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Warschau unter deutscher Herrschaft.
Deutsche Aufbauarbeit im Distrikt Warschau.

[208]
Holz- und Forstwirtschaft

1. Allgemeiner Überblick über die Forstverhältnisse

Während vor einem Jahrhundert das heutige Generalgouvernement ein waldreiches Land war, ist es heute als waldarm anzusprechen. Noch Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde das Bewaldungsprozent der früheren Republik Polen mit 33% angegeben. 1912 mußte dagegen schon festgestellt werden, dass nur noch 20% des Landes mit Wald bestockt waren. Seitdem hat die Waldfläche noch mehr abgenommen, sie wird heute - ohne den Distrikt Galizien - mit 18% angegeben. Für den Distrikt Warschau kann gegenwärtig sogar nur ein Bewaldungsprozent von 14% angenommen werden.

Die Gründe für diese starke Waldabnahme liegen hauptsächlich der Ablösung der Forstberechtigungen durch Waldabfindung an die Bauern, ferner in den umfangreichen Waldaufteilungen, bei deren Durchführung der Wald in den meisten Fällen gerodet wurde, und schliesslich auch in der schlechten finanziellen Lage des Großprivatwaldbesitzes infolge Verschuldung, die zum Kahlabtrieb der Bestände oder zum Verkauf des Waldes an Güterschlächter zwang. Auch die starken Holzanforderungen in und nach dem Weltkrieg haben auf den Waldzustand keine günstige Wirkung ausgeübt. Endlich hat die oft falsche Handhabung der forstgesetzlichen Bestimmungen dazu
Die Entwaldung im Umkreis von 60 km um Warschau
[215] Die Entwaldung im Umkreis von 60 km um Warschau.
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beigetragen, die vorhandene Waldfläche noch weiter zu verringern, anstatt sie zu erhalten und vergrössern zu helfen.

Aus der Abbildung S. 215 [Scriptorium: rechts], die die Umgebung von Warschau in einem Umkreis von 60 km graphisch darstellt, geht am besten hervor, wie stark die Entwaldung im Laufe der Jahre vorgeschritten ist. Die Karte zeigt, dass im Jahre 1863 noch ein sehr grosser Teil des gesamten Gebietes bewaldet gewesen ist. Im Jahre 1935 ist aber dieser Waldbestand, wie aus der Karte anschaulich hervorgeht, nur noch verschwindend gering.

Im Gegensatz zum Reich kommen Gemeindewaldungen sehr selten vor. Auf das Fehlen dieser Einnahmequellen ist auch vielfach die geringe Finanzkraft der Gemeinden zurückzuführen.

[209] Der bäuerliche Waldbesitz besteht überwiegend aus Zwergwirtschaften, die in der Regel aus der Ablösung der Forstberechtigungen herstammen.

 
a. Lage, Klima und Boden

Der Distrikt Warschau liegt fast durchweg im Stromgebiet der Weichsel auf einer Meereshöhe von 75 m (bei Sochaczew) bis 220 m (zwischen Wengrow und Kaluszyn). Die Temperaturverhältnisse bilden für die
Urwaldähnlicher Bestand von Fichte und Kiefer
[217] Urwaldähnlicher Bestand
von Fichte und Kiefer.
Hauptholzarten nicht ungünstige Wachstumsbedingungen. Lediglich für die Rotbuche und Weißtanne ist das Klima nördlich des Bug zu rauh.

Die jährliche Niederschlagsmenge ist im allgemeinen gering und beträgt in den südlichen Distriktsteilen 600 - 700 mm, in den nördlichen 500 - 600 mm. In den Niederungen des Narew wurde sogar unter 500 mm gemessen. Bei Niederschlagsmengen unter 600 mm kommen Buchen und Weißtannen nicht mehr vor, während die übrigen Holzarten ein zufriedenstellendes Wachstum zeigen.

Die günstigen klimatischen Bedingungen sind dem Vorherrschen der westlichen Winde zuzuschreiben. Die Ostwinde bringen dagegen die hohen Kälte- und Wärmegrade, Trockenheit, Nachtfröste sowie Früh- und Spätfröste, die der Waldwirtschaft genau so schaden wie die meist lang anhaltende Trockenheit im Frühjahr.

