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Mädel im Kampf. Erlebnisse und Erzählungen.
[128]
Mädel im Moor
Nacherzählt von Margarete Dargel

Es war im Jahre 1934, zu jener Zeit, als überall in Deutschland die Einheiten des BDM. gegründet wurden.

Da kam auf die Dienststelle des BDM. ein Brief, der den Stempel eines Grenzdorfes im Nordosten der Provinz trug:

"Wir haben im Sommer so viel Arbeit, daß uns keine Zeit mehr für den Heimabend bleibt, deshalb bitten wir um Dienstbefreiung bis zum Ernteschluß."

Nachdenklich nahm ihn die Führerin immer wieder auf, bis sie endlich unwillig als Antwort schrieb, daß sie in der nächsten Woche an einem bestimmten Tage dort sein würde.

Es war doch schließlich allerhand, daß die jüngste Mädelschaft, die erst zwei Monate bestand, jetzt schon Urlaub verlangte.

So fuhr die Führerin auch in der Absicht ab, den Mädeln ordentlich die Meinung zu sagen und den Geist dieser Mädelschaft zu bessern.

Aber ihre Stimmung wurde bereits eine ganz andere, als sie nach langer Fahrt auf der Fahrstraße den stillen Weg in das Moor abbog.

[129] Schnurgerade lief er durch das Moor, und man sah es, daß er eigens durch die Wildnis gelegt war, um diese stille Welt mit der lauten zu verbinden. Zu beiden Seiten der Straße liefen Gräben voll stehendem, schwarzen Moorwassers, auf denen wie weiße Teller die Wasserrosen lagen und an deren Rändern die lichtgelben Schwertlilien blühten. Kein Weg ging nach links oder rechts ab, nur schmale Jägerpfade führten über die Gräben in das Moor hinein.

Das stand bedeckt mit seinem üppigsten Sommergrün. Die niederen Erlen und schlanken Birken ließen ihre harten, saftig grünen Blätter in der Sonne glitzern, und das Wollgras staubte in dicken Flocken über die Gräser. Hätten nicht überall die schwarzen Moorlöcher hindurchgesehen, wäre man am liebsten in dieses Grün gelaufen, das so rein dastand. Aber über dem Gras tanzten nur die Mücken in Schwärmen und gaben dabei den singenden Ton ab, der hoch den ganzen Weg entlangzog.

Eine Stunde dauerte schon diese Fahrt auf dem Moorweg, und kein Mensch war zu sehen gewesen. Nur einmal trabte die Postkutsche vorbei, die hier noch fährt, beladen mit Paketen und Körben, und den Bock besetzt mit zwei Mitreisenden. Der Kutscher grüßte und war bemüht, mit der Peitsche dem Pferd die Bremsen zu wehren.

Erst nach zwei Stunden war dieser Weg zu Ende, er [130] bog ab und führte nun an einem breiten Graben entlang, auf dem die Fischerfrauen Kähne mit Heu beladen mit langen Stangen ins Dorf stakten.

Das Dorf machte einen überraschenden Eindruck.

Es liegt mit seinen Häusern und Ställen zu beiden Seiten des Flüßchens, das ruhig zum Haff geht. Langsam ziehen auf ihm die flachen Keitelkähne zum Fischfang aufs Haff hinaus und lassen die rotweißen Bänder an den bunten Wimpeln wie zum Gruß flattern.

Dicht am Ufer, zu beiden Seiten des Flusses, stehen aneinandergedrängt die Ställe, die hier weniger für das Vieh, als für die Fischereigeräte da sind, und die vor allem als Bootsspeicher dienen. Gleich hinter dem Stall, vom Fluß aus gesehen, liegt das Wohnhaus, vom Stall getrennt durch die Uferstraße. Mit seiner Längsseite steht es zur Straße, gebettet in Grün, aus dem nur die dunklen Strohdächer sehen, mit dem uralten Schmuck am Giebel. Heilige Symbole hüten hier das Haus: dort kreuzen sich zwei Pferdeköpfe über dem Giebel, hier trägt er zwei Schwanenköpfe, woanders zwei Fische.

Die Führerin hatte bei allem Schauen vergessen, warum sie in dieses Dorf gekommen war und wurde durch den herzlichen Gruß zweier Mädel aufgeschreckt. Die nahmen sie gleich zum Essen in eines jener alten Fischerhäuser mit und machten sich dann auf zu den arbeitenden Mädeln im Moor.

[131] Gleich hinter den Häusern lagen die Felder, die man dem Moor, das bis an das Haff reichte, abgerungen hatte.

