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[Bd. 5 S. 39]
Huldreich Zwingli, 1484-1531, von Gerhard Ritter

Huldreich Zwingli.
[32b]      Huldreich Zwingli.
Gemälde von Hans Asper, ca. 1531.
Zürich, Zentralbibliothek.
Unter den "Großen Deutschen" hat Huldreich Zwingli seinen Platz als Inbegriff und höchste geschichtliche Steigerung alles dessen, was wir als kernig deutsche Stammesart an unserem deutschschweizerischen Brudervolk jenseits der Reichsgrenzen wiedererkennen und lieben. Seine Gestalt steht genau auf der Grenze jenes Zeitabschnitts, in dem sich die schweizerische Eidgenossenschaft als politisches Ganzes mit eigenem Selbstbewußtsein und eigener politisch-historischer Mission vom Staatsverband des alten deutschen Reiches loslöste; sein Wirken als Reformator und Staatsmann war in diesen Loslösungsprozeß ganz unmittelbar und sehr folgenreich verflochten. Dennoch war er in jedem Zuge seines Wesens ein Deutscher – freilich in jener scharf ausgeprägten und ihrer selbst sehr bewußten Eigenart, wie sie eine mehrhundertjährige Geschichte schweizerischen Volk- und Staat-Werdens schon am Ende des Mittelalters zuwege gebracht hatte.

Was die Schweizer am auffallendsten von den Deutschen des eigentlichen Reichsgebiets, zumal von den Untertanen fürstlicher Landesherrschaften, unterschied, war der Stolz auf ihre althergebrachte, in vielen glorreichen Kämpfen eroberte "Freiheit". Als ein Stück schweizerischen Freiheitskampfes (gegen Rom und römisches Kaisertum) hat auch Zwingli sein ganzes Lebenswerk aufgefaßt.

Die Freiheit der eidgenössischen "Landsgemeinden" und Stadtrepubliken war zwar nicht altgermanischen Ursprungs, sondern erst das Ergebnis hartnäckiger Befreiungskämpfe des Spätmittelalters gegen feudale Herrschaften. Aber altgermanisch war der Freiheitstrotz dieser Alpenbauern, ihr Kampf um das "gute alte Recht". Altdeutsch war der bürgerliche Freiheitsdrang der Schweizerstädte, ihre Verfassung überall dieselbe wie in Oberdeutschland. Als ein Landfriedensbündnis altdeutschen Stils, zur Ausrottung des feudalen Fehdewesens, war die älteste Eidgenossenschaft gegründet; die Freiheit sollte zugleich den Frieden ins Land bringen. Aber der kriegerische Mut und Stolz des Schweizervolkes, in vielen Schlachtensiegen gegen die stolzesten Ritterheere Europas gestählt und bewährt, begnügte sich nicht mit der Abwehr fremder Tyrannen. Schon das fünfzehnte Jahrhundert war erfüllt mit Eroberungszügen zur Gewinnung natürlicher Grenzen, eines abgerundeten Staatsgebietes für den Schweizerbund. Und seit der Jahrhundertmitte quoll die überschüssige Kraft dieses wehrhaften Volkstums, dem der Nahrungsspielraum seiner Täler zu eng wurde, nach allen Seiten gleichsam über. Das Reislaufen der jungen Mannschaft in fremder Herren [40] Dienst begann: ein unbändig wildes Treiben, ohne bestimmte politische Ziele, allein von roher Beutegier und Rauflust gelenkt. Der Schweizer wurde zum meistbegehrten Soldknecht der europäischen Großmächte in ihrem ersten großen Machtkampf um das italienische und burgundische Erbe. Bald drängten sich die Unterhändler aller Mächte auf den Tagsatzungen der Eidgenossenschaft, Kriegsvölker heischend. Vergebens suchte sich die eidgenössische Politik gegen ihre Bündniserbietungen neutral und friedlich zu behaupten. Allzu groß war die Versuchung fürstlicher Jahreszahlungen an die Orte, offener oder heimlicher Pensionen für die Häupter der Landsgemeinden und städtischen Magistrate, die dem Auslande Kriegsknechte zulaufen ließen. Bald war die schweizerische Neutralität nichts weiter als ein gleichzeitiges Sichverdingen an die entgegengesetzten Mächtegruppen – mit der Gefahr gegenseitigen Abschlachtens schweizerischer Landeskinder auf ausländischen Schlachtfeldern, einer politisch sinnlosen Verschleuderung wertvoller Volkskraft im Dienst der Fremden. Das Bemühen, diesem wilden Treiben zu steuern, der sittlichen Verrohung der Massen durch den Krieg, der Bestechlichkeit und Habgier der Behörden zu wehren, der kriegerischen Kraft seines Volkes höhere, eigene Ziele zu setzen, dem schweizerischen Freiheitsideal einen neuen geistig-politischen Inhalt zu geben, macht einen wesentlichen Teil der Lebensarbeit Ulrich Zwinglis aus.

Ulrich Zwingli.
Ulrich Zwingli.
Holzschnitt von Hans Asper.
[Die Großen Deutschen im Bild, S. 63.]
Er selbst war ein echter Sohn dieses heroischen Zeitalters und dieses urkräftigen Volkstums. Eine stattliche äußere Erscheinung von Achtung gebietendem sicherem Auftreten, mit jener Mischung von sachlichem Ernst und trocken-jovialem Scherz, von kühler, kluger Zurückhaltung und verblüffender Offenheit, von Vorsicht und Kühnheit, die den geborenen Politiker kennzeichnet. Der Schädel eckig-gedrungen, mit hoher, gerader Stirn, mächtigem Nacken und starkem Kinn, die Unterlippe weit vorgeschoben, die Gesichtsfarbe auffallend rot – ein rechter Bauernkopf, aber viel weniger massiv als der Luthers; die spitze Nase und der lebhaft geschwungene Mund erwecken eher die Vorstellung des Weltklugen, ja Schlauen als des Willensmächtigen; dazu ein klar und sicher blickendes Auge, das einen ebenso lebhaften wie selbstbewußten Geist verrät. Was seinen Zeitgenossen an seiner Unterhaltung am meisten auffiel und was denn auch am kräftigsten aus seinem schriftlichen Nachlaß zu uns spricht, ist der Grundzug einer tapfer-fröhlichen Männlichkeit, die, ihres Zieles und ihrer Kraft gewiß, von keiner Widerwärtigkeit sich schrecken läßt, sondern unbeirrt ihren Weg geht, anderen tröstlich, erhebend, mitreißend in ihrer Zuversicht. Die "Mannliche" (Männlichkeit) und ein "fruotiger Mut" – das sind Lieblingsausdrücke des zwinglischen Schrifttums; mit ihnen glaubt er das Idealbild des echten alt-schweizerischen Kämpfertums am treffendsten zu bezeichnen. Neben der Sprache Luthers wirkt seine Rede eher nüchtern, herb ohne den überströmenden Reichtum der Phantasie, ohne den Nachhall tiefster seelischer Erregung, ohne den urwüchsigen Humor, aber auch ohne die maßlose, sich selbst überschlagende Heftigkeit des Thüringer Bauernsohnes. Seine Empfin- [41] dungen verschließt er lieber in sich selbst, statt sie blindlings und unbedacht auszuströmen vor der Menge. Dabei bleibt Zwingli von trockener Verständigkeit des Schreibstubenmenschen weit entfernt. Auch seine Sprache ist durchblutet von herzhafter, ja derber Volkstümlichkeit. Überall spürt man den Sohn alemannischer Erde, der mit weltoffenen Augen um sich blickt: dem die Schneeblindheit des Bergsteigers zum Sinnbild geistiger Verblendung wird, der die Verwüstung täuferischer Predigt mit dem tosenden Sturz der "Bergrüfe" vergleicht und das Ideal schweizerischer Neutralität im Bilde einer wohlumzäunten Almweide schaut. Unzählige volkstümliche Redensarten und Sprichwörter, lebhaft geschaute Szenen aus dem Alltag bilden die Würze seiner deutschen Schriften. Wer sich in ihr altertümliches Hochalemannisch hineinliest, erquickt sich an einer Farbigkeit der bildlichen Wendungen, von der unser modernes Hochdeutsch nichts mehr weiß. Was die lateinische Prosa Zwinglis, des Humanisten, oft ungelenk erscheinen läßt, die unbekümmerte, ungefeilte Sachlichkeit, erscheint hier als gedrungene Kraft.

