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Alt-Bürgersdorf

Bericht Nr. 103
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Schwere Mißhandlungen bei Hausdurchsuchungen
Berichter: Adolf Lux Bericht vom 30. 9. 1946

Lage von Alt-BürgersdorfAm 2. 7. v. Js. wurde von Partisanen in allen Häusern von Alt-Bürgersdorf eine Hausdurchsuchung vorgenommen. Auch mein Haus wurde durchsucht, dabei wurden mir 2 Geigen und andere Dinge, insbesondere Wäsche, Kleider und Schuhe, die ihnen gefielen, mitgenommen. Sie haben z. B. ihre eigene Wäsche ausgezogen und sich meine Wäsche angezogen. Persönlich wurde ich dabei nicht belästigt. Dann gingen sie zum Nachbarn. Dort fanden sie angeblich einen Revolver. Darauf kehrten sie in meine Wohnung zurück, warfen alles durcheinander und verlangten auch von mir einen Revolver. Ich hatte keinen. Da wurde ich von ihnen schwer mißhandelt. Ich erhielt Faustschläge ins Gesicht, daß ich 4 Zähne verlor, 3 wurden losgeschlagen. Sie bedrohten mich mit Erschießen und schossen auch herum, wobei sie mich in den Fuß trafen. Darauf beauftragten sie mich, eine Decke von mir in die Schule in die Sammelstelle zu tragen. Ich humpelte unter Schmerzen in die Schule. Am Rückweg ging ich zum Dorfbach, zog mir den Schuh aus und wusch mir die Schußwunde aus. Als ich in mein Haus zurückkam, wartete einer noch auf mich und führte mich zum Kommissar. Dort mißhandelte er mich abermals und stieß mich dann mit einem Fußtritt zum Hause hinaus.



 

Althart
(bei Slabings)


Bericht Nr. 104
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Arbeitseinsatz, Gepäckkontrolle
Berichter: Reinhold Meiniger Bericht vom 15. 10. 1946

Lage von Althart(?), Christofsgrund und ReichenbergIch war Krankenpfleger in einem Feldlazarett und wurde aus diesem am 24. 6. v. J. von den Russen entlassen. Von der tschechischen Gendarmerie wurde ich in Althart bei Slabings festgehalten, verprügelt, völlig ausgeraubt, selbst die Stiefel wurden mir ausgezogen und dann auf dem Hof Hejnitz bei Slabings zur landwirtschaftlichen Arbeit eingesetzt. Dort haben wir 4 Wochen überhaupt kein Brot bekommen. Wir lebten buchstäblich nur von trockenen Kartoffeln. Ein halbes Jahr hatten wir überhaupt kein Salz. Wir waren dort 32 entlassene Soldaten beschäftigt, das waren nur Kranke und Versehrte, denn Gesunde waren von den Russen gar nicht entlassen worden. Wir mußten von 4 Uhr früh bis 10 Uhr abends mit einer einstündigen Mittagpause arbeiten. Wer infolge seines schwächlichen Gesundheitszustandes diesem Arbeitstempo nicht gewachsen war oder die landwirtschaftliche Arbeit nicht verstand, es waren z.Teil Studenten, der wurde unbarmherzig verprügelt. Weil ich bei der Häckselmaschine, an der ich noch nie gearbeitet hatte, am ersten Tage nach der Meinung des Schaffers nicht genug leistete, wurde ich am Abend von ihm geohrfeigt und mit einem Stock verprügelt. Eine Beschwerde beim Verwalter brachte mir noch in derselben Nacht Prügel durch die herbeigerufene Gendarmerie ein. Der Schaffer hieß Josef Brychta. Solche Prügeleien kamen täglich vor. Ich mußte bis 8. 8. ds. J. auf dem Gut unter diesen Verhältnissen arbeiten. Meine Frau war schon im Sommer v. J. nur mit dem geringsten Handgepäck mit ihren zwei Kindern aus der Wohnung gewiesen worden. So haben wir alle unsere Sachen verloren. Unser Aussiedlungsgepäck besteht nur aus alten geschenkten Sachen. Selbst von diesen Sachen hat uns bei der Aussiedlung der Národní výbor von Christofsgrund bei Reichenberg noch alles, was noch einigermaßen brauchbar war, abgenommen, z. B. das gesamte Geschirr, die gesamte Kinderkleidung usw. Auf eine Beschwerde im Aussiedlungslager Alt-Habendorf wurde der Národní výbor von Christofsgrund verhalten, mir die abgenommenen Sachen zurückzustellen. Statt dessen erhielt ich einige andere fremde und viel schlechtere Sachen zurück, z. B. zwei ungleiche Schuhe, aber kein Geschirr.