Wandernde Sanddüne
[216] Wandernde Sanddüne.
Die geologische Gliederung ist einfach. Die größte Fläche nehmen die Sande des Diluviums ein, die mittlere bis gute Waldböden bilden. Entlang der Weichsel sind weite Strecken mit Talsanden bedeckt, die vielfach zu Binnendünen zusammengeweht wurden und wohl die ärmsten Waldböden tragen. Zum Teil kommen noch offene Dünen vor, die oft Wald- und Feldkulturen bedrohen und deren Festigung und Wiederbestockung eine der vielen Aufgaben einer künftigen Forstwirtschaft bilden wird.

 
b. Waldzustand bei Übernahme in deutsche Verwaltung

Bewaldungskarte des Distrikts Warschau
[214] Bewaldungskarte
des Distrikts Warschau.

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Als die deutsche Verwaltung im Oktober 1939 die Forsten übernahm, konnte sie feststellen, dass in den Staatswaldungen die Altholzvorräte noch einigermassen befriedigend waren, dagegen fehlten in den Privatwaldungen die Altholzbestände vielfach. Nur wenige Gutsforsten wiesen ein einigermassen normales Altersklassenverhältnis auf.

Die rücksichtslose Abnutzung der Altholzvorräte in den Privatwaldungen wird schon Mitte des vorigen Jahrhunderts festgestellt, [210] und in den Jahren seit 1918 hat die Übernutzung der Altholzbestände weitere Fortschritte gemacht. Schlechte finanzielle Lage, zu große Geldausgaben, die Furcht vor Verstaatlichung, Bodenabgaben an die Bauern sind die Gründe hierfür gewesen. Die übliche Großkahlschlagwirtschaft und auch die ungenügende Ausbildung des Forstpersonals trugen weiter ihren Teil zur Verschlechterung des Waldzustandes bei. Im bäuerlichen Wald fand eine geordnete forstliche Bewirtschaftung überhaupt nicht statt. Streunutzung und Waldweide haben dem Walde grossen Schaden zugefügt.

Schwere Schäden an den Beständen sind auch durch die strengen Winter 1928/29 und 1939/40 besonders an Tanne und Buche entstanden.

Auch der Weltkrieg und der Feldzug 1939 haben dem Wald schwere Wunden geschlagen, besonders dort, wo Kämpfe stattgefunden haben. Vor allem aber hat der umfangreiche Holzdiebstahl, besonders in der Nähe von Städten und Dörfern, die Bestände stark gelichtet, ja sogar die Waldflächen an manchen Orten wesentlich vermindert.

 
c. Jagdliche Verhältnisse bei Übernahme in die deutsche Verwaltung

Der Wildreichtum ist im Distrikt Warschau seit Jahrzehnten mässig gewesen. Wenn auch manche Privatwaldbesitzer sich die Pflege von Niederwildbeständen sehr angelegen. sein liessen, sind die meisten Jagden im Distrikt - an deutschen Wildbahnen gemessen - wildarm. Ein stark ausgebildetes Wildererunwesen und besonders der harte Winter 1939/40 haben dem Wildbestand sehr grosse Schäden zugefügt. Elchwild kommt nicht mehr vor. Auch das Rotwild ist bis auf etwa 10 Stück verschwunden. Der letzte kapitale Rothirsch (16 Ender) wurde 1916 in der Ostrower Heide gestreckt, der aufgebrochen 257 kg gewogen haben soll. Das Schwarzwild kommt in den grösseren zusammenhängenden Waldgebieten vor. Das letzte Damwild wurde im Polenfeldzug vernichtet.

Rehwild findet sich, wenn auch sehr spärlich, überall. Mitunter wurden kapitale Böcke mit über 500 g Gehörngewicht zur Strecke gebracht. Das Körpergewicht liegt wesentlich höher als im Altreich, und zwar in der Regel zwischen 40 - 50 Pfund aufgebrochen.

Auch Hasen sind überall zu finden. Die besten Hasenjagden befinden sich in den westlichen Kreisen mit ihren guten Böden. Kaninchen sind hauptsächlich westlich der Weichsel verbreitet. Der [211] Fuchs ist häufig anzutreffen, dagegen ist der Dachs seltener, auch der Otter ist zurückgegangen. Auch Baum- und Steinmarder, Iltis und die beiden Wieselarten sind noch vorhanden. Der Wolf kommt nur auf den alten Wechseln östlich des Bug vor. Biber und Luchs sind ausgestorben.