Der Sohn eines bäuerlichen Geschlechts, in dem hochgelegenen Dörfchen Wildhaus am Fuße des Säntis am 1. Januar 1484 geboren, trägt die Erbschaft schweizerischen Freiheitsstrebens tief im Blute. Schon der Vater und Großvater hatten mit den Toggenburger Bauern gegen die geistliche Landesherrschaft, den Abt von St. Gallen, gekämpft. Ganz anders als etwa unter den thüringischen Bauern war die vaterländische Geschichte in diesen Familien lebendig. Von Kindheit an, bekennt der Reformator, habe er die "fromme Eidgenossenschaft" mit Leidenschaft geliebt, sei stolz gewesen auf die ruhmreichen Taten eines Wilhelm Tell, auf die Siege der Väter bei Morgarten und Näfels, habe es nicht leiden können, daß man über das Vaterland übel redete. Es gehört zu diesem Stolz gemeinschaftlichen Erlebens, daß der Schweizer Bauer sich nicht wie der deutsche als der "arme Mann" fühlt, den Adel und Bürgertum gleichmäßig verachten und hassen, sondern als vollbürtiger Volksgenosse. Zwinglis Brüder sind Bauern geblieben; ihr berühmter Bruder hat ihnen eine seiner Schriften gewidmet und dauernd gute Freundschaft mit ihnen gehalten. Daß er selbst die geistliche Laufbahn einschlug, entsprach wiederum einer Familienüberlieferung; eine ganze Reihe nächster Verwandter gehörte zum geistlichen Stand. Einer von ihnen, Dekan in Weesen, übernahm den ersten Schulunterricht des Knaben. Danach wurden Lateinschulen in Basel und Bern, später auch die Universitäten zu Wien und Basel (vielleicht auch noch andere?) besucht. Ein auffallend langes Universitätsstudium (1498 bis 1506), von dessen Inhalt wir fast gar nichts wissen. Da Zwingli erst 1504 den niedersten akademischen Grad erwarb (den der Student sonst meist in drei bis vier Halbjahren erreichte) kann die Mehrzahl der Jahre unmöglich in scholastischen Studien verbracht sein; sie wird vorzugsweise dem Studium klassischer Sprachen und der Lektüre jener weltlichen antiken Autoren gegolten haben, die sich später so zahlreich in seiner Bibliothek vorfanden. Gleich nach dem Erwerb der philosophischen Magisterwürde verließ er, wie damals die Mehrzahl der Weltkleriker, [42] die Universität, ohne das teure, vieljährige theologische Studium überhaupt zu beginnen. Es hat darum auch wenig Sinn, nach der Schulrichtung seiner akademischen Lehrer zu fragen: der Unterricht der artistischen Fakultät bewegte sich damals so gänzlich im Elementaren aristotelischer Wissenschaftslehre, daß auch der Graduierte in die eigentlichen Geheimnisse scholastischer Weisheit nicht eindrang. Im Unterschied zu Luther ist Zwingli gar kein schulmäßig gelernter Theologe im Sinn der Zeit gewesen, sondern ein formal-logisch geschulter Kopf, vielseitig belesen in den altrömischen Lieblingsschriftstellern des Humanismus, der sich erst im praktischen Beruf des Klerikers, auf außerzünftigen Wegen, mit gelehrt-theologischen Fragen zu beschäftigen anfing. Den spannungsreichen Problemen der spätscholastischen Theologie, die Luther so schwer gequält und zum Reformator vorgeschult haben, ist Zwingli überhaupt niemals nähergetreten. Er hat dafür zeitlebens ebensowenig Verständnis aufgebracht wie die Mehrzahl der Humanisten.

Sein Leben als junger Pfarrer in Glarus (1506–1516) läßt denn auch wenig genug von geistlichen Interessen erkennen, sondern weist durchaus auf den Typus des humanistischen Literaten: mit vielen Bücherfreuden, allerhand Sprachstudien, die sich allmählich auf das Griechische und Hebräische ausdehnen, zierlichem Briefwechsel mit gelehrten Freunden, viel Lautenmusik und Gesang nach echter Schweizerart, mancherlei unbefangenem Lebensgenuß, nicht ohne Beimischung bedenklicher erotischer Genüsse, wie sie dem Klerus jener Tage noch fast selbstverständlich erschienen. Ein Hauptinteresse galt der vaterländischen Geschichte. Seine ersten literarischen Erzeugnisse sind patriotische Lehrgedichte in allegorischer Form; ihr Ziel ist schon jetzt, seine Landsleute vor fremden Kriegsdiensten und das schweizerische Patriziat vor der Annahme politischer Bestechungsgelder, der sogenannten "Pensionen" fremder Herren, zu warnen. Das hinderte nicht, daß er selber jahrelang eine päpstliche Pension empfing und zeitweise im Dienste der päpstlichen Partei gegen die Anhänger Frankreichs tätig war. Als Feldprediger ist er zweimal mit nach Italien gezogen, hat die Waffentaten der Schweizer bei Pavia (1515) mit Begeisterung geschildert und seinen Leuten auf dem Marktplatz von Monza kurz vor der Schlacht eine flammende Kriegspredigt gehalten. Offenbar erschienen ihm (mit Recht) die italienischen Feldzüge gegen Frankreich, im Bunde mit dem Papsttum, nicht als bloße Raubzüge im Dienste fremder Herren, sondern als erste Versuche einer selbständigen schweizerischen Großmachtpolitik, die er voll Stolz miterlebte. Auch nach dem blutigen Zusammenbruch dieser Politik bei Marignano (1515), bei dem er als Augenzeuge zugegen war, zeigte er sich als Gegner eines schwächlichen Verzichtfriedens um jeden Preis, vor allem als Gegner eines Rückfalls in die frühere Abhängigkeit von französischem Geld. Diese politische Haltung, die ihn in Gegensatz zu den Glarnern brachte, hat seine Übersiedlung als Leutpriester von Glarus nach der Wallfahrtsstätte Einsiedeln zur Folge gehabt, später (1519) seine Berufung an das Großmünster von Zürich bewirken helfen. [43] Die Hoffnung der päpstlichen Kurie, ihn auch weiterhin als Wortführer der franzosenfeindlichen Partei ausnutzen zu können, hat die Anfänge seines Reformationswerkes in Zürich wesentlich erleichtert.