 

Altrohlau


Bericht Nr. 105
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Beraubung einer alten, kranken Frau
Berichterin: Anna Drösler Bericht vom 19. 8. 1946

Lage von AltrohlauIch bin 62 Jahre alt und herzkrank. Seit 4 Jahren bin ich Witwe. Am 1. 9. 1945 kamen 5 tschechische Zivilisten, darunter der Postdiener Brechal und nahmen in wildester Form eine Hausdurchsuchung vor, bei der sie alle Wertgegenstände beschlagnahmten. Am 2. 9. kamen Gendarmen, die noch brutaler vorgingen. Am 25. 9. kam ein Gendarm mit mehreren Zivilisten, unter ihnen auch der neue Besitzer, trieb mich aus dem Bett - ich hatte wenige Minuten vorher vom Arzt eine Injektion bekommen - und ließen mir nur 20 Minuten Zeit, die Wohnung zu räumen und bedrohten mich mit dem Knüppel. Als kranke Frau konnte ich in dieser kurzen Zeit fast nichts zum Mitnehmen zusammenpacken. Ich wurde aus der Wohnung gejagt und quartierte mich in einem Kellerraum ein, wo ich bis jetzt ohne jede Einrichtung hauste. Meine Bitte, mir aus meiner Wohnung wenigstens ein Sofa zu geben, wurde abgelehnt. Ich mußte auf Brettern und auf Stroh liegen. Der neue Besitzer Jakob erklärte, Deutschen dürfe nichts gelassen werden. Meine gesamte Wäsche blieb in der Wohnung. Zur Aussiedlung hatte ich nur Gepäck meiner Schwiegertochter. Aus dem Handgepäck mußte ich noch 3 Garnituren Wäsche und 1 Kleid abgeben.



 

Altrothwasser


Bericht Nr. 106
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Mißhandlung einer bäuerlichen Familie
Berichterin: Emilie Reinhold Bericht vom 23. 8. 1946

Lage von AltrothwasserAm 8. 9. 1945 kam ein tschechischer Verwalter auf unseren Hof. Wir wurden von ihm sehr schlecht behandelt. Meine 5köpfige Familie war ganz allein zur Bearbeitung des 39 ha großen Besitzes. Der Verwalter selbst arbeitete überhaupt nichts, bezichtigte uns aber ständig der Sabotage, obwohl wir täglich 15 Stunden aufs Schwerste arbeiten mußten, um die vorhandene Arbeit zu bewältigen. Wir erhielten durch 7 Monate nur je 1000 Kcs. und durch 2 Monate nur 1500 Kcs. Lohn. Verpflegen mußten wir uns selbst auf sogenannte deutsche Lebensmittelkarten. Als am 13. 1. d. J. früh 2 Pferde fehlten, wurden wir vom Verwalter beschuldigt, sie heimlich verkauft zu haben. Wir wurden abgeführt und mein Sohn und ich furchtbar mißhandelt. Am selben Tage wurden wir wieder nachhause entlassen, da wohl niemand ernstlich daran glaubte, daß wir die Pferde wirklich gestohlen hatten. Die Drangsalierungen wurden von diesem Tage ab unerträglich. Am 3. 6. d. J., als meine Tochter erkrankte, benahm sich der Verwalter so wütend und bedrohte uns mit Mißhandlungen, daß ich einen Nervenzusammenbruch erlitt und stundenlang ohnmächtig war und 3 Wochen nicht gehen konnte.