Sie waren nicht viel größer als anderswo die Bauerngärten und waren auch wie diese eingeteilt. Die Beete standen gleich frisch aufgeworfenen Grabhügeln eins ans andere gereiht, zwischen denen in tiefen Gräben das schwarze Moorwasser stand. Und über den Wassern tanzten die Mücken in dichten Säulen bis in die Höhe der Baumkronen herauf. Stechend stieg der Geruch von dem üppigen Zwiebellauch und den vertrocknenden Gurkenblättern aus den Beeten. Darüber brannte die Sonne, daß die Luft zu zittern begann.

In dieser Sonnenglut arbeiteten in schweren Holzschuhen und mit großen Hüten die Mädel. Die einen behäufelten mit der schweren Erde die Kartoffeln, in denen das Unkraut üppiger stand als die Aussaat. Die anderen sammelten die Zwiebeln und Gurken in große Körbe, die sie vor die Schuppen trugen, vor denen schon die alten Mütterchen saßen und die Zwiebeln zum Trocknen auslegten.

Auf dem abgeernteten Land zogen die Frauen den Pflug - die Männer waren beim Fischfang - und trieben die Pferde zum mühseligen Gang im Moor an. Die Pferde trugen Holzschuhe an den Hufen, damit sie nicht im Moorboden einsanken.

[132] Bis in die große Mittagsglut hinein ging die Arbeit unentwegt. Die einen waren bleich geworden, die anderen glutrot, und immer, wenn sie sich aufrichteten, verschwamm es ihnen vor den Augen. Die Hitze, die unerträglich war, machte ein Arbeiten unmöglich, und doch mußte sie geschafft werden.

Lautlose Stille lag über den Feldern, nur manchmal wieherte ein Pferd beim Stechen der Bremsen, gegen die sich die Menschen kaum noch wehrten.

Die Mädel waren erschöpft, und es fiel kein Wort beim Mittagsmahl. Es war auch nur kurz, denn das Haus mußte besorgt werden. Danach ging es auf den leichten Kähnen hinaus zum Haff, um die Väter zu erwarten und den Fang zu bergen.

Die zogen gerade ihre Kähne an den seichten Uferrand, und die Mädel liefen mit den Körben und Säcken herbei, um die Fische aus den Netzen und Booten zu lesen.

Oft wechselten die Väter nur die Netze und zogen zur Nacht noch mal zum Fang. Dann standen die Mädel beim Morgengrauen wieder an den Booten und ruderten die Fische heim. Die Nacht, die vom späten Abend bis frühen Morgen schon so kurz war, wurde dann noch gebraucht zum Netzeaufhängen und -flicken, oder der frühe Morgen zum Trocknen und Räuchern der Fische. Es galt, die vier bis fünf Sommermonate, die so schwere Ernte zu Land [133] und Wasser brachten, zu nutzen. Dabei wurden die Arbeitsstunden so lang und die Ruhestunden so gering.

Als die Führerin im Morgendämmern die beiden Mädel wieder aufbrechen hörte, schämte sie sich ihres Schlafens und vor allem ihrer Anmaßung. Sie war hergekommen, um zu strafen und zu lehren was Pflicht sei und fand sie schon bis zum Äußersten erfüllt. Sie kannte kein Tagewerk eines Mädels, das beim Sonnenaufgang begann und vor dem neuen manchmal erst beendet war und dabei so harte Arbeit brachte.

Und an diesem Kampf um das tägliche Brot hatte das Schicksal nicht einmal genug.

Es hatte dem Menschen hier noch einen anderen auferlegt.

Der Fluß, auf dem sie fuhren, ehemals deutsch von der Quelle bis zur Mündung, war nun Grenze, und es stand Gefängnis darauf, wenn man seine Mitte überfuhr. Aber von dem anderen Ufer kamen viele herüber, die Vorteile brachten und Erleichterung, wenn man ihr Geld annahm und dafür etwas vom Deutschtum abgab. Man bekam dafür gerade das, was man oft so notwendig brauchte und doch durfte man es nicht annehmen.

Der Kampf um Leben und Brot war schwer.

Noch schwerer der um sein Volkstum.

Aber er wurde so sicher und zäh gewonnen, wie all- [134] jährlich die Frucht aus den Wassern und Sümpfen und der Fang aus der See.

Die Menschen hier standen in ewigen Diensten der Erde, des Meeres und des Volkes.

Und so war es müßig, mit ihnen über "Dienst" zu sprechen. Sie hatten ihn schon Generationen hindurch gelebt.