Freilich wurde diese Hoffnung schon bald nach 1516 mehr oder weniger zur Illusion (die aber Zwingli vorzeitig zu zerstören sich hütete). In diesem Jahr trat eine erste Wendung seines inneren Lebens ein. Sie geht aus von der persönlichen Berührung mit Erasmus, dem Fürsten der Humanisten, zu Basel. Eben damals begann der große Niederländer, eine erste Atempause der großen europäischen Kriegspolitik ausnutzend, seine großangelegte Propaganda für den Völkerfrieden; ihr Ziel war, die Liebesethik der Bergpredigt Jesu und die Humanitätsideale der römischen Stoa zugleich zu erneuern, um ein neues Reich des Friedens, der öffentlichen Wohlfahrt und der Menschheitsbildung heraufzuführen; dahinter stand, halb unbewußt, das Interesse seiner niederländischen Heimat an der Befriedung Westeuropas. Zwingli, aus ähnlichen Verhältnissen und Erfahrungen der Schweiz heraus, ergriff diese Bestrebungen mit kongenialem Instinkt. Schon damals nahm er eine sehr ansehnliche Stellung unter den wenigen humanistisch Gebildeten ein, die seine Heimat außerhalb Basels besaß. Sie alle bemühten sich jetzt, mit literarischen Kundgebungen im Stil des Erasmus den Frieden und die Neutralität der Schweiz in den großen Welthändeln zu predigen. Die schönste Frucht dieser Bestrebungen ist Zwinglis "Göttliche Vermahnung an die ehrsamen Eidgenossen zu Schwyz, daß sie sich vor fremden Herren hüten" (1522). Ihr Grundgedanke ist ein christlicher Pazifismus. Aber wie weit steht er ab von den abstrakten, weltfremden Gedankengängen des Kosmopoliten Erasmus! Nicht eine utopische Geistesrepublik friedseliger Literaten schwebt dem Schweizer vor Augen, sondern ein verklärtes Idealbild der "biderben" frommen alten Eidgenossen, die noch nichts wußten von Raub und roher Gewalttat im Dienst fremder Herren; als ein rechtes Volk Gottes haben sie sich gehütet vor Ungerechtigkeit, prahlerischem Stolz, roher Gewalttat, haben ehrbar und in frommer Einfalt ihr Land gebaut, zugleich aber widerstanden den fremden Tyrannen. Darum hat ihnen auch Gott immer wieder den Sieg verliehen und ihnen reiches Glück geschenkt in ihrem Land, das "fruchtbarer, schöner, reicher an mannhaften Leuten ist als irgendein Land auf dem Erdboden und fruchtbar genug, uns zu ernähren, so wir uns nur an ihm genügen ließen."

Jedoch die Wirkung des Erasmus auf Zwingli reichte viel tiefer und weiter. Vom Geist erasmischer Schriften entzündet, versenkt sich der Leutpriester von Einsiedeln in ein gründliches Studium der ältesten Quellen christlicher Überlieferung. Er arbeitet das Neue Testament in der griechischen Ursprache durch, ja er schreibt sich die paulinischen Briefe eigenhändig ab. Neben der heiligen Schrift wurden die ältesten Kirchenväter, wie sie Erasmus eben erneuerte, zur Quelle seiner theologischen Bildung. Die christliche Antike trat neben die altrömische, vorchristliche als Vorbild einer neuen Humanität. Und damit begann auch schon [44] die Kritik an dem überkommenen mittelalterlichen Kirchenwesen sich zu regen. Wieder unter Führung des Erasmus. Sie ging nicht, wie bei Luther, vom Kern der christlichen Heilslehre aus, um von deren neuem Verständnis her allmählich die ganze innere und äußere Gestalt der Kirche zu überprüfen, sondern legte einerseits den historischen Maßstab des Alten, Echten, Ursprünglichen, Einfachen an die vielfach verwickelten und durch fremdartige Elemente entstellten Lehren und Zeremonien der Papstkirche, stellte anderseits die Einsichten eines nüchtern rationalen Verstandes dem Mirakelwesen und Aberglauben des populären Katholizismus gegenüber. Die Heilstat Christi wurde nicht als das Gnadenwunder göttlicher Erlösung des Sünders verstanden, sondern als Predigt einer Moralphilosophie von höchstem, aber nicht absolutem Rang: als Verkündigung einer unbedingten Liebesethik, für die man schon in der Antike "Vorstufen" suchte. Das Christentum sollte vereinfacht, als schlichte Nachfolge seines Stifters verstanden werden. Von da aus kam es zu Zweifeln, zu mehr oder minder heftiger Kritik an der Heiligenverehrung, den Mißständen des Klosterlebens, dem Ablaß, dem Aberglauben der Menge, an tausend sittlichen Schäden klerikalen Lebens, an der Herrschsucht der Hierarchie, an ihren historischen Fälschungen u. dgl. m. – aber nicht zur reformatorischen Tat. Die Predigt Zwinglis begann sich seit 1516 strenger als früher auf die Auslegung der Heiligen Schrift zu richten unter Vermeidung scholastischen Nebenwerks, die Heilslehre Christi in den Mittelpunkt zu rücken, den Bibeltext fortlaufend zu behandeln; sie sparte nicht mit Angriffen auf den Ablaßunfug und andere Verfallserscheinungen des geistlichen Lebens, aber auch auf politische Mißstände, auf das Pensionswesen und Reislaufen, auf öffentliche Laster wie Üppigkeit und Müßiggang, Unterdrückung der Armen u. dgl. m. Seine frisch zupackende, lebendige, stets improvisierte, durchaus unscholastische Redeweise, sein unerschrockener Mut verschafften ihm bald in Zürich und über Zürich hinaus einen bedeutenden Ruf. Zum Reformator wäre er doch niemals geworden ohne Luthers Tat.