 

Altsattel


Bericht Nr. 107
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Quälereien eines Kranken
Berichter: Anton Stockner Bericht vom 22. 8. 1946

Lage von AltsattelIch wurde am 4. 7. 1945 in Altsattel verhaftet und in das Lager Elbogen gebracht. Obwohl ich bei der Ankunft in Elbogen sofort meldete, daß ich Pneumothoraxträger bin, wurde ich von den anderen Häftlingen nicht getrennt, sondern mußte zusammen mit diesen früh und abends Sport betreiben. Wir mußten u. a. 100mal um den Berghof laufen, was ich nicht aushielt. Als ich es meldete, wurde ich geschlagen und mußte weiter laufen. Als ich abermals nicht mehr weiter konnte, mußte ich Liegestütz machen, bis die anderen die 100 Runden beendet hatten. Sooft mir im Liegestütz die Arme einknickten, wurde ich mit Füßen getreten. Auch bei den anderen anstrengenden Freiübungen konnte ich nicht immer mitmachen und wurde deshalb immer geschlagen. Erst am 10. 7. wurde ich zum ersten Mal zum Arzt vorgelassen. Er schickte mich ins Krankenhaus, wo als Folge der Überanstrengung ein Exsudat festgestellt wurde. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus Ende August wurde mir am 24. September der Pneumothorax noch einmal gefüllt. Als ich im Oktober abermals zur Nachfüllung erschien, wurde mir diese verweigert.

Im November wurde ich nach Tremosna überführt. Dort wurde ich dreimal mit der Peitsche geschlagen, als ich für einen Kameraden ein Paket abholte. Anfang Dezember kam ich als Kranker nach Elbogen zurück. Dort wurde ich schon nach wenigen Tagen geohrfeigt, daß mir dabei die Brille zerbrach, da ich als Kranker nicht beim Appell erschien, obwohl Kranke allgemein vom Appell befreit waren.



 

Arlsdorf


Bericht Nr. 108
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Drangsalierung eines 72jährigen Mannes
Berichter: Albert Geppert Bericht vom 9. 10. 1946

Am 22. 9. 45 wurde ich auf der Straße angehalten und nach einem Ausweis gefragt. Ich wies meine Kennkarte vor. Diese wurde mir ohne jeden Grund abgenommen und ich wurde in das Lager Arlsdorf eingeliefert, wo ich trotz meiner 72 Jahre bis 24. 5. ds. Js. festgehalten wurde. Die Verpflegung war völlig unzureichend. Als ich einmal von der Arbeit ein Stückchen Brot mit ins Lager brachte, das mir unterwegs ein Bekannter geschenkt hatte, wurde ich vom Posten geohrfeigt, daß ich bis heute am linken Ohr taub bin. Pakete wurden regelmäßig beraubt. Als ich entlassen wurde, erhielt ich die Uhr, die mir bei der Einlieferung abgenommen worden war, nicht mehr zurück. 2 andere Uhren, die ich in Reparatur gegeben hatte, wurden von der Gendarmerie beim Uhrmacher beschlagnahmt.



 

Arnau
(im Riesengebirge)


Bericht Nr. 109
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Ermordung eines Ehepaares
Berichterin: Marie Rumler Bericht vom 14. 1. 1948

Lage von ArnauIch stamme aus Arnau im Riesengebirge, Sudetenland, Gebirgsstraße. In Arnau wohnte auch unter der gleichen Adresse mein Sohn Josef Rumler mit seiner Ehefrau Marie, geh. Petrik. Mein Sohn war Schlossermeister, meine Schwiegertochter Englisch-Lehrerin am Gymnasium in Arnau.

Am 18. 6. 1945 sollte mein Sohn mit seiner Frau ausgewiesen werden. Als die Ausgewiesenen am Marktplatz in Arnau antraten, muß sich mein Sohn irgendwie an die falsche Stelle gestellt haben. Er wurde darauf sehr geschlagen und als ihn seine Frau schützen wollte, wurde auch sie geschlagen und an den Haaren herumgeschleift. Dann wurden sie in den Hof des Rathauses getrieben, weiter geschlagen und dann beide erschossen.

Die Richtigkeit dieser Information erkläre ich an Eidesstatt und außerdem ist nahezu die gesamte Bevölkerung von Arnau Zeuge.



 

Arnsdorf
(bei Hennersdorf)


Bericht Nr. 110
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Mißhandlungen zur Erpressung einer Aussage
Berichter: Karl Ehrlich Bericht vom 19. 6. 1946

Lage von Arnsdorf und HennersdorfIch wurde am 19. 12. 1945 mit meiner Frau auf die Gemeindekanzlei Arnsdorf bei Hennersdorf geholt. Ich wurde gefragt, ob ich tschechisch könne und ob ich Waffen habe. Ich verneinte beides. Darauf wurde ich schwer mißhandelt. Die Tschechen warfen mich mehrmals an die Wand und versetzten mir mindestens 10 Faustschläge ins Gesicht. Dabei wurden mir 2 Zähne ausgeschlagen. Dazwischen fragten sie mich immer wieder, wo ich Waffen und Munition habe. Dann wurde ich gezwungen, ein tschechisches Protokoll, dessen Inhalt ich nicht kannte, zu unterschreiben. Diese Mißhandlungen dauerten die ganze Nacht.