[135]
Engelke
Nacherzählt von Margarete Dargel

Immer blieb Engelke im Haus, wenn draußen hinter der Düne die Wellen hochsprangen und wie wilde Pferde über das Wasser galoppierten. Sie wußte wohl, daß die Wellen einen nicht niederreiten konnten, wenn man oben am Dünenkamm stand, da sie sich alle im weißen Sand zu Tode rasten. Aber ihr Donnern klang wie jenes in den roten Nächten, als die wilde Jagd durch die masurischen Dörfer jagte. Deshalb ließ sie ihre Gespielen allein dort oben im rauchenden Sand. Die zogen mit Jubeln die schweren Holzstämme vom Strand hinauf und hoben eifrig die gelben Tangketten hoch, um den goldenen Bernstein zu finden. Sie hatten ihre dichten Ölmäntel an und den spitzen Südwester und zitterten vor Freude von dem wilden Springen vor den Wellen und der Gier nach dem Meeresgold. Weit tiefer im Wasser, bis zum Rand der langen Stiefel, standen die Väter mit großen Köchern, griffen tief in den aufgewühlten Tang und warfen den Inhalt weit hinter sich auf den Sand. Und wie Möwen auf einen toten Fisch, stürzten die Kinder auf die Tangberge. Da gab es unzählige Stücke Bernstein, vom Honiggelb bis zum Buchenrot, oft schwarz verkrustet und [136] unkenntlich. Die größeren Kinder sammelten sie sorgsam in ihre Beutel, während die Kleinen sich die Muscheln holten, oder Steine, die vom Wasser besonders bunt glitzerten. Keines von ihnen mochte jetzt ins Haus. Das war viel schöner als die Fische aus den Netzen lesen, wie sie es allabendlich taten, wenn die Väter vom Fang zurückkamen.

Nur Engelke ging heim, schnell und ängstlich und hielt sich mit beiden Fingern die Ohren zu. Sie konnte dies Donnern der Wellen nicht hören, das sie immer wieder an jene Schreckensnächte erinnerte, als die Russen durch die Dörfer rasten. Sie setzte sich dann an die Wiege des Kleinsten und schaukelte ihn zur Ruhe. Denn auch die Kleinen konnte sie nicht weinen hören, da sie genau so elend jammerten wie ihr Brüderchen in jener Nacht, als die Russen die Flammen in ihr Dorf warfen und alles Lebende vor sich hertrieben.

Jene Nacht war es eben, die sie nie verwinden konnte und die ihr Leben so gewendet hatte.

Sie war nämlich gar kein Fischerkind wie alle hier, obwohl sie so strohblond war wie sie und helle Augen hatte.

Sie stammte von einem der vielen Seen in Masuren, dessen Namen zu sprechen sie damals noch nicht gelernt hatte. Sie wußte nur noch, wie still er war, zum Unterschied zu der großen See, und daß man weit, ganz weit [137] in ihn hineingehen konnte und weiße Muscheln in seinem Sand vergraben waren. Und daß der Kahn im Schilf stand und es raschelte, wenn er in das Wasser gestoßen wurde. Viel mehr konnte sie nicht sagen vom See und Heimatort, und mehr würde sie in ihrem Leben auch nicht davon erfahren.

Es stand sehr traurig um Engelke, und das hing mit jener Nacht zusammen.

Und die war so gewesen.

Sie konnte sich noch erinnern, daß eines Tages im Dorf alle Leute zusammenstanden, ihre Kinder bei der Hand hielten und immer von den Russen redeten. Es wurde an diesem Tage nichts geschafft. Nur am Abend kam der Befehl, daß morgen alle Wagen zur Flucht fertiggemacht werden sollten. Die Kinder wurden früh ins Bett gesteckt, nur die Mutter packte und kramte in die Nacht hinein - Vater war schon lange im Krieg -, bis auch endlich sie das Licht löschte und sich hinlegte.

Es kann nicht mehr lange danach gewesen sein, als sie alle aufschreckten und voller Angst in die Nacht hörten. Da stürmte es draußen wie die wilde Jagd. Selbst die Mutter fing an zu zittern. Pferde rasten durch das Dorf, und ungeheuerlich donnerte ihr Hufschlag auf dem unebenen Pflaster. Es kam heran und ebbte ab, immerzu und immerzu, als wenn brandende Wogen das Dorf fortspülen wollten.

[138] Und die letzte packte es auch.

