von ihr erlassenen gesetzlichen Anordnungen respektiert wurden und dass jeder polnische Rechtsbrecher, der diese gesetzlichen Bestimmungen übertrat, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurde.

Es liegt in der Natur der Sache, daß die Aburteilung derartiger Straftaten nicht polnischen Strafrichtern anvertraut werden konnte. Diese Aufgabe konnte nur von deutschen Gerichten erfüllt werden. Aus diesem Grunde kam es zur Schaffung der deutschen Sondergerichte im Generalgouvernement.

Die Rechtsprechung der deutschen Sondergerichte im Generalgouvernement und insbesondere des Sondergerichts in Warschau ist in der Auslandspresse oftmals Gegenstand schärfster Kritik gewesen, da angeblich von diesen Sondergerichten am laufenden Band Todesurteile verhängt wurden. Es handelt sich hierbei um eine bewusste Greuellüge einer feindlichen Auslandspropaganda, die durch die Tatsachen widerlegt wird; denn in den Zehntausenden von Strafprozessen, die durch die Hände der Anklagebehörde des Warschauer Sondergerichts gegangen sind, sind in den 2½ Jahren des Bestehens [123] des Generalgouvernements bis zum 1. 4. 1942 nur 149 Todesurteile von sämtlichen Kammern des Sondergerichts Warschau verhängt worden. Dabei hat es sich fast durchweg um Verbrecher gehandelt, deren Beseitigung gerade auch im Interesse der polnischen Bevölkerung lag, weil es Angehörige von Banden waren, die in den Anfängen des Generalgouvernements auf den Landstraßen die öffentliche Sicherheit gefährdeten oder weil es sich um Volksschädlinge handelte, die durch eine bewusste Sabotage der Schleichhandelsbekämpfung die Allgemeinheit aufs schwerste geschädigt haben, oder weil es Juden gewesen sind, die entgegen den gesetzlichen Bestimmungen die ihnen zugewiesenen jüdischen Wohnbezirke verlassen und dadurch zur Verbreitung des Fleckfiebers beigetragen haben.

Gewiss wird gegen jeden Rechtsbrecher mit der Schärfe des Gesetzes vorgegangen, aber diese Schärfe trifft eben nur denjenigen, der bewusst die bestehende Ordnung sabotiert hat.

Wer loyal die deutsche Aufbauarbeit achtet und unterstützt, erfreut sich in jeder Hinsicht eines weitgehenden Rechtsschutzes.


 
2. Die polnische Gerichtsbarkeit

Dieser weitgehende Rechtsschutz für jeden Angehörigen des Generalgouvernements und demnach auch des Distrikts Warschau ist dadurch herbeigeführt worden, daß die polnische Gerichtsbarkeit in der schnellsten Weise wieder in Gang gesetzt worden ist.

In kurzer Zeit konnten die 25 Burggerichte des Distrikts Warschau, die etwa den deutschen Amtsgerichten entsprechen, ihre Tätigkeit aufnehmen. Ebenso schnell wurden die beiden Bezirksgerichte in Warschau und Siedlce, die etwa die Bedeutung deutscher Landgerichte haben, wieder in Gang gesetzt. Auch die 3. Instanz der polnischen Gerichtsbarkeit, das Appellationsgericht Warschau, wurde als jetzt höchste polnische Instanz wieder eröffnet.

Lediglich der frühere Oberste Gerichtshof in Warschau, der etwa unserem Reichsgericht entsprach, wurde liquidiert, da diese Einrichtung mit dem Verschwinden der früheren Republik Polen ihre Existenzberechtigung verloren hatte.

[124] Die polnischen Richter sprechen auch heute noch nach polnischem Recht ihre Urteile. Es ist dies in weitesten Kreisen nicht bekannt, da immer angenommen wird, dass die polnische Gerichtsbarkeit beseitigt worden ist. Hiervon ist mit voller Absicht Abstand genommen worden; denn wenn das Generalgouvernement die "Heimstätte der Polen" sein soll, ist es auch selbstverständlich, daß die Polen, soweit es sich um rein polnische Prozesse handelt, nach ihrem eigenen Recht von eigenen Richtern beurteilt werden.

Kein polnischer Richter wird ernstlich behaupten, daß er in seiner Rechtsprechung irgendwie unfrei sei, da lediglich eine deutsche Oberaufsicht vorhanden ist, die nur in den seltensten Fällen zum Eingreifen Anlass gehabt hat. Seit Bestehen des Generalgouvernements sind im Distrikt Warschau, obwohl in dieser Zeit hunderttausende Rechtsstreitigkeiten vor polnischen Gerichten entschieden worden sind, nur vier Urteile polnischer Richter im Wege des Nachprüfungsverfahrens von der deutschen Aufsichtsbehörde überprüft worden. Diese Zahlen sind der beste Beweis dafür, dass auch heute noch die polnische Gerichtsbarkeit frei und unbeeinflusst nach polnischen Gesetzen Recht sprechen kann.