Unterdessen wurde auch meine Frau mißhandelt. Sie mußte die Arme heben und bekam Fausthiebe in die Seiten. Sie wurde dann in den Keller gesperrt, wo sie so lange geohrfeigt wurde, bis sie bewußtlos war. Zu mir waren die Partisanen mehrmals in der Nacht gekommen und hatten gesagt, meine Frau habe eben gestanden, wo die Waffen seien. Zu meiner Frau waren sie ebenfalls gekommen und hatten gesagt, daß ich ein Geständnis gemacht habe. Am nächsten Tag wurde ich nach Jägerndorf und dann von dort nach Witkowitz zum Arbeitseinsatz abtransportiert. Meine Frau war infolge der Mißhandlung am nächsten Tag so krank, daß sie nicht transportfähig war. Sie wurde deshalb erst am 1. 2. ins Lager geschickt.

Auch in Witkowitz wurden die Leute verprügelt und drangsaliert. Wenn ein Mann abgängig war, wurde die ganze Gruppe ohne Essen über Nacht in den Keller gesperrt, um am nächsten Tag ohne Essen wieder weiter zu arbeiten. Das ist mir selbst mehrmals passiert.



 

Asch


Bericht Nr. 111
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Mißhandlung zwecks Einschüchterung
Berichterin: Anna Koch Bericht vom 7. 6. 1946

Lage von AschAnfang Mai ging aus dem Aussiedlungslager Asch ein Transport nach Hessen. Ich befand mich, als der Transport der Ausgesiedelten das Lager verließ, mit mehreren Frauen - darunter eine anerkannte Antifaschistin - im Garten meine Schwägerin, der sich dem Lager gegenüber, vom Lager durch eine Straße getrennt, befand. Da erschienen im Garten ein Mann der SNB und ein Mann der NB und forderten uns auf, in die Wohnung zu gehen. Dort mußte sich jede Frau mit dem Gesicht zur Wand stellen. Die Antifaschistin wurde beauftragt, die anderen zu ohrfeigen. Da diese weinend diese Ohrfeigen nach der Meinung des NB- und SNB-Mannes nicht genug stark ausführte, bekam sie mit einem Stock einen Schlag über die Beine. Dann zeigte ihr der SNB-Mann vor, wie sie uns schlagen sollte. Ich bekam von ihm auf jede Wange zwei Schläge, ebenso die anderen. Dann mußte die Antifaschistin die Schläge wiederholen. Unter Gelächter zogen die beiden Tschechen ab.

Solche Vorfälle spielten sich in jenen Tagen mehrere ab, teilweise wurden die Leute blutig geschlagen. Ich kann diese Aussagen beeidigen.



 

Auherzen-Lihn


Bericht Nr. 112
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Mißhandlung von Deutschen im Mai 1945
Berichter: Anton Woeschka Bericht vom 3. 6. 1946