Er selbst hat jederzeit, auch in den Jahren bitterster Entfremdung, rückhaltlos anerkannt, daß Luther allein und zuerst den entscheidenden Durchbruch gewagt hat. "Du allein bist der Herkules gewesen, der Du Dich, wo nur etwas Gefahr war, entgegenwarfst. Du hast den römischen Eber getötet." In der Tat läßt sich bis ins einzelne nachweisen (insbesondere an seinen handschriftlichen Bemerkungen zum Text der paulinischen Briefe), wie ihm die eigentlich reformatorische Erkenntnis erst von Wittenberg her vermittelt worden ist. In den ersten Jahren glaubte er in dem kühnen Augustinermönch einfach einen Kampfgenossen auf gleicher Streitebene zu erblicken, half eifrig zur Verbreitung seiner Schriften in der Schweiz und wurde besonders von dem Ergebnis der Leipziger Disputation (1519) stark ergriffen. Aber noch im selben Jahr setzte ein tieferer Wandel ein. Über die humanistische Kritik wurde auch er jetzt hinweggeführt zur eigentlich religiösen. Die zentrale Bedeutung des neuen Verständnisses göttlicher Gnade ging ihm an Luthers [45] Schriften auf. Das erschütternde Erlebnis einer Pesterkrankung, die hart an den Rand des Todes führte, scheint dabei eine auslösende, freilich wohl vielfach überschätzte Rolle gespielt zu haben. Zum bloßen Schüler Luthers wurde er aber auch jetzt nicht. Es gibt eine Stelle in seiner "Auslegung der Schlußreden", in der man seinen klaren und tapferen Geist mit soviel rücksichtsloser Ehrlichkeit gegen sich selbst ringen sieht um die Echtheit seines religiösen Bekennens, daß jeder Gedanke an bloße Nachahmung eines Größeren, an bloßes Nachempfinden schwindet. Auch Zwingli hat das lutherische Kernproblem, den Kampf menschlichen Selbstbewußtseins mit der überwältigenden Erfahrung der Größe und Furchtbarkeit Gottes, in letzter Tiefe durchlebt. Ja man darf sagen, daß seine stolze, selbstsichere Männlichkeit besonders hart hat kämpfen müssen, um ihr menschliches Selbstbewußtsein untergehen zu lassen und zu läutern im religiösen des begnadeten Christenmenschen. Er selbst hat es immer abgelehnt, als bloßer "Lutheraner" betrachtet zu werden. Indem er die geistige Eigenart seines Reformationswerkes möglichst scharf gegen das Luthertum abzugrenzen suchte, hat er nicht selten die Tragweite seiner eigenen vorreformatorischen Einsichten überschätzt. Aber darin hatte er Recht: daß sein Verständnis des Christentums selbsterlebt war und daß es überdies nicht bloß von Luther, sondern immer auch gleichzeitig von der erasmischen Humanitätsphilosophie her bestimmt wurde. Indem er beides miteinander zu verschmelzen suchte, gelang ihm ein durchaus eigenartiger Neubau christlicher Theologie.

Geistes- und kirchengeschichtlich hat das sehr weittragende Folgen gehabt. Zunächst eine viel größere Rücksichtslosigkeit in der Zerstörung des Überlieferten, von der äußeren Form des Kultus angefangen bis zur Lehre von den Sakramenten. Vor dem nüchtern-rationalen Denken Zwinglis verlor aller bildliche Schmuck des Gotteshauses, verloren Altar, Gesang und Orgelspiel, alle altehrwürdigen Formen des kultischen Gebets ihren Wert; der Gottesdienst seiner reformierten Gemeinde wurde zur bloßen Predigtstunde in kahlem Versammlungsraum. Das Geheimnis der sinnlichen Heilsvermittlung im Sakrament verschwand völlig; an die Stelle trat eine bloße Erinnerungsfeier an den Stifter der christlichen Religion, ein symbolischer Akt zur Bestätigung christlicher Liebes- und Glaubensgemeinschaft. Aber darüber hinaus durchdrang seine ganze Theologie ein anderer Geist als der Luthers. Das Wesen dieses Geistes ist in wenigen Worten zu fassen nicht möglich. Will man es auf eine kurze Formel bringen, so läßt sich etwa sagen, daß die Rolle der menschlichen Vernunft und ihrer natürlichen Einsichten bei Zwingli wert größer ist als bei Luther – nicht eigentlich die Rolle des menschlichen Willens; denn dessen Unfähigkeit zur Selbsterlösung steht auch für Zwingli fest: das verbindet ihn mit Luther und trennt ihn von Erasmus und allem späterem "Rationalismus". Aber das Bedürfnis der Theodizee, die von Gott geschaffene Welt, ja Gott selbst als vernünftig (von menschlicher Vernunft her betrachtet) zu verstehen, die Gerechtigkeit göttlicher Weltregierung unserem Denken einleuchtend [46] zu machen, den Bereich des Irrationalen, Unverstehbaren, im Glauben einfach Hinzunehmenden möglichst eng einzuschränken – dieses Bedürfnis, das Luther gänzlich fehlte, hat Zwingli sehr lebendig empfunden. Seine Dämpfung der paulinisch-augustinischen Erbsündenlehre, seine positive Einschätzung der vorchristlichen und außerchristlichen Geisteswelt, seine philosophierende Deutung der Prädestination und viele andere Züge seiner Theologie zeigen es aufs deutlichste. An allen diesen Punkten hat er der "aufgeklärten" Theologie späterer Jahrhunderte vorgearbeitet. Unmittelbar wirksam wurde noch eine andere Folge: die zuversichtliche Haltung des Reformators gegenüber den Aufgaben praktischer Lebensgestaltung.

Man weiß, wie ungeheuer schwer es Luther geworden ist, mit den praktischen Aufgaben fertig zu werden, vor die ihn der jähe Zusammensturz des mittelalterlichen Kirchengebäudes stellte. Luthers Predigt war reine Gesinnungspredigt; am liebsten hätte er sich gänzlich auf die Verkündigung des "Wortes" beschränkt, die praktische Organisation der Volkskirche gar nicht erst angerührt, in der Vorstellung, daß aus der neuen evangelischen Gesinnung, wenn sie nur echt war, die Praxis von selbst folgen müsse. Seine Forderung bedingungslosen Gehorsams gegen weltliche Oberkeit, selbst gegen eine tyrannisch entartete, verstärkte noch diese Scheu vor politischer Aktivität.

Von einer solchen Scheu hat Zwingli nichts gewußt. Kirchenpolitisches Handeln war ihm eine Selbstverständlichkeit. Seine nüchtern-helle Verständigkeit war sich keinen Augenblick darüber im unklaren, daß auf dem Wege der bloßen Gesinnungspredigt, ohne Ausnutzung politischer Möglichkeiten, ein Sieg der reformatorischen Idee niemals zu erhoffen war, daß die neue Kirche praktisch nicht ohne Schutz und Hilfe politischer Mächte gebaut werden konnte. Von übertriebenem Respekt vor weltlichen Oberkeiten war der schweizerische Republikaner ganz frei. Er selber war ja Mitglied der städtischen Obrigkeit und konnte hoffen, sie nach seinem Sinn zu lenken. Mehr noch: es kam ihm gar nicht bloß darauf an, eine neue religiöse Gesinnung entzünden zu helfen – er zielte von vornherein auf eine praktische Neugestaltung des öffentlichen Wesens überhaupt. Sittliches Leben des ganzen Volkes, politische Zustände, wirtschaftlich-soziale Verfassung, nicht zuletzt die weltliche Bildung, Schulwesen und Wissenschaft – alles zugleich sollte gründlich erneuert werden. Sein Glaube an die Fähigkeit menschlicher Vernunft, das praktisch Notwendige zu erkennen, eine neue bessere Ordnung auch des irdischen Daseins gestalten zu helfen, war von keinem religiösen Mißtrauen oder Zweifel getrübt. Gewiß war die irdische Welt eine Welt der Sünde, des allgemein menschlichen "Gebrestens" sittlicher Unzulänglichkeit; das Idealbild "göttlicher Gerechtigkeit", einer wahren Liebesgemeinschaft im Sinn der Bergpredigt, ließ sich praktisch nicht verwirklichen. Aber auch innerhalb dieses Rahmens menschlicher Unzulänglichkeit gab es genug und übergenug zu verbessern zur höheren Ehre Gottes. Und rührig legte der Reformator Hand ans Werk. "Ein Christenmensch", schrieb er einmal, [47] "soll nicht große Worte machen über die Lehren, sondern mit Gott Großes und Schwieriges tun."