Beim Federwild ist das Birkwild noch in erfreulicher Anzahl vertreten, während Auerwild fehlt. Der Besatz an Rebhühnern hat durch den Winter 1939/40 sehr gelitten. Fasanen kommen nur noch in wenigen besonders gepflegten Revieren vor.

Trappen konnten noch im Jahr 1939 beobachtet werden. Ringel-, Turtel- und Hohltauben finden sich häufig.

Die Sumpfgebiete, Flüsse, Seen und Teiche sind mit Sumpf- und Wasservögeln belebt. Alle Arten von Enten, der Kranich, Kiebitze, Möwen, Taucher und Säger, Rohrdommel, Brachvögel, Schnepfen und Bläßhühner finden sich hier häufig. Auch der seltene Kampfhahn kommt vor. Der schwarze Storch ist noch vertreten, auch den Kolkraben trifft man da und dort an. Der Uhu konnte dagegen noch nicht festgestellt werden, das gleiche gilt für die Adlerarten.


 
2. Der Wiederaufbau der Forst- und Holzwirtschaft

Mit der Errichtung des Generalgouvernements im Herbst 1939 war der deutschen Forstverwaltung im Generalgouvernement die Leitung der gesamten Forst- und Holzwirtschaft und der Jagd sowie die Ingangsetzung aller forstlichen und holzwirtschaftlichen Betriebe als Aufgabe gestellt.

 
a. Verwaltungsaufbau

Die Abteilung Forsten, die hiermit betraut wurde, teilte den Distrikt Warschau erstmals nach forstlichen Gesichtspunkten in acht große Bezirke auf und bildete sogenannte Forstinspektionsbezirke, deren Zahl später auf sieben verringert wurde.

Die durchschnittliche Gesamtwaldfläche eines Inspektionsbezirkes betrug 25 000 - 30 000 ha.

[212] Jede Inspektion wurde von einem reichsdeutschen Forstmeister geleitet, dem - je nach Arbeitsumfang - ein bis drei reichsdeutsche Forstbetriebsbeamte beigegeben waren.

Die Neuorganisation der Forstverwaltung im Generalgouvernement brachte auch im Distrikt Warschau eine völlig neue gebietsmäßige Einteilung. Die Forstinspektionen wurden in 4 große Forstaufsichtsämter zusammengefaßt, mit dem Dienstsitz in Ostrow, Skierniewice, Warschau und Sokolow. Jedem Forstaufsichtsamt unterstehen die in seinem Bereich gelegenen, ebenfalls neugebildeten Aufsichtsoberförstereien. Die Durchschnittswaldfläche einer Oberförsterei beträgt 5 000 - 8 000 ha Wald aller Besitzkategorien, das Personal der Oberförsterei besteht durchweg aus ehemals polnischen Forstbeamten.

Die weitere Zusammenlegung in zwei Forstaufsichtsämter Warschau Ost und West wurde im Herbst 1941 durchgeführt.

 
b. Holzwirtschaft

Nach der Übernahme der Waldungen durch die deutschen Forstbehörden mußte der gesamte Waldbesitz im besetzten Teil Polens bis zur äußersten Grenze des Möglichen für die Bereitstellung der für den Endsieg benötigten großen Mengen an greifbaren Hölzern eingesetzt werden.

Als vordringliche Aufgabe musste mit dem Einschlag sofort begonnen werden. Vordringlich mußten für den Export ins Altreich Grubenholz, Faserholz und Exportblöcke sowie Brennholz, Bauholz und Schneideholz aufgearbeitet werden. Endlich sollten 10% des Anfalles an Nadelstammholz für den Wiederaufbau des besetzten Gebietes zur Verfügung gestellt werden.

Darüber hinaus mußten noch wegen mangelnder Kohlenversorgung umfangreiche Mengen an Brennholz für den Bedarf der Bevölkerung eingeschlagen werden. Der sehr hohe Brennholzanfall im alten Polen ließ es möglich erscheinen, die Nutzholzausbeute zu heben und vor allen Dingen den Anfall an Gruben- und Faserholz auf Kosten des Brennholzanfalls zu erhöhen. Bei dem stets zunehmenden Bedarf der Wehrmacht vor allem an starkem und stärkstem Nadelstammholz ergab sich bald die Notwendigkeit, daß in diesen Sortimenten mehr als 100% der hierfür vorgesehenen Menge gehauen [213] und kurzfristig der Wehrmacht zugeführt werden mußte. Dies zwang zu einer Zusammenfassung sämtlicher verfügbaren Kräfte auf Kahlschläge in abfuhrgünstig gelegenen Beständen, vor allem an solchen Hieborten, aus denen auch nach der Schneeschmelze das Holz abgefahren werden konnte. Diese Maßnahme konnte nur durch den restlosen Einsatz aller beteiligten deutschen Beamten erfüllt werden.