Lage von Auherzen und LihnAm 8. Mai v. J. wurde ich mit 24 anderen Angehörigen meines Dorfes Auherzen - darunter drei Frauen - verhaftet. Wir mußten uns neben dem Ortsteich in einer Reihe, Hände hoch, aufstellen und mußten dort so lange stehen, bis alle 25 Leute beisammen waren. Wenn einer die Arme vor Müdigkeit senkte, wurde er sofort mit Knüppeln auf den Kopf geschlagen. Das dauerte ungefähr 4 Stunden. Dann wurden wir auf ein Lastauto verladen. Während des Aufsteigens wurde jeder mit Stöcken geschlagen. Wir wurden so nach Lihn gebracht. Während der Fahrt wurden wir von einem Mann im Auto fürchterlich geschlagen, daß jeder am Kopf und im Gesicht blutete. Beim Aussteigen in Lihn wurden wir ebenfalls verprügelt, bis wir zum Bürgermeisterhof kamen. Im Bürgermeisterhof wurden wir so lange geprügelt, bis keiner mehr aufrecht stehen konnte. Dann wurden wir ausgeplündert. Wir mußten uns dazu alle vollständig entkleiden. Es wurden uns nicht nur sämtliche Uhren und Ringe, sondern auch die Kleider genommen. Dann wurden ehemalige russische Kriegsgefangene aufgefordert, uns zu schlagen, was diese auch taten. Hierauf wurden wir von den Tschechen neuerdings verprügelt. Unterdessen blutete jeder aus vielen Wunden. Dann wurde uns befohlen, einer den anderen mit einem starken Riemen zu schlagen. Hierauf wurde jeder mit einem Kübel kalten Wasser übergossen. Dann wurden wir in eine Kammer getrieben, wo wir eingesperrt wurden. Am nächsten Tag war ein Verhör. Ich wurde nach dem Verhör als unschuldig entlassen. Die tschechische Kommission bestand aus jungen Leuten von 18 bis 20 Jahren.

Ich kann diese Aussage beeiden. Die Aussage kann von Heckenthaler Josef, Lappat Josef, Peller Josef, Cibulka Wenzel, Holley Josef und Jaklin Josef bestätigt werden.



 

Auschine-Raudnai
(Kreis Aussig)


Bericht Nr. 113
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Beraubung einer Blinden
Berichterin: Marie Schlechte Bericht vom 6. 11. 1946

Lage von AuschineAm 11. 6. 1946 wurde ich mit meinem Mann in das Krankenhaus eingeliefert. Mein Mann litt seit 1938 an einer schweren Psychose und Arteriosklerose und versuchte an diesem Tage sich und mir das Leben zu nehmen. Vom Národní výbor von Auschine-Raudnai, Kr. Aussig, meiner Wohngemeinde, wurde mir wiederholt versichert, daß meine Wohnung versiegelt worden sei und mir bis zur Rückkehr aus dem Krankenhaus erhalten bleibe. Ende September erhielt ich vom Krankenhaus Urlaub, um mir aus meiner Wohnung für die bevorstehende Aussiedlung Kleider, Wäsche, Schuhe und Betten zu holen. Die Wohnung war von dem tschechischen Wohnungsreferenten Vyskocil besetzt. Ich durfte sie nicht mehr betreten und habe von meinen Sachen nur einen ganz geringen Teil nach seiner Auswahl bekommen. Z. B. schlechte fremde Wäsche, Leibwäsche habe ich überhaupt keine bekommen. Ich war deshalb darauf angewiesen, Bekannte zu bitten, mein Aussiedlungsgepäck zu ergänzen. Mein Ehering wurde mir unter der Begründung verweigert, daß ich als Deutsche kein Anrecht auf Gold habe. Als Blinde wurde ich nun mit dem Blindentransport ausgesiedelt. Mein Mann ist schon am 16. 6. 1946 in Aussig im Krankenhaus gestorben.



 

Barzdorf


Bericht Nr. 114
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Jugendliche in Kohlengruben
Berichter: Rudolf Koppe Bericht vom 9. 10. 1946

Lage von BarzdorfAm 18. 10. 1945 wurde ich mit 9 anderen Jugendlichen von Barzdorf durch die Gendarmerie zu einem 5wöchentlichen Arbeitseinsatz in einer Olmützer Zuckerfabrik verpflichtet. Am nächsten Tage wurde die Arbeitsverpflichtung in einen 3-monatigen Arbeitseinsatz in den Ostrauer Kohlengruben mit voller tschechischer Verpflegung und als freie Arbeiter abgeändert. In Wirklichkeit arbeiteten wir 11 Monate bei sehr schlechter Verpflegung, fast ohne Lohn und unter ständigem Terror und Mißhandlungen in der Grube. Die tägliche Arbeitszeit war 8 Stunden untertags und 4 Stunden obertags. Die Verpflegung bestand im ersten Monat nur aus leeren Wassersuppen, dann gab es täglich 30 g Fleisch und 400 g Brot. Wer sich zusätzlich Kartoffeln kochte, wurde bestraft. Bei der Ankunft in Ostrau wurde uns der gesamte Tascheninhalt abgenommen, den wir bei der Entlassung nicht zurückerhielten. Die Rückreise nach der Entlassung mußten wir aus eigener Tasche bezahlen. Die Behandlung war sehr schlecht. Wir wurden täglich im Lager und in der Grube beschimpft und geohrfeigt. Wir mußten auch außer der 12-stündigen Arbeitszeit noch für Tschechen außerhalb des Lagers arbeiten.