Wir verfolgen nicht die einzelnen Etappen seiner Züricher Kirchenreform. Sehr zögernd zunächst, mit viel politischer Klugheit, aber plan- und kraftvoll schritt sie voran. Seit päpstlicher Bann und Acht des Reichs Luther verfolgten, war Zwingli zur Vorsicht genötigt; so weit als irgend möglich rückte er seine Predigt von der Luthers ab. Jeder einzelne Schritt wurde lange überlegt, in der öffentlichen Meinung durch Predigten und Schriften gründlich vorbereitet, öffentlich begründet, disputiert, schließlich durch Ratsbeschluß ins Werk gesetzt. Mit dem Alleräußerlichsten fing man an: eine Durchbrechung des Fastenzwanges (durch das berühmte Wurstessen des Buchdruckers Froschauer und seiner Gesellen 1522) wurde der äußere Anlaß zur Lossagung von der geistlichen Gerichtsbarkeit des Konstanzer Bischofs. Es folgte ein langer Kampf um die Freigabe der Priesterehe. Zwingli brachte ihn zur Entscheidung, als er 1524 seine zwei Jahre zuvor heimlich geschlossene Ehe öffentlich machte. Eine große Disputation, die vor dem Züricher Rat als Schiedsrichter am 29. Januar 1523 gehalten wurde, gab ihm Gelegenheit, in 67 Thesen sein neues Glaubensbekenntnis und das Programm seiner Kirchenreform ausführlich zu entwickeln. Nunmehr ging es in stürmischem Tempo vorwärts: Ausleerung der Klöster, nicht ohne obrigkeitlichen Zwang, Verwendung ihres Klostergutes zur Armen- und Krankenpflege, Säkularisation der meisten geistlichen Stifter, Umwandlung der Chorherrenstifte am Großmünster und Frauenmünster zu einer Art von Predigerseminar (der sogenannten Prophezey), an dem Zwingli, aber auch andere bedeutende Theologen wie Leo Jud, Pellikan und Mykonius als Dozenten wirkten, Einrichtung einer neuen Armenordnung, Abschaffung der Messe, Umgestaltung des gesamten Kultus, einschließlich der Sakramente, Ausräumung der Kirchen (nicht in wildem Bildersturm, sondern durch obrigkeitliche Mandate), Schaffung eines städtischen "Ehegerichtes" aus einem Laien und zwei Geistlichen als oberster Kirchenbehörde, zugleich als Organ der städtischen Sittlichkeitspolizei, Erlaß scharfer Sittenmandate, um "christliche Ehrbarkeit" aller Stände zu erzwingen, Verpflichtung aller Einwohner zu regelmäßigem Besuch der Gottesdienste. Das so reformierte Staatswesen war keine Theokratie im herkömmlichen Sinn; man könnte es aber eine Bibliokratie nennen; "nach der Schnur des Bibelwortes" sollte alles Leben neu geregelt werden, und der Ausleger dieses Wortes war Zwingli, der "Prophet", von dessen Meinung und Ratschlag zuletzt alles abhing. Seine Stellung wuchs rasch über die des Predigers zu der eines leitenden Staatsmannes hinaus.

Es war ein gewaltiger politischer Vorteil für ihn, daß er nicht in einem halbfeudalen fürstlichen Staatswesen, sondern im Machtbereich einer städtischen Obrigkeit wirkte, die seit mehreren Generationen gewohnt war, das religiöse und sittliche Leben ihrer Untertanen ebenso zu betreuen wie ihr wirtschaftliches Wohlergehen und die dabei niemals Scheu getragen hatte, die Grenze geistlicher und [48] weltlicher Rechtszuständigkeit zu überschreiten. Einen weiteren Vorteil bot seine politische Parteistellung: als Gegner des Reislaufens und des Pensionswesens war er zuerst bekanntgeworden, als Gegner der franzosenfreundlichen Partei nach Zürich berufen. Auch weiterhin führte er diesen Kampf, den er als ein unabdingbares Stück seines Reformationswerkes betrachtete, unablässig fort: zur sittlichen und politischen Erneuerung der Eidgenossenschaft. Das verschaffte ihm von vornherein die Sympathie der kleinen Leute, die seit langem mit Erbitterung auf das Wohlleben und die politische Macht der Adligen und Patrizier blickten: aus dem Schacher um das Blut des Volkes, so grollten sie, zog der Reiche die Mittel zu üppigem Wohlleben. Diese Sympathie vor allem hat Zwingli seinen politischen Einfluß verschafft. Grundsätzlich war er nicht Demokrat, sondern hielt die kunstvolle Mischung aus adelig-patrizischen, aristokratischen und demokratischen Elementen, wie sie die Züricher Stadtverfassung aufwies, für die Idealverfassung schlechthin. Aber seine eigentliche Stütze fand er doch immer in den populären Elementen des sogenannten Großen Rats der Zweihundert, mit deren Hilfe sich mancherlei Widerstände in dem engeren Regierungskollegium, dem "Kleinen Rat", brechen ließen. Er hat diese Machtstellung nach Kräften und mit großer Rücksichtslosigkeit (darin Calvin ähnlich) zur Niederwerfung seiner inneren Gegner ausgenutzt. Der von ihm angestiftete Prozeß gegen die Häupter einer unzufriedenen Aristokratenpartei, die über die neuen strengen Sittenmandate einer puritanisch gewordenen Obrigkeit und über die radikale Kirchenreform heimlich murrte (unter Führung des greisen Ratsherrn Jakob Grebel) grenzte hart an Justizmord. Schließlich ging es doch nicht ohne Verfassungsänderung ab: der Anteil der Aristokratie an der Bildung des Kleinen Rates wurde enger begrenzt; die oberste politische Führung aber lag in den entscheidenden Jahren bei einem allerengsten Kollegium, dem "Heimlichen Rat", aus drei oder vier Stadthäuptern bestehend, unter denen Zwingli saß und in allen wichtigeren Fragen den Ausschlag gab. Durch lange Jahre hat er die auswärtige Politik des Züricher Gemeinwesens recht eigentlich selbst geführt.

In einem Staatswesen von dem politischen Schwergewicht Zürichs bedeutete das nicht nur die Beherrschung einer großen Stadt und Landschaft, sondern Einflußnahme auf die Politik der ganzen Eidgenossenschaft, ja zuletzt ein Hineingreifen in die Händel der großen Mächte. Vor Zwinglis Augen erhob sich die verlockende Aussicht, Zürich zum Mittelpunkt einer großen, die protestantische Schweiz und Süddeutschland umfassenden politisch-kirchlichen Verbindung zu machen. An ihre Verwirklichung hat er einen glühenden, sich selbst verzehrenden Eifer, die ganze gewaltige Energie seiner besten Mannesjahre, zuletzt sein Leben gesetzt. Er wurde zum geistigen und politischen Mittelpunkt eines weit verzweigten Kreises schweizerisch-süddeutscher Stadt-Reformatoren, von Bern und Genf über Basel bis nach Straßburg, Konstanz, Memmingen und Ulm, die alle auf sein Wort hörten, bei ihm sich Trost und politische Hilfe holten, an ihn als den unerschütterten Fels im [49] Strudel einer wilderregten Zeit sich klammerten. Er erhob sich zum Rang einer weltgeschichtlichen Gestalt.