Der letzte Trupp Reiter sprang ab, warf das Feuer in die Häuser, und jammernd liefen alle aus ihren Wohnungen. Einzelne Russen stellten sich vor die brennenden Häuser und schlossen die Türen, so daß man das Schreien der verbrennenden Menschen hörte. Andere sprengten zwischen die Fliehenden und trennten die Kinder von den Erwachsenen, noch ehe der Zug der Flüchtlinge sich geordnet hatte. Als er sich in Bewegung setzte, rief dort eine Mutter nach ihrem Kind, und hier jammerten Kinder nach ihren Müttern. Aber es gab kein Her und Zurück. Eng zusammengetrieben, immer sechs zu einer Reihe zusammengebunden, ging der Marsch los, geführt von Russen und bewacht von Kosaken mit aufgepflanztem Seitengewehr. Alles Weinen ging allmählich unter im Schritt der Wandernden.

Es war schon ein Elendszug.

Todesqualen litten die Mütter, die ein Kind vermißten, und wimmernd stolperten die Kinder, deren Füße nicht mitkonnten und die vom Schlaf befangen waren.

Engelke hatte eine Hand in der der Nachbarin, die ihr schlafendes Kind im Arm trug. Alles Weinen half ihr nichts, sie mußte mit, Stunden um Stunden. Es gab kein Ausruhen, nur Kolbenstöße für die Zögernden.

Bis endlich der Zug stoppte und die Russen und [139] Kosaken mit lautem Geschrei fortliefen. Sie waren auf eine Wagenkolonne von Flüchtlingen gestoßen, über die sich die Russen gleich plündernd hermachten, währenddessen die Gefangenen sich losrissen und davonliefen, um nur von ihren Peinigern freizukommen.

Auch Engelke war mitgelaufen, aber wohl nicht schnell genug, und hatte bei dem heillosen Durcheinander die Nachbarin verloren.

So kam es, daß sie später von der Wagenkolonne mitgenommen wurde, als niemand zurückkam, um das Kind zu holen. Sie zog mit in die nächste Stadt, und niemand wußte, wohin mit ihr. Fremd und verängstigt saß sie im Kreis der Flüchtlinge, die ihr Schicksal berieten. Sie konnte auf ihre Fragen, wie sie heiße und woher sie stamme, keine Antwort geben. Als sie dabei zu sehr auf Engelke einsprachen, fing sie bitterlich zu weinen an.

Die Flüchtlinge konnten das Kind nicht bei sich behalten. Sie hatten selbst keine Bleibe und großen Mangel an Lebensmitteln. Deshalb gaben sie das Kind an die Flüchtlingsfürsorge ab, die zwei große Sammellager in Königsberg und Cranz eingerichtet hatte.

Engelke kam nach Cranz und war dort mit hundert anderen Kindern zusammen. Wenn ihnen auch nichts fehlte, so war ihr Elend doch unsäglich. Die Kinder verlangten nach ihren Eltern, und alle Fragen am Tage galten Vater und Mutter. Kein Spiel und keine Freu- [140] den konnten ihre Not vergessen machen. Das Schlimmste waren immer die Abende, wo erst ein Kind anfing, nach den Eltern zu jammern, und alle anderen einfielen. Gut hatten es nur die ganz Kleinen, die Vater und Mutter vergessen hatten und dankbar die Liebe der Pflegenden annahmen.

Viele der Kinder wurden nach Monaten abgeholt, und traurig blieben die anderen zurück und warteten von Tag zu Tag vergebens, immer mit der Angst im Herzen, daß die Eltern nie mehr wiederkommen könnten.

Engelke wartete so ein Jahr. Danach wurde es zum Fischer Komm aus Cranz in Pflege gegeben. Und weil es so aussah wie ein Engelchen und auch so unvermutet ins Haus gekommen war, nannten die Fischerleute es "Engelke".

Engelke Komm hieß es jetzt und wurde ein Fischerkind.

Aber doch kein so rechtes, wie wir sahen.

Sie wurde auch kein frohes Kind und war voller Unrast, weil sie immer auf der Suche war nach den Eltern und der Heimat und ihrem Namen, der eigenstes Gut des Menschen ist und ein Teil seines Seins.

So fuhr sie denn jedes Jahr zweimal, wenn die Fische zum Markt gebracht wurden, nach Königsberg und erkundigte sich auf der Landesstelle des Flüchtlingsdienstes nach ihren Eltern. Aber niemand hatte nach ihr [141] verlangt. Es gab keinen mehr in der Welt, der sie vermißte. Denn Vater und Mutter mußten wohl tot sein, wenn sie nicht ihr Kind suchten.

Das war dann jedesmal eine traurige Heimfahrt, und sie mußte ihre Tränen ordentlich vor den Pflegeeltern verbergen, damit sie nicht undankbar erschien.

Heimlich ging sie auch jede Woche einmal zum Lehrer, um nach den Zeitungen zu fragen, die dann und wann noch Anzeigen brachten, in denen Verwandte gesucht wurden.