 

Bautsch
(Nordmähren)


Bericht Nr. 115
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Nach Entlassung aus Kriegsgefangenschaft durch Russen
Verschleppung in tschechiches Lager Gurein

Berichter: Erich Granzer Bericht vom 13. 9. 1946

Lage von BautschAm 26. Juni 1945 geriet ich in russische Kriegsgefangenschaft und kam nach Saratow. Am 1. Oktober 1945 wurde ich als Schwerkranker von den Russen entlassen und kam mit einem Transport von entlassenen Kriegsgefangenen (ca. 2.000 Mann) am 4. November 1945 nach Brünn. Von dem, was inzwischen in den deutschen Gebieten der Tschechoslowakei vorgefallen war, war uns nichts bekannt. In Brünn wurden wir in das Lager Gurein geschafft. Dort nahmen uns die Tschechen die Entlassungsscheine ab, mit dem Bemerken, daß wir am nächsten Tage tschechische Entlassungspapiere erhalten werden, wonach wir in unsere Heimat, die sich ebenfalls auf tschechischem Boden befindet, entlassen werden. Von einer Entlassung war jedoch nicht die Rede.

Sämtliche Schwerkranken wurden unterschiedslos zu schweren Arbeiten herangezogen. Die Behandlung war furchtbar. Wir waren in Baracken zusammengepfercht, Mann an Mann, mußten auf dem nackten Erdboden schlafen, bekamen keine Decken und litten entsetzlich unter der Kälte. Heizmaterial gab es nicht. Essen: Einmal täglich Suppe mit 200 g Brot, zweimal täglich schwarzen Kaffee. Von den Schwerkranken starben an Kälte, Entbehrungen, Mißhandlungen und körperlicher Schwäche, hervorgerufen durch Unterernährung, täglich 12 bis 16 Mann. Diese mußten wir nackt ausziehen und wurden dieselben in ein Massengrab geworfen. Furchtbare Prügel gab es bei jeder Gelegenheit. In der Baracke 15x6 m waren wir 300 Mann. Als im Winter in einer Nacht vor unerträglicher Kälte 6 Mann ihre Schuhe nicht auszogen und bei der Nachtkontrolle erwischt wurden, mußten sämtliche Kriegsgefangenen aus der Baracke barfuß im Schnee exerzieren, die vorgenannten 6 Mann mußten auf Sessel knieen und wurden auf die bloßen Fußsohlen mit Ruten blutig geprügelt.

Nach einem Monat kam ich in ein Gefangenenlager bei Brünn, wo es etwas besser war. Geprügelt wurden wir jedoch auch dort. Da ich mit meiner Gesundheit vollständig fertig war, wurde ich im Januar 1946 in die Seifenfabrik Krassel kommandiert, wo ich mich bei etwas leichterer Arbeit erholte. Dort blieb ich interniert bis Juli 1946. Als ich durch Zufall in Erfahrung brachte, daß meine Familie nach Hessen ausgewiesen wurde, benützte ich eine günstige Gelegenheit, entfloh, und es gelang mir zu Fuß über die österreichische Grenze zu entkommen. In der Umgebung von Brünn sind große Lager, in welchen sich noch immer Tausende von deutschen Zivilpersonen, Frauen und Kinder und auch Kriegsgefangene befinden. Diese Menschen werden zu den schwersten und unsaubersten Arbeiten herangezogen. Durch die furchtbare Behandlung und die schlechte Ernährung ist die Sterblichkeit sehr groß. Die Leute bis zum Skelett abgemagert sterben in Massen, werden dann nackt ausgezogen und mit Leiterwagen und Handkarren hinausgeschafft und außerhalb der Friedhöfe in den Feldern oder in der Nähe des Waldes in Massengräbern verscharrt. Bei den Tschechen hört man ständig nur eine Parole: "Alle Deutschen müssen krepieren." Und sie tun alles, um dies wahr zu machen.

Ich bin jederzeit bereit, meine Angaben eidlich zu bekräftigen.


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Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen
Überlebende kommen zu Wort