Aber ihm blieb auch die bittere Erfahrung nicht erspart, daß eine solche halb geistliche, halb weltliche Machtstellung ihre ganz besonderen Gefahren hat. Schon innerhalb seines engeren Kreises. Theoretisch mochte er sein säuberlich unterscheiden zwischen einer Obrigkeit, die nur als vornehmstes Glied der christlichen Gemeinde, der "Kilchhöri", ihre Christenpflicht tut, und der weltlichen Macht als solcher – praktisch blieben es doch dieselben Machthaber; und wie hätte es anders sein können, als daß sie Autorität und weltliches Gut der Kirche zugleich für ihre rein säkularen Machtzwecke gebrauchten? Obrigkeitliche, polizeiliche Strafgewalt trat an die Stelle des geistlichen Kirchenbannes. Die Unselbständigkeit der zwinglischen Kirche dem Staat gegenüber wurde eine ihrer größten Schwächen. Noch unmittelbarer spürbar war die Gefahr, die von den religiös Unbedingten, den schwärmerisch Radikalen, von der Gruppe der Wiedertäufer drohte. Ihr radikaler Flügel wollte die Liebesgemeinschaft der Gotteskinder ganz unmittelbar an die Stelle der bestehenden Gesellschaftsordnung mit ihrer ungleichen Eigentumsverteilung, ihrer Zwangsgewalt, ihren tausend Menschlichkeiten setzen; sie alle wollten nichts hören von menschlicher, sondern nur von göttlicher Gerechtigkeit, nichts von irgendwelcher Anpassung an die Welt, wie sie einmal ist. Für den Reformator, der sie selbst gelehrt hatte, keinen anderen Maßstab sittlichen Verhaltens anzuerkennen als das Zeugnis der Bibel, war es schwer, ja unmöglich, sie mit religiösen Argumenten zu überzeugen. Wohl gelang es ihm, einen hinter den Täufern drohenden Bauernaufruhr zu beschwichtigen: durch eine kluge Verbindung von Festigkeit und Entgegenkommen, Widerstand gegen Gewalttat und praktischen Reformen (oder doch Reformversprechungen) wirtschaftlich-sozialer Art, zu denen er den Züricher Rat zu bestimmen wußte. Aber gegen die religiöse Predigt der Täufer half zuletzt kein anderes Mittel als die nackte Gewalt: die Führer der Sekte wurden gefangen gelegt, des Landes verwiesen, in Fällen grober Widersetzlichkeit ertränkt. So wurde die Einheitlichkeit der Landeskirche mit Gewalt gesichert; auch die Fortdauer katholischer Gottesdienste wurde in der ganzen Landschaft zwangsweise verhindert.

Galt es gegen die Schwärmer und ihre Utopie der reinen Geistesgemeinschaft das Lebensrecht einer Sozialordnung zu verfechten, die den Wirklichkeiten des irdischen Daseins angepaßt war, so hing sich auf der anderen Seite das Bleigewicht irdisch-zeitlicher Realitäten an den kühnen Flug der zwinglischen Reformideen. Für den Züricher Rat war die Ausbreitung der reinen Lehre über die ganze Nordschweiz ebenso sehr eine Sache politischen Machtinteresses wie geistlichen Eifers. Und wenn die Gemeinden der Nordostschweiz, zumal in den sogenannten Untertanenländern, sich in so großer Zahl und mit solchem Eifer der Reformation zuwandten, so hatte die Aussicht, unter dem Protektorat von Zürich ihre Rechtsstellung zu verbessern, politische Vorteile gegen ihre bisherigen Herren [50] zu gewinnen, daran einen sehr beträchtlichen Anteil. Politische Sympathien mit den Eidgenossen spielten auch in den süddeutschen Städten, die Anschluß an das zwinglische Reformationswerk suchten (am greifbarsten in Konstanz), eine bedeutende Rolle. Der Übertritt Berns zur Reformation führte 1528 zum Abschluß eines "christlichen Burgrechts" mit Zürich, in dem diese beiden weitaus mächtigsten Orte der Schweiz sich verpflichteten, die neue Lehre mit Waffengewalt zu schützen. Seitdem griff diese immer rascher um sich. Einer der nordschweizerischen Stadtkantone nach dem andern trat dem Bündnis bei. Aber nun wurde auch der Widerstand der katholisch gebliebenen Kantone der Innerschweiz (Luzern, Zug, Uri, Schwyz und Unterwalden) zu äußerster Erbitterung angetrieben. Ihr Kampf gegen das Züricher Reformationswerk war von Anfang an nicht bloß von konfessionellen Beweggründen bestimmt gewesen. Immer war es zugleich um die Herrschaft über die "Untertanenlande" gegangen. Zugleich um die schweizerische Außenpolitik. Die Tatsache, daß Zürich als einziger der Orte sich dem Bündnis mit Frankreich entzog und das Verbot des Reislaufens und Pensionswesens nicht nur in seinem eigenen Gebiet rücksichtslos durchführte, sondern für die ganze Eidgenossenschaft durchsetzen wollte, hatte jahrelang seine politische Isolierung, ja seinen Ausschluß von den gemeinsamen Tagsatzungen zur Folge gehabt. Jetzt war es das heimliche (aber den vertrautesten Freunden in einem Gutachten klar entwickelte) Ziel des Reformators, die Verfassung der Schweiz dahin umzuändern, daß die Verteilung der Stimmen auf der Tagsatzung den wirklichen Machtverhältnissen entsprach, d. h. er wollte den protestantischen Orten die Möglichkeit verschaffen, die katholischen zu majorisieren. Er lehnte das Recht der Tagsatzung ab, in die kirchlichen Verhältnisse der Einzelkantone hineinzureden, aber er verlangte gleichzeitig von den katholisch gebliebenen Orten, daß sie die freie Predigt der evangelischen Lehre in ihrem Bereich zuließen – ohne seinerseits diese Freiheit den Katholiken im Züricher Staatsgebiet zu gewähren. Daß es darüber eines Tages zum Bürgerkrieg kommen müsse, war ihm von Anfang an klar. Schon 1524 hatte er einen Feldzugsplan zur Abwehr feindlicher Angriffe ausgearbeitet, der durch die Vielseitigkeit und Genauigkeit der darin entwickelten diplomatischen und militärtechnischen Sachkenntnisse (bis auf die Geschützarten, die Hornsignale und die Taktik der Nachtangriffe!) von jeher Staunen erweckt hat. Später ging er noch weiter. Er scheute nicht den Angriffs-, ja den Präventivkrieg. Längst war der innere Zusammenhalt der Eidgenossenschaft über dem konfessionellen Gegensatz zerbrochen. Beide Religionsparteien suchten ausländische Hilfe: die altgläubige bei Ferdinand von Österreich und den süddeutschen katholischen Mächten, die evangelische bei den protestantischen Reichsstädten Süddeutschlands und (merkwürdigerweise) beim König von Frankreich, dessen protestantische Neigungen Zwingli stark überschätzt hat.