Der Gesamteinschlag ist bereits im Wirtschaftsjahr 1940 fast hundertprozentig erreicht worden, obwohl große Schwierigkeiten der Aufbringung entgegenstanden. Der unverhältnismäßig lange und harte Winter, die mangelhafte Ernährung und Bekleidung der polnischen Holzhauer und die ungenügende Werkzeugausrüstung waren die Haupthindernisse. Die gesamte Arbeit des Wirtschaftsjahres 1940 kann jedoch als Erfolg gewertet werden.

Im Wirtschaftsjahr 1941 sollte zunächst nur der normale Jahreseinschlag gehauen werden. Die Entwicklung der politischen Verhältnisse mit Sowjetrußland zog aber einen abermaligen riesenhaften Bedarf nach sich, der wiederum kurzfristig bereitgestellt werden mußte. Hinzu kamen umfangreiche Bestellungen von Bauholz für die Organisation Todt. Schließlich mußten für die Abteilung Ernährung und Landwirtschaft für beschleunigten Aufbau zerstörter Güter, Lagerhäuser und Meliorationsarbeiten große Mengen Holz bereitgestellt werden. Alle diese Holzlieferungen liessen eine Begrenzung des Umlagesolls nicht zu, es mußte einfach der verlangte Bedarf gehauen werden. Die Schwierigkeiten beim Einschlag und der Bereitstellung dieser Holzmengen waren jedoch nicht kleiner geworden. Trotzdem ist es gelungen, allen Bedarf zu decken und alle Bedarfsträger ausreichend zu versehen.

Der im Distrikt vollzogene Einschlag des Brennholzes zur Versorgung der Bevölkerung und der Industriebetriebe genügte bei dem bestehenden Kohlenmangel nicht zur Deckung des ausserordentlichen hohen Bedarfs, so daß hierfür erhebliche Zuschußmengen aus den Distrikten Lublin und Radom bezogen werden mußten.

Die Verwertung des gesamten Anfalles an Nadelstammholz der beiden Wirtschaftsjahre wurde bis auf einige tausend fm Schneideholz, die in das Reich exportiert wurden, auf Sägewerken des Distrikts verarbeitet. Der Anfall an Gruben- und Faserholz wurde dem Reich zur Verfügung gestellt.

[214-217=Fotos] [218] Wenn im Altreich die Holzabfuhr einzig und allein Sache des Käufers ist, mußte hier bald festgestellt werden, daß die Bewegung des eingeschlagenen Holzes nicht allein dem Käufer überlassen werden konnte, da dieser nicht imstande war, die notwendigen Fahrzeuge bereitzustellen. Die Forstaufsichtsämter mußten sich deshalb auch dieser Sache annehmen, um zu gewährleisten, daß das geschlagene Holz rechtzeitig der Verarbeitung zugeführt wurde.

Zunächst wurden die vorhandenen Waldbahnen, die noch aus dem Weltkriege stammen, in Betrieb genommen. Vorhanden waren zwei solcher Bahnen mit insgesamt 34 km Länge. In der Hauptsache kam aber für die Holzabfuhr das leistungsfähige und am einfachsten zu handhabende Panjegespann in Frage, das auch noch im Jahre 1939/40 in genügender Anzahl zur Verfügung stand. Später entstanden aber große Schwierigkeiten durch die Pferdeaushebungen für die Wehrmacht und die Bedürfnisse der Straßenbauämter, die eine hohe Anzahl der Gespanne für ihre Zwecke in Anspruch nahmen. Schließlich brachte im November 1940 die Kartoffelversorgung der Stadt Warschau die Holzabfuhr fast vollkommen zum Erliegen, da die bäuerlichen Fuhrleute die Kartoffeln mit ihren Gespannen nach Warschau fahren mußten.

Im Frühjahr 1941 wurden erneut Tausende von Gespannen ausgehoben, was die Holzabfuhr besonders in den Ostkreisen fast zum Erliegen brachte.