Dann sagte der Lehrer wohl immer zu ihr:

"Nein, Engelke, auch diesmal ist nichts."

Und wenn sie dann den Kopf senkte, strich er ihr über das Haar und sagte:

"Engelke, tapfer sein!

Unser Schicksal ist die Grenze!

Zu allen Zeiten verloren hier die Menschen ihr Leben und Land, und doch verloren wir nie unsere Heimat.

Aus dem Leid, das jede Jugend und so auch ihr erlebtet, wuchs neue Kraft tausendfältig.

Das Schwert, das immer geschiffen wird, bleibt scharf, und das immer gehämmert wird, bleibt stark. Darum möge die Glut, die gewonnen ist aus unserer Not, in diesem Lande nie ausgehen, denn in ihr liegen die Schwerter des Landes bewahrt, bereit, auszufahren gegen den Feind."




[142]
Totenfeier
Von Trude Bürkner

Junge Deutsche aus dem Osten unseres Landes grüßen die toten Soldaten des großen Krieges und verpflichten sich, ihr Erbe zu hüten und weiterzugeben an die nächste Generation, damit zwei Millionen Deutsche nicht umsonst gefallen sind.
Trude Bürkner
Wer im Gedächtnis seiner Lieben lebt -
Der ist nicht tot - der ist nur fern -
Tot ist, wer vergessen wird!

Ostpreußen. - Nacht ist's am Schwenzaitsee. Der Westwind kommt und rauscht in den Kiefern auf dem Heldenfriedhof - verhallt im dürren Laub der Eichenkränze am einsamen Kreuz - sacht heben sich die seidenen Schleifen. -

Jäh leuchten die Fackeln aus der Nacht - schweigend kommen junge deutsche Menschen - ihre Toten des großen Krieges zu grüßen. - BDM.-Mädel und Hitlerjungen, Führerinnen und Führer aus dem ganzen deutschen Osten sammeln sich um das hohe Holzkreuz des Heldenfriedhofs.

Totenstille - weit schweift der Blick über die masurische Landschaft.

Vor zwanzig Jahren tobte hier der Krieg - die [143] masurische Winterschlacht, die in bitterster Kälte durchgekämpft wurde - steht wieder vor uns auf. Ringsum liegen Soldaten, die in diesen Kämpfen für ihr Land ihr Letztes gaben. Sie errangen den Sieg - Ostpreußen wurde frei vom Feind.

Ernst und schwer schwingt es über die Gräber hin:

    "Kein schöner Tod ist in der Welt -
    als wie vom Feind erschlagen."

Und dann klingen die Stimmen der Mädel und Jungen. In Sprechchor und Lied hören wir ihre Trauer - ihr Hoffen - ihren Trotz. -

Sieghaft steht Altendorfs Lied vor uns:

    "Der Himmel blau und die Erde braun,
    eure Gräber und Kreuze, die mahnen.
    Und wieder vom Turm klingt die Glocke Sturm -
    nun tragen wir eure Fahnen!"

Eine Führerin spricht. Von dem Sterben unserer Soldaten - von dem Sinn ihres Todes - von dem Erbe, das wir hüten sollen.

Langsam gehen drei Mädel zum Kreuz - die jüngste Gauführerin trägt den großen, schlichten Tannenkranz mit den Farben der HJ. Zwei auslandsdeutsche Mädelführerinnen gehen ihr zur Seite.

Schweigend grüßen Mädel und Jungen.

Und dann tönen Stimmen, künden von dem harten [144] Willen der jungen Generation - von der leidenschaftlichen Einsatzbereitschaft für ihr Land und ihr Volk.

Die Not der Grenze steht da - anklagend - fordernd!

Und "ja" jubeln die Stimmen - "Alles für dich - Deutschland - Vaterland."

Eine kurze Weile des Schweigens, des Besinnens - dann hallt es weit über das schlafende Land - Schenkendorfs Lied:

    "Wenn alle untreu werden -"

und wie ein Schwur sind die letzten Worte:

    "Wir woll'n das Wort nicht brechen,
    nicht Buben werden gleich -
    woll'n predigen und sprechen
    vom heil'gen deutschen Reich!"

Noch ein Gruß an den Führer - schweigend rücken die Gruppen ab.

Junge Deutsche aus dem Osten unseres Landes haben die toten Soldaten des großen Krieges gegrüßt und sich verpflichtet, ihr Erbe zu hüten und weiter zu geben an die nächsten Generationen, damit es nicht umsonst geglaubt worden ist von zwei Millionen Deutschen:

"Wir alle, die im Kampf gefallen sind -
sterben erst mit dem letzten deutschen Kind!"


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