Seit der Gründung des "christlichen Burgrechts" 1528 wurden Zwinglis Pläne immer aggressiver. Auf ein gewaltsam-kriegerisches Vorgehen Zürichs in der Ost- [51] schweiz, insbesondere gegen das Kloster St. Gallen, folgte 1529 überraschend der Angriffskrieg gegen die katholischen Orte. Militärisch war der Sieg der Züricher von vornherein sicher. Aber der Verlauf des Unternehmens zeigte, daß der gegenseitige Haß der Konfessionen doch noch nicht groß genug war, um das Bewußtsein der alten eidgenössischen Gemeinschaft zu zerstören. Schon ehe man zum Schlagen kam, setzten Ausgleichsverhandlungen von beiden Seiten ein. Die Berner, längst eifersüchtig auf die Machtstellung Zürichs und mißtrauisch gegen seinen stürmischen Eroberungsdrang, verweigerten im letzten Augenblick die Teilnahme an einer militärischen Invasion. So ging der Krieg mit einem lahmen Frieden aus, der eine weitere Ausdehnung der evangelischen Predigt in den Untertanenländern ermöglichte, aber keines der großen Kriegsziele Zwinglis verwirklichte. Sogleich spannte er seine diplomatischen Netze weiter. Durch Vermittlung des vertriebenen, evangelisch gewordenen Herzogs Ulrich von Württemberg trat er mit Landgraf Philipp von Hessen, dem aktivsten und politisch begabtesten der lutherischen deutschen Fürsten, in Verbindung. Es war die Zeit, in der Kaiser Karl V. seine italienischen Kriege zu einem glücklichen Ende gebracht hatte und sich nun nach Deutschland wandte, um dort die Einheitlichkeit der Reichskirche wieder herzustellen. Die evangelischen Reichsstände erwarteten schwere Stürme. Landgraf Philipp und die evangelischen Reichsstädte Süddeutschlands unter Führung von Straßburg drängten auf ein Bündnis aller protestantischen Stände unter Beiziehung der Schweizer. Aus dieser Lage ging die Einladung zu dem berühmten Marburger Religionsgespräch zwischen Zwingli und Luther hervor (1. bis 3. Oktober 1529), das den Ausgleich ihrer Lehrunterschiede zum Ziel hatte, um so den politischen Zusammenschluß der Protestanten aller Richtungen zu ermöglichen.

Nach der gangbaren Geschichtsüberlieferung ist der Ausgleich am dogmatischen Starrsinn Luthers, der auf seiner Deutung des Altarsakraments unnachgiebig beharrte und die brüderlichen Erbietungen Zwinglis in politischer Verblendung von sich wies, gescheitert. Heute wissen wir, daß Luther schon gebunden war, ehe er in Marburg erschien: durch ein geheimes Bündnis lutherischer Fürsten, die sich gegenseitig auf ein streng wittenbergisches Bekenntnis (die sogenannten Schwabacher Artikel) festgelegt hatten. Der Grund dieser Festlegung war zuletzt ein politischer: man hoffte, auf dem bevorstehenden Reichstag vor Kaiser und Reich die volle Rechtgläubigkeit der lutherischen Lehre im Sinn ältester kirchlicher Überlieferung zu erweisen und wollte sich deshalb gerade jetzt nicht durch ein Bündnis mit den schweizerischen Radikalen, den "Sakramentierern", belasten. Insbesondere die radikale Leugnung des Mysteriums im Abendmahl erschien von da aus untragbar. Immerhin ergab die Unterredung, daß man sich doch gegenseitig näherstand, als Luther erwartet hatte. Über vierzehn Glaubensartikel wurde man einig, nur in der Abendmahlsfrage nicht. Indessen auf Drängen Landgraf Philipps haben die lutherischen Theologen sich nach dem Abschluß der eigentlichen Verhandlungen doch noch zu einer Vermittlungsformel auch in dieser Frage entschlossen, die [52] allenfalls Raum für Zwinglis Auffassung bot. Aber jetzt war es Zwingli, der (im Gegensatz zu seinem Straßburger Freund Butzer) ablehnte. Durch diese (früher kaum beachtete) Tatsache ist sein Verhalten in neue Beleuchtung gerückt. Weshalb lehnte er ab?

Zunächst wohl deshalb, weil er besorgen mußte, durch Nachgiebigkeit in der wichtigen Abendmahlsfrage den Züricher Radikalen gegenüber in eine schiefe Lage zu geraten: man hätte ihn dort des Rückfalls in katholische Auffassungen geziehen, und das hätte seine ohnedies schwierige Lage noch mehr gefährdet. Darüber hinaus kämpfte er ganz einfach um seine theologische Selbständigkeit. Tatsächlich hat Zwingli auch später dunkle und mehrdeutige Kompromißformeln in der Abendmahlsfrage, wie die Lutheraner sie noch mehrfach (unter Vermittlung Butzers) anboten, jedesmal schroff abgelehnt. Auch dann, als die Lutheraner mit dem Versuch, dem Kaiser ihre Rechtgläubigkeit darzutun, auf dem Augsburger Reichstage gescheitert waren und nun in höchster Besorgnis vor drohenden Kriegsgefahren weit ernsthafter als früher zum Zusammengehen mit den Schweizern bereit schienen. Zwingli berief sich dabei auf die Gefahr, der gemeine Mann könne solche Kompromißformeln im Sinn des katholischen Herkommens mißverstehen, vor allem aber darauf, daß ein Zusammenschluß des Protestantismus, der auf absichtlicher Unklarheit in der dogmatischen Kernfrage beruhe, eine "jämmerlich erfochtene Einigung" sei, die auf die Dauer nicht bestehen könne und bald zu neuem Zwist führen werde. Statt dessen war er (schon in Marburg) bereit, ein rein politisches Bündnis mit den lutherischen Ständen abzuschließen, das die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede der Lehre klar herausstellte. Da eine solche rein politische Haltung den lutherischen Theologen undenkbar schien, ist die Trennung beider Teile unvermeidlich geworden.

Das sind Vorgänge von größtem allgemein-geschichtlichem Interesse. Hinter dem Streit um das Dogma erhebt sich zuletzt der Streit um die Führung des deutschen Protestantismus. Was Zwingli unter keinen Umständen wollte, war die einfache Unterwerfung unter den Willen Luthers. In Straßburg, auf dem Wege nach Marburg, hatte er die ganze Größe der dem Protestantismus drohenden Gefahr kennengelernt. Ihr wollte er ein Bündnis aller dem Kaiser feindlichen Mächte, von Dänemark über Niederdeutschland, Hessen, den schwäbisch-alemannischen Raum einschließlich der Schweiz bis nach Venedig entgegenstellen. Auch Frankreich sollte wieder beteiligt werden. Mit glühendem Eifer gingen Zwingli und Landgraf Philipp an die Verwirklichung dieses beinahe abenteuerlichen Planes. Sollte er gelingen, so waren die lutherischen Fürsten zwar als Bundesgenossen neben den oberdeutschen Städten hochwillkommen; unter keinen Umständen aber durften die Wittenberger Theologen mit ihren ewigen politischen Bedenklichkeiten die theologische Führung erhalten. Für die altertümliche Reichs- und Kaisertreue der deutschen Stände hat Zwingli nie das geringste Verständnis besessen. Ihm, dem schweizerischen Republikaner, erschien das "römische Kaisertum" [53] längst nur noch als eine tote Form, ja als ein Teilstück jenes römischen Systems, von dem es doch Deutschland zu befreien galt. "Was hat Deutschland mit Rom zu schaffen?" Von hier aus enthüllt uns das Marburger Religionsgespräch noch andere Gegensätze, als die Abendmahlsfrage. Schweizer und Deutsche verstanden sich auch deshalb nicht mehr, weil der Loslösungsprozeß der Eidgenossenschaft vom Reich schon zu weit fortgeschritten war.