Trotz all dieser Schwierigkeiten konnten die eingeschlagenen Holzmengen rechtzeitig abgefahren werden. Das ist eine große Leistung der deutschen Forstverwaltung.

 
c. Forstwirtschaft

Hinter der wichtigsten Aufgabe der Forstverwaltung, der Gewinnung und Bringung der zum Einschlag vorgesehenen Holzmengen, mußten die waldbaulichen Belange zunächst zurückstehen. Infolgedessen konnte der Zustand der Waldungen nicht wesentlich verbessert werden.

Die Beschaffung des riesigen Holzbedarfes zwang oft dazu, die Hiebe auf bestimmte Sortimente bei günstiger Abfuhrlage abzustellen. Die meist kurzfristigen Lieferfristen gaben den Anlaß zur Beibehaltung des Großkahlschlagbetriebes, und zwar möglichst an [219] frachtgünstigen Hiebsorten. Wenn auch weitgehend dabei berücksichtigt wurde, kranke, insbesondere schwammverseuchte oder durch Kriegswirkungen beschädigte Bestände zum Einschlag zu bringen, so sind doch die Altholzvorräte im Distrikt in den letzten Jahren noch weiter geschwächt worden.

Die Sicherstellung des Samen- und Pflanzenbedarfs für das Jahr 1940 war besonders schwierig, da die Ernte schlecht war und aus dem Reich Samen und Pflanzen nicht bezogen werden konnten. Es konnten infolgedessen nur 1 200 ha angebaut werden. Im Jahre 1941 belief sich die Fläche auf nicht ganz das Doppelte der Vorjahresfläche. Auf diesem Gebiet wird in den kommenden Jahren viel nachzuholen sein. Die Unterlagen für ein groß angelegtes Aufforstungsprogramm sind durch Erfassung der kulturbedürftigen Flächen geschaffen worden.

Die Anlage von großen Baumschulen ist in Angriff genommen, so daß im Lauf der Zeit die vorgesehenen Aufforstungsflächen mit selbstgezogenen Pflanzen in Bestockung gebracht werden können.

Unter den Nebenerzeugnissen des Waldes ist das Harz von besonderer Bedeutung für die deutsche Kriegswirtschaft. Als vordringliche Aufgabe war deshalb im Jahre 1939 die Sicherstellung der Vorräte an Harz anzusehen. Das Harz lagerte vielfach in Fässern in den Kellern der Forstgehöfte. Es wurden schätzungsweise 5 000 kg erfaßt. Im Laufe des Frühjahres 1940 wurde denn auch die Harzgewinnung wieder in Gang gesetzt.

Torfgewinnung in der Kreishauptmannschaft Siedlce
[100] Torfgewinnung in der
Kreishauptmannschaft Siedlce.
Die Nutzung geeigneter Torflager war nur in beschränktem Umfange möglich. Ihre Ausbeutung wie die Erschliessung neuer Lager wurde durch die ungünstige nasse Witterung des Jahres 1940 gehemmt und erschwert. Im ganzen sind im Jahre 1940 nur 3 000 to Torf gestochen worden.

Dagegen wurden im Jahre 1941 von größeren Torffirmen bis zum 1. September 20 000 to Torf gewonnen. Die Produktion auf kleineren Flächen (unter 2 ha) kann mit 10 000 to angenommen werden, so daß die Gesamtnutzung rund 30 000 to beträgt.

Für das Jahr 1942 wird der Anfall auf 50 000 to geschätzt.

Alle Arbeiten in den Waldungen wurden durch den anfänglich bestehenden und heute noch nicht gänzlich behobenen Mangel eines geeigneten Forstschutzes erschwert.

Die Forstdiebstähle hatten in Polen infolge einer äußerst milden Gesetzgebung und ihrer schlappen Handhabung durch die Gerichte einen unvorstellbaren Umfang angenommen.

[220] Die vordringlichste Aufgabe war, das vorhandene und zum Teil willige polnische Forstschutzpersonal mit Waffen zu versorgen. Zu diesem Zwecke wurden teils durch die deutsche Polizei beschlagnahmte, teils aus dem Reich bezogene Jagdwaffen zur Verfügung gestellt.