Von besonderer Bedeutung war bei der Wiederingangsetzung der polnischen Justiz die Überprüfung der polnischen Rechtswahrer.

Von den Richtern und Staatsanwälten wurde eine Treue- und Gehorsamserklärung verlangt, die folgenden Wortlaut hatte: "Ich erkläre, daß ich in Gehorsam gegenüber der deutschen Verwaltung meinen Dienst in der Rechtspflege treu und gewissenhaft erfüllen werde". Sämtliche polnischen Richter und Staatsanwälte sowie die Strafvollzugsbeamten, Gerichtsdiener und Bürobeamten haben diese Gehorsamserklärung abgegeben und entsprechend dieser Erklärung loyal ihre Pflicht getan.

Bei der Überprüfung der polnischen Rechtswahrer wurde in besonderer Weise die polnische Advokatur einer Nachprüfung unterzogen. Hier kam es im Gegensatz zu den Richtern und Staatsanwälten zu einer gründlichen Reorganisation, da die Verhältnisse der Warschauer Advokatur in keiner Weise den deutschen Rechtswahrerbegriffen entsprachen.

Fast 50% aller im Distrikt Warschau damals tätigen polnischen Advokaten waren Juden, die mit ihrem entsprechenden jüdischen Benehmen das Ansehen der polnischen Advokatur aufs schwerste untergraben hatten.

[125] Dazu kam, dass in der früheren polnischen Advokatur, wie die Durchsicht der Disziplinarsachen ergab, berufliche Verfehlungen vorgekommen waren, die nach Art und Umfang für deutsche Rechtsbegriffe unvorstellbar waren.

Die wichtigste Maßnahme zur Beseitigung dieser Mißstände war der sofortige Ausschluss aller Juden. Insgesamt sind aus der früheren Warschauer Anwaltskammer 1 131 jüdische Advokaten ausgeschlossen worden. Damit ist die Warschauer Advokatur judenrein.

Mit diesem Ausschluss der Juden ist ein altes Ziel des früheren polnischen Advokatenverbandes in Erfüllung gegangen. Die besten Vertreter der früheren polnischen Advokatur, in der gerade mit Rücksicht auf die Verjudung bei den arischen polnischen Advokaten auffallend starker Antisemitismus geherrscht hatte, hatten jahrzehntelang für diese Beseitigung der Juden aus der Advokatur gekämpft, ohne natürlich angesichts der politischen Verhältnisse in der früheren Republik Polen ihr Ziel zu erreichen. Der Ausschluss der Juden ist deshalb auch von der überwiegenden Mehrheit der polnischen Advokaten mit Dank begrüßt worden. Dies konnte bei einer Befragung aller polnischen Advokaten eindeutig festgestellt werden, da fast 90% aller polnischen Advokaten sich ausdrücklich bei dieser Befragung für den Ausschluss der Juden ausgesprochen haben.

Neben dieser Säuberung von jüdischen Elementen erfolgte eine weitere Reinigung der Advokatenkammer von beruflich nicht einwandfreien Advokaten, die durch ihre disziplinarischen Verfehlungen gezeigt haben, daß sie nicht würdig sind, an der Rechtspflege mitzuarbeiten.

Hierbei haben die Selbstverwaltungskörper der polnischen Advokatur außerordentlich stark mitgewirkt. Insbesondere hat das Disziplinargericht der Warschauer Advokatenkammer durch eine strenge Rechtsprechung dafür gesorgt, daß die sehr laxen Auffassungen aus der Zeit der früheren Republik Polen nach und nach einer strengeren Berufsauffassung gewichen sind.

Überhaupt kann festgestellt werden, daß auf dem Gebiet der Rechtspflege durch eine sachliche Arbeit ausserordentlich viel Gutes erreicht worden ist. Der kommissarische Anwaltsrat, der an der Spitze der polnischen Advokatenkammer Warschau steht, hat sich stets in sehr energischer Weise für eine Besserung in der berufsethischen Haltung der polnischen Advokaten eingesetzt, wobei er die [126] weitgehende Unterstützung der deutschen Dienstaufsicht gefunden hat.

Auf dem Gebiet der Rechtspflege ist durch eine dreijährige Arbeit erreicht worden, daß alle beteiligten polnischen Rechtswahrer von sich aus für eine Besserung in der Haltung des Rechtswahrertums eingetreten sind und dass dies geschehen ist, ohne dass seitens der deutschen Justiz mit drakonischen Maßnahmen vorgegangen werden mußte. Eine strenge, aber stets gerechte Dienstaufsicht über die Maßnahmen der polnischen Justiz, die im übrigen frei und unabhängig nach eigenen Gesetzen arbeiten konnte, reichte vollkommen aus, um eine ordnungsmässige Rechtspflege zu schaffen.


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