Jener kühne europäische Bündnisplan Zwinglis ist sehr bald gescheitert. Venedig hatte längst seinen Frieden mit dem Kaiser gemacht, Frankreich verfolgte ganz andere Interessen als den Schutz des schweizerischen Protestantismus. Die lutherischen Fürsten schlossen untereinander ein eigenes Bündnis zu Schmalkalden ab, die oberdeutschen Städte wurden nachträglich wieder ängstlich und unsicher; sie sind zuletzt zu den Schmalkaldenern abgeschwenkt und haben später auch in der Glaubensfrage mit dem Luthertum ihren Kompromiß geschlossen. Was von dem großen Allianzplan allein übrig blieb, war ein Bündnis zwischen dem hessischen Landgrafen und Zürich, dem von den Schweizerstädten nur Basel sich anschloß. Die Schweizer Protestanten standen wieder außerhalb des Reiches. Als in dem bald darauf ausbrechenden neuen schweizerischen Bürgerkrieg Landgraf Philipp den Zürichern militärische Hilfe anbot, hat die Stadt (nach Zwinglis Tode) nicht einmal eine Antwort gegeben, weil sie "nicht gewohnt sei, fremde Knechte ins Land zu berufen". So fochten die Schweizer ihre politisch-kirchlichen Gegensätze zuletzt doch allein unter sich aus, ohne ausländische Hilfe. Auch so hätten die evangelischen Orte, wenn sie nur fest zusammenstanden, dennoch den Sieg über die katholische Partei gewinnen können. Zwinglis Zukunftsbild einer evangelischen, politisch und geistig neu geeinigten, unter Züricher und Berner Vorherrschaft stehenden Eidgenossenschaft hätte so am Ende doch noch verwirklicht werden können – freilich nur unter Anwendung rohester Gewalt. Aber schon vor Beginn des Krieges war seine politische Stellung in Zürich ins Wanken geraten. Die Härte seines persönlichen Regiments war den freiheitsgewohnten Bürgern auf die Dauer schwer erträglich; man begann die einseitige Festlegung der Außenpolitik auf kirchliche Interessen als Überspannung, als gewagtes Abenteuer zu empfinden; man scheute den Bruderkrieg unter Eidgenossen.

Jäher Wechsel der Volksgunst gehört zum Wesen städtischer Demokratien. Als Zwingli in dieser Lage seinen Abschied aus allen Ämtern forderte, hielt man doch wieder an ihm fest; man bat ihn zu bleiben. Aber die gestraffte Energie der Züricher Politik von ehedem war dahin. Mit düsteren Ahnungen sah der Reformator, wie Ungeschicklichkeit und Zerfahrenheit der politischen Leitung, wie gleichzeitig die Eifersucht Berns alles entschlossene Handeln lähmten. Statt rechtzeitig den Krieg zu erklären, reizte man die katholischen Orte durch eine nutzlose Proviantsperre zu äußerster Erbitterung. Als sie endlich ihrerseits losschlugen, fanden sie Stadt und Landschaft ungerüstet. In völliger Kopflosigkeit und Verwirrung trat ihnen eine eilig zusammengeraffte Schar Züricher Bürger entgegen. Zwingli selbst wollte in der Stunde [54] äußerster Gefahr unter den Seinen nicht fehlen. Mit Helm und Harnisch, Schwert und Hellebarde gerüstet zog er mit ihnen hinaus. Noch am selben Tage, dem 11. Oktober 1531, ist er in einem Vorhutgefecht bei Kappel, in den vordersten Reihen stehend, gefallen. "Sind mannlich und frölich, lieben Zürcher" waren seine letzten Worte, "müssend wir schon hie einen schweiß lyden, so werden wir doch mit Gott blyben".

Die Ermordung von Ulrich Zwingli, 11. Oktober 1531.
Die Ermordung von Ulrich Zwingli, 11. Oktober 1531.
Gemälde von Karl Jauslin.       [Nach wikipedia.org.]

Militärisch betrachtet war das Gefecht bei Kappel unbedeutend; aber es war die erste Niederlage des Protestantismus im offenen Felde und wurde deshalb in ganz Europa als ein großes Ereignis empfunden. Vor allem: der Tod Zwinglis, seiner nächsten Freunde und entschlossensten Parteigänger lähmte die Energie der züricherischen Kriegsführung vollends. Führerlos, ja zuchtlos taumelte das Heer der protestantischen Städte – trotz großer zahlenmäßiger Überlegenheit – von einer Niederlage zur anderen. Ein übereilter Friedensschluß brachte zwar nicht die Vernichtung, aber den Stillstand, in dem umstrittenen Gebiet der Nordostschweiz einen starken Rückgang des reformatorischen Bekenntnisses. Politisch bedeutete das die dauernde Zerreißung der Schweiz in zwei feindliche konfessionelle Lager, zugleich die Erstarrung ihrer Bundesverfassung für Jahrhunderte. In Zürich wurde beschlossen, fortan keinen Theologen mehr zu politischer Macht kommen zu lassen. Die Geschichte der deutschen Reformation schritt von nun an fast achtlos über die schweizerische Sonderkirche hinweg.

Dennoch ist das Lebenswerk des Züricher Reformators nicht ohne weitreichende geschichtliche Folgen geblieben. Zunächst: das züricherische Geistesleben, eigentlich von ihm erst entzündet, und die Geistesart der ganzen deutschreformierten Schweiz trägt bis heute deutlich die Spuren seines Wirkens. Der Typus einer reformierten Theologie, wie er sie geschaffen hat, in der sich eine weltoffene Bildung antikischen Ursprungs mit den Kerngedanken christlicher Predigt zu verbinden und zu versöhnen trachtet, hat eine selbständige und bedeutende Rolle im deutschen Geistesleben gespielt. Wohl blieb diese Theologie zunächst, in den großen geistigen Entscheidungskämpfen des 16. Jahrhunderts, in den Winkel gedrängt. Aber sie hat später noch eine große Zukunft gehabt. Bis nach Holland und England, in die Ursprungsländer also der späteren Aufklärung, reichen die Spuren unmittelbarer Einwirkung zwinglischen Geistes. Ähnliches gilt von dem neuen Typus einer kampfbereiten, auch politisch wohlgerüsteten evangelischen Kirche, wie sie in Zürich vorgebildet war. Auf dem Weg über Straßburg und Bern hat zwinglisches Kirchentum dem großen Reformator der Westschweiz die Wege geebnet, ja in vielen praktischen Fragen bereits die Richtung gewiesen. Calvin als Reformator steht nicht nur auf den Schultern Luthers; seine Genfer Kirche ist nicht denkbar ohne die Vorarbeit des Zürichers. Und damit eröffnet sich der Ausblick auf weltweite Wirkungen des schweizerischen Protestantismus. Nur von ihnen her gesehen rückt die Lebenstat Zwinglis, des tapferen Anhebers und Vorkämpfers, ins rechte Licht.




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