Anfang Mai 1940 hat das Forstschutzkommando des Reichsforstmeisters seine Tätigkeit aufgenommen. Diese beschränkte sich zunächst auf die Kontrolle der Holzabfuhr und die Abstellung des Holzdiebstahls. Die energische Kontrolle der wilden Holzabfuhr nach Warschau hat zur Sicherstellung erheblicher Brennholzmengen geführt, die durch Vermittlung einer Holzfirma zu angemessenen Preisen verwertet wurden. Im übrigen erfolgten durch kleinere Kommandos Durchsuchungen von Ortschaften nach Diebstahlholz. Neben der Förderung und Überwachung des Holztransporte waren die Forstschützen auch beim Forst- und Jagdschutz tätig. Sämtliche Maßnahmen hatten durchschlagenden Erfolg.

 
d. Jagd

Die Jagd hatte unter dem Krieg und seinen Folgeerscheinungen sowie dem harten Winter 1939/40 sehr zu leiden.

Zunächst handelte es sich im Herbst 1939 darum, den noch vorhandenen Wildbestand so weit wie möglich zu retten. Zu diesem Zweck wurden verschiedene Dauerschonvorschriften z. B. für weibliches Rehwild, Fasanenhennen und Rebhühner erlassen, die für Rebhühner heute noch gelten. Im allgemeinen sind, abgesehen von Hasen und Enten, die Wildbestände an Rehwild, Schwarzwild und Fasanen sehr mässig und bedürfen noch weitgehender Schonung und Hege. Für die Wildfütterung wird in den einzelnen Jagdbezirken manches getan, trotzdem bleibt noch mehr zu tun übrig. Das gleiche gilt auch für die Aufzucht und Hege von Fasanen.

Eine Verbesserung der jagdlichen Verhältnisse hinsichtlich des Wildbestandes ist dringend erwünscht. Es darf zuversichtlich angenommen werden, daß die Einführung des Reichsjagdgesetzes die hierfür nötigen Grundlagen schaffen wird. Wenn von seiten der Jagdbesitzer das Nötige für die planvolle Hege und Aufzucht der verschiedenen Wildarten, notfalls durch Einsatz gesunden Wildes, getan wird, können die Jagden im Generalgouvernement sich auch bald mit denen des Altreiches messen.

Das gesamte Distriktsgebiet ist in rund 370 Jagdbezirke eingeteilt, die Wehrmacht- und SS-Dienststellen sowie zivilen Jägern [221] und Forstdienststellen zur Jagdausübung zugeteilt sind. Die Wildstrecken werden zugunsten der Grundeigentümer verrechnet.

Das anfallende Wildbret wird im wesentlichen an die im Distrikt vorhandenen Gaststätten der Wehrmacht und der Zivilverwaltung sowie an Lazarette zu den vorgeschriebenen Preisen abgegeben.


 
3. Zukunftsaufgaben der deutschen Forstverwaltung

Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Distrikt Warschau ein waldarmes Gebiet mit sehr großem Holzbedarf ist und daß die Waldungen einen geringen Vorrat an hiebreifen Althölzern und besonders auch im Privatwald eine unbefriedigende Bestockung zeigen, muß die Hauptaufgabe in der Zukunft darin bestehen, die derzeitigen Waldflächen zu vergrößern und den Waldzustand zu verbessern.

Zur Erreichung dieses Zieles sind Kahlhiebe auf unbedingt nötige Ausnahmefälle zu beschränken, um damit zu verhindern, daß neue Anbauflächen geschaffen werden.

Vor allem handelt es sich aber um die Aufforstung der für die Landwirtschaft nicht brauchbaren Böden, den Anbau alter Schläge, Nachbesserung der ältesten Kulturen sowie die Aufforstung der zahlreich vorhandenen Ödländereien.

Zur Durchführung dieser Aufgaben müssen die hier üblichen Kulturmethoden verbessert, einwandfreies Saatgut gewonnen und entsprechendes Pflanzenmaterial nachgezogen werden. Wo die Viehweide die Kulturen bedroht, müssen diese eingegattert werden. Eine fachliche Schulung der polnischen Forstbeamten für alle diese forstlichen Aufgaben wird unerläßlich sein und wird bereits durchgeführt.

Die in stetem Fluß sich befindende Rodung von Wald zur Umwandlung in landwirtschaftliches Gelände muß verboten werden, da der heute noch vorhandene Wald auf ausgesprochenem Waldboden stockt und die in den letzten Jahrzehnten gerodeten Flächen für eine landwirtschaftliche Nutzung in vielen Fällen nicht brauchbar sind. Falls die Umwandlung von Wald nicht rücksichtslos abgestoppt wird, geht der Distrikt der Versteppung entgegen, mit allen nachteiligen Folgen für Boden, Klima und die Wohlfahrt der hier lebenden Menschen.

[222] Eine weitere Zukunftsaufgabe ist die Einschränkung des Holzbedarfs.

Der Distrikt Warschau ist bei seiner geringen Waldfläche und seinem weit über deutsche Verhältnisse hinausgehenden Holzbedarf ein ausgesprochenes Holzbedarfsgebiet. Wenn das frühere Polen bis zur deutschen Übernahme sich als Holzausfuhrland betätigt hat, geschah dies auf Kosten seines Waldbesitzes, der langsam, aber sicher seinem Ruin entgegensteuerte. Von einer geordneten Forstwirtschaft konnte bei der Vorratsabnutzung der letzten 20 Jahre keine Rede mehr sein.

Die ländliche und auch städtische Bevölkerung hat einen viel größeren Holzbedarf als in Deutschland. Das ist einmal darauf zurückzuführen, daß für Hausbrandzwecke fast ausschließlich Brennholz verbraucht wird und die Heizung mit Kohle auf dem Land wenig oder gar nicht im Gebrauch ist. Weiter werden in den Dörfern und Landstädten die Häuser in den meisten Fällen aus Holz hergestellt. So werden riesige Holzmengen verbraucht, die der Wald nicht nachhaltig liefern kann.

Der Holzverbrauch muß eingeschränkt werden, sobald wieder normale Verkehrsverhältnisse eingetreten sind. Das Generalgouvernement ist in seinen Hauptteilen kein Holzausfuhrgebiet, sondern - besonders der Distrikt Warschau - ein Holzeinfuhrgebiet. Nicht Ausfuhr, sondern Einfuhr von Holz muß stattfinden, daneben aber auch eine Umstellung der Bauweise von Holz- auf Steinbauten, wie auch ein Übergang von der Brennholz- zur Kohlenfeuerung. Zur Erreichung dieses Zieles muß eine planmäßige Propaganda die Forstwirtschaft unterstützen.

Endlich gehört auch zu den besonders dringenden Zukunftsaufgaben die Schaffung eines Forstgesetzes, das für die großen Aufgaben einer Vergrösserung der Waldfläche und Verbesserung des Waldzustandes die nötige gesetzliche Grundlage schaffen soll; denn wichtige Gebiete bedürfen einer baldigen gesetzlichen Regelung, insbesondere die Bewirtschaftung und Beförsterung der Waldungen, der Zusammenschluß der bäuerlichen Waldbesitzer zu Waldgenossenschaften, die Wiederaufforstung von Ödländereien und Kahlflächen, die Ablösung der noch vorhandenen Weide- und Streuberechtigungen gegebenenfalls durch Futter- und Streumittellieferung und Bereitstellung von Weidekoppeln, die Einschränkung der den Boden und den Waldbestand schädigenden Viehweide, die Regelung der Streunutzung und ihre Beschränkung auf Orte, wo eine [223] Streuentnahme keinen Schaden für den Wald anrichtet, und viele andere Probleme.

Die Forstgesetzgebung muß in gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz und zur Pflege der Natur ihre Ergänzung finden. Diese gesetzliche Sicherung muß sich sowohl auf Naturschutzgebiete und Naturdenkmale als auch auf Pflanzen und nichtjagdbare Tiere erstrecken. Der Naturschutz hat sich aber im Generalgouvernement auch für eine Landschaftsgestaltung im Sinne einer Verschönerung des Landschaftsbildes einzusetzen, die Forderungen der Schönheit und der Volkswohlfahrt dabei zur Geltung zu bringen und notfalls Verunstaltungen der Natur zu beseitigen bzw. von ihr fernzuhalten.

Mit Hilfe dieser Gesetze werden die Waldungen wie auch die Landschaft in einen Zustand versetzt werden können, der der deutschen Auffassung vom Walde und der Landschaft entspricht.

Wenn die deutsche Forstverwaltung auf die bisherige Tätigkeit im Generalgouvernement zurückblickt, kann sie feststellen, daß sie die ihr gestellten Aufgaben im Rahmen des Möglichen voll erfüllt hat. Sie ist sich aber darüber klar, daß es sich bei den bisherigen Leistungen nur um Übergangsmaßnahmen gehandelt hat, die den Kriegsnotwendigkeiten entsprechen. Die eigentlichen Aufgaben für einen umfassenden Aufbau der Forst- und Holzwirtschaft werden erst nach Beendigung des Krieges ihrer endgültigen Lösung entgegengeführt werden